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dass sie durch das Individuum handhabbar werden. Der Widerstand dagegen verteidigt die Neurose, das Alte, das Infantile, das Vertraute gegen Aufdeckung und Veränderung«. Entsprechend werden beispielsweise im Lehrbuch von Zepf (2006b) die Abwehrprozesse in einem gesonderten Kapitel (als theoretische Konzepte) behandelt und der Widerstand als Teil der »Grundbegriffe der analytischen Therapie«. Sandler, Dare und Holder (1973, S. 66) meinen, Widerstand sei »mehr ein technischer als ein psychologischer Begriff«.

      In diesem Sinn ergeben sich behandlungstechnische Definitionen, so bei Zepf (2006b, S. 368): »Als Widerstand wird all das bezeichnet, was sich im Patienten den Beeinflussungsversuchen des Arztes, die auf das Erinnern zielen, widersetzt.«, oder bei Laplanche und Pontalis (1967, S. 622): »Im Verlaufe der psychoanalytischen Behandlung nennt man all jenes ›Widerstand‹, was in den Handlungen und Worten des Analysierten sich dem Zugang zu seinem Unbewußten entgegenstellt.« Ermann (2014, S. 1079) meint, Psychoanalyse als ein »Eingriff in die seelische Homöostase« gefährde »die bisherige Anpassung an die Aufgaben der Lebensbewältigung« bzw. die »durch die Neurose erreichte relative Stabilität und Sicherheit«, so dass verständlich wird, dass es immer auch Motive gibt, die sich der Veränderung als ein Widerstand entgegenstellen. Betrachtet man Symptome wie vorgeschlagen dahingehend als kleineres Übel, dass sie ein instabiles oder dysfunktionales, aber eben doch ein Gleichgewicht herstellen, dann bedroht der analytische Prozess dieses Gleichgewicht. Warum auch sollte jemand auf sein Symptom verzichten, wenn es eine wichtige Funktion erfüllt? Es ist also nicht verwunderlich, wenn etwas an der therapeutischen Arbeit auch zurückgewiesen werden muss bzw. sich zumindest ambivalente Gefühle gegenüber der Veränderung einstellen.

      Widerstand, so daher auch Greenson (1967, S. 49), »nennen wir all jene Kräfte im Patienten, die sich den Verfahren und Prozessen der psychoanalytischen Arbeit entgegenstellen. […] Der Widerstand verteidigt den Status quo der Neurose.« Er ist »seinem Wesen nach eine Gegenkraft im Patienten, die gegen den Fortschritt der Analyse […] wirkt« (a. a. O., S. 71) und die jeweiligen Widerstände sind »Wiederholungen aller Abwehrmaßnahmen, die der Patient bisher in seinem Leben benützt hat.« (a. a. O., S. 49), womit ein wichtiger indirekter Hinweis auf den möglichen Erkenntniswert des Widerstands gegeben ist: Er zeigt, wodurch die Abwehrorganisation bedroht ist und wie sie strukturiert ist. Er ist potenzielle Erkenntnisquelle, eine Art Abwehrdiagnostik. Dabei gibt es ferner »keine Aktivität, die sich nicht zum Zweck des Widerstands mißbrauchen ließe.« (a. a. O., S. 72) Weiter unten wird sich zeigen, dass der einzelnen Verhaltensweise, Äußerung oder Haltung nicht angesehen werden kann, dass es sich dabei um einen Widerstand handelt, dieser ist eher bestimmt über die Funktion oder den Kontext und erst dann lässt sich entscheiden, ob Schweigen oder übermäßiges, ausschweifendes Reden Widerstandscharakter hat, das Verspäten zu einer Behandlungsstunde oder die übergenaue Pünktlichkeit. Jedenfalls ist die »unmittelbare Ursache eines Widerstands […] immer die Vermeidung eines schmerzlichen Affekts, von Angst, Schuldgefühl oder Scham.« (a. a. O., S. 49)

      2.3.2 Widerstand gegen die Gefahr der Veränderung

      Die Funktion von Widerstandsphänomenen wird also auch deutlich, wenn man in Betracht zieht, dass die Veränderung einmal gefundene, wenn auch dysfunktionale »Lösungsversuche« infrage stellt: Es drohen dann diejenigen Vorstellungen und Affekte bewusst zu werden, die unlustvolle Gefühle mobilisieren würden und deshalb vom bewussten Erleben ferngehalten werden sollten, und es droht auch die erforderliche Aufgabe von Ersatzbildungen mit der kompromisshaften Wunscherfüllung darin.

      Für Freud (1900a, S. 521) ist, »[w]as immer die Fortsetzung der Arbeit stört«, ein Widerstand, der Widerstand richtet sich »gegen die Analyse überhaupt und somit gegen die Heilung« (Freud, 1937c, S. 85), er wird verstanden als eine »Kraft, welche den krankhaften Zustand aufrecht erhielt« (Freud, 1910a, S. 20). Dabei handelt es sich um ein regelhaftes Phänomen in Behandlungen, insofern diese sich mit dem Unbewussten beschäftigen: »Die Aufdeckung und Übersetzung des Unbewußten geht unter beständigem Widerstand von seiten des Kranken vor sich. Das Auftauchen dieses Unbewußten ist mit Unlust verbunden, und wegen dieser Unlust wird es von ihm immer wieder zurückgewiesen. In diesen Konflikt im Seelenleben des Kranken greifen Sie nun ein« (Freud, 1905a, S. 24). Je stärker dabei der Widerstand sei, umso größer sei die Entstellung des Unbewussten (Freud, 1916/17, S. 115). Der Widerstand ist ein »Widerstand gegen das Bewusstwerden« (Freud, 1940a, S. 82) und er »kann nur eine Äußerung des Ichs sein, das seinerzeit die Verdrängung durchgeführt hat und sie jetzt aufrecht halten will.« (Freud, 1930a, S. 75)

      Die Schwierigkeiten, ein einmal »gefundenes« Symptom aufzugeben, haben nun nicht nur damit zu tun, dass dann Unlust mobilisiert würde, sondern auch aufgrund von etwas, das Freud (1916/17, S. 360) als eine »Zähigkeit, mit welcher die Libido an bestimmten Richtungen und Objekten haftet, sozusagen die Klebrigkeit der Libido«, bezeichnet, eine »Zähigkeit oder Klebrigkeit der Libido, die einmal von ihr besetzte Objekte nicht gerne verläßt« (a. a. O., S. 473) oder »eine Schwerbeweglichkeit der Libido, die ihre Fixierungen nicht verlassen will« (Freud, 1940a, S. 108).

      Widerstand regt sich also, »[w]enn wir es unternehmen, einen Kranken herzustellen, von seinen Leidenssymptomen zu befreien« (Freud, 1916/17, S. 296), und setze sich über die Dauer der Behandlung fort. Er sei »sehr mannigfaltig, höchst raffiniert, oft schwer zu erkennen, wechselt proteusartig die Form seiner Erscheinung« (a. a. O., S. 297) und richte sich besonders gegen die »technische[.] Grundregel« der freien Assoziation, diese werde »zum Angriffspunkt des Widerstandes«, insofern sie ja gerade auf die Spur unbewusster Verbindungen führen soll: »Bald behauptet er, es fiele ihm nichts ein, bald, es dränge sich ihm so vieles auf, daß er nichts zu erfassen vermöge« (a. a. O.). Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Widerstand gegen die Übertragung, aber auch der Übertragung als Widerstand zu (s. Kap. 4.4.1).

      Das Auftreten von Widerständen ist keine »unvorhergesehene Gefährdung der analytischen Beeinflussung«, sondern sie müssen zum Vorschein kommen, denn die »Überwindung der Widerstände [ist] die wesentliche Leistung der Analyse« (Freud, 1916/17, S. 301). Dabei wechselt der Widerstand »im Laufe einer Behandlung beständig seine Intensität; er steigt immer an, wenn man sich einem neuen Thema nähert, ist am stärksten auf der Höhe der Bearbeitung desselben und sinkt mit der Erledigung des Themas wieder zusammen.« (a. a. O., S. 302) Freud meint, die Kritik des Kranken bzw. dessen Äußerungen über den fraglichen Wert der Arbeit, insbesondere »kritische Einwendungen« gegen die Grundregel (Freud, 1926d, S. 66), sei »keine selbständige, als solche zu respektierende Funktion, sie ist der Handlanger seiner affektiven Einstellungen und wird von seinem Widerstand dirigiert« (Freud 1916/17, S. 303).

      2.3.3 Widerstandsphänomene

      Greenson (1967, S. 72 ff.) listet einige typische Manifestationen des Widerstands auf, wobei erneut deutlich wird, dass es eine Frage von Kontext und Funktion ist, ob ein bestimmtes Verhalten als Widerstandsphänomen aufgefasst werden kann:

      • Der Patient schweigt

      – Patient ist »bewußt oder unbewußt abgeneigt […], dem Analytiker seine Gedanken oder Gefühle mitzuteilen«

      – könne auch »Wiederholung eines früheren Ereignisses sein, bei dem Schweigen eine Rolle gespielt hat« (a. a. O., S. 73)

      • Der Patient »ist nicht zum Reden aufgelegt«

      • Der Patient meint, er habe nichts zu sagen

      • Der Patient zeigt keine oder unangemessene Affekte

      • Die Körperhaltung des Patienten

      – starr, zusammengerollt, sich windend, über die Stunde lang unverändert

      • Eine Fixierung in der Zeit

      – Patient spricht nur über Vergangenheit oder nur über Gegenwart und beides dient jeweils der Vermeidung des anderen

      – Einerseits eine Art von ›Flucht ins Biografische‹ und andererseits ein Beharren auf der Ungeschichtlichkeit aktuellen Erlebens

      • Berichte über triviale oder äußere Ereignisse

      – »Wenn das Gerede

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