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er von vorne beginnen. Er verliert sich über Stunden in Gedanken zu Plänen für die Arbeit und beschreibt das Gefühl von Leere, das ihn überwältigt (Cripwell, 2011, S. 123).

      Über seine Biografie berichtet Herr A. eher nichtssagend. Seine Mutter habe hart gearbeitet und an einer Depression gelitten, sie sei auch medikamentös behandelt worden, als er drei Jahre alt gewesen sei. Als die Analytikerin anmerkt, dass ihn das beeinflusst haben könnte, wird das seinerseits abgetan: Es sei ja nur kurz gewesen und nicht bedeutsam. Der Vater sei sportlich, anders als er selbst, es gebe zwischen ihnen wenig Gemeinsamkeiten. Er habe sehr gute schulische Leistungen erbracht und ihn hätten immer Ordnungsrituale beschäftigt. Im Alter von elf Jahren habe er erstmals Zwangsgedanken bezüglich des Tods der Eltern sowie Suizidgedanken gehabt. Er habe das Gefühl, das seien keine Gedanken über ihn gewesen (a. a. O., S. 124).

      Die analytische Behandlung beginnt (mit fünf Wochenstunden) und Herrn A. beschäftigt die Frage, ob er eine Analyse überhaupt brauche. Vielleicht sei es ein Fehler. Die Analytikerin fasst das so auf, dass er »sich selbst und mich in einem begrenzten psychischen Raum belassen« müsse (a. a. O., S. 124; Übers TS., auch im Weiteren). Herr A. kommt oft zu den Stunden nach dem Wochenende und berichtet von nichts, das er erlebt habe. Es sei nicht viel passiert, das von Relevanz für die Analyse sei. Wenn die Analytikerin das zu vertiefen versucht (etwa durch die Thematisierung, dass vielleicht ja noch nicht ganz klar sei, was von Relevanz sein könnte), erlebt Herr A. sie als intrusiv und verweigert sich umso mehr dem Erzählen. Cripwell beschreibt, dass er keine Neugier auf ihre Person zeige und erlebt, wie er »darum ringt, seine Gedanken irgendwie zu ordnen« (a. a. O., S. 124).

      Seine Arbeit ist für Herrn A. eine konstante Quelle von Angst, oft fällt es ihm schwer, dort rechtzeitig zu gehen, um pünktlich zur Analysestunde zu kommen. Auch wenn er genügend Zeit hat, beginnt er kurz vor dem Ende mit Aufgaben, die noch ganz dringend und unverzüglich erledigt werden müssen: »Nach einer anfänglichen Zeit von Pünktlichkeit, begann er, sich regelmäßig zu verspäten« (a. a. O., S. 124 f.). In seinem Erleben liegen solche Situationen außerhalb seiner Kontrolle. Herr A. ist fasziniert davon, wenn er in aufeinander folgenden Stunden genau dieselbe Zahl von Minuten zu spät ist. Deutungen dazu, die (Nähe zur) Analytikerin auf diese Weise zu kontrollieren, empfindet er als bedeutungslos. Er könne verstehen, dass es feindselig wirken könnte, fühle sich aber nicht so. Anhand dessen lässt sich u. a. gut diskutieren, zu welchem Zeitpunkt eine Deutung gegeben werden sollte und wann sie Widerstand mobilisiert. Hier weist der Analysand zurück, dass es in seinem Zuspätkommen um eine Kontrolle oder gar eine Feindseligkeit gehen könnte. Zunächst einmal ist zu sagen, dass die Deutung ja auch schlicht falsch liegen könnte, noch wichtiger ist aber, dass sie möglicherweise zum falschen, einem zu frühen Zeitpunkt gegeben wird, zu dem also Herr A. den Aspekt der Kontrolle von Nähe in Szene setzen, aber nicht empfinden oder gar verbalisieren kann.

      Die Analytikerin fühlt sich provoziert und frustriert, der Patient hingegen fühlt sich unverstanden, kritisiert und nicht fähig zur Analyse. Cripwells Annahme ist, dass es sich dabei um die Inszenierung eines »aggressiven und vorwurfsvollen Über-Ich als einer konstanten Quelle innerer Qual für den Patienten« handele, »das nun in mir deponiert war und ich so kritisch wurde« (a. a. O., S. 125). Damit ist gemeint, dass die Analytikerin, motiviert durch die Übertragung des Analysanden und komplementär identifiziert in der Gegenübertragung, Teil der Inszenierung einer strengen Gegenübers gegenüber einem unfähigen Selbst wird. Das ist die angenommene Rolle bzw. die Szene, die sich herstellt und verstanden werden kann.

      Herr A. scheint die Analytikerin auch vor seinen Zweifeln daran zu schützen, ob sie seine aggressiven Gefühle und seine Hilflosigkeit »containen« könnte (also, ob sie die schwierigen Gefühle aufnehmen, aushalten und »vorverdauen« kann). Die Analytikerin erlebt in der Gegenübertragung ein Versagensgefühl, allerdings eröffnet dies einen Raum für das weitere Arbeiten, denn so ist sie stärker im Kontakt zu ihm als zuvor. Er kann daraufhin thematisieren, wie er mit niemandem über seine Versagensängste spreche. Die Analytikerin bekommt also recht unmittelbar etwas davon zu spüren (Gefühle von Versagen oder Unzulänglichkeit), was den Analysanden beschäftigt. Statt sich insgesamt mehr anzustrengen, um besser zu sein, erkennt und toleriert sie diese Gefühle, so dass dies sukzessive auch Herrn A. zunächst zugänglich und dann für ihn verarbeitbar wird.

      Vor Ferienunterbrechungen beschäftigen Herrn A. oft Sorgen um seine (physische) Gesundheit, Krankheitsängste: »[B]ewusst machten ihm die Ferien nichts aus und er begrüßte sie sogar, aber er übermittelte auch seine primitiven Ängste, ob er überleben würde« (a. a. O., S. 125). Wenn kurzfristig Stunden verschoben werden müssen, fällt es ihm schwer, die Zeiten zu erinnern, und er beschreibt, er fühle sich im Chaos, auch weil er die Fantasie hat, es stimme etwas mit seiner Analytikerin nicht.

      Betrachtet man das bisher geschilderte Material unter dem allgemeinen Aspekt der Abwehr, dann zeigen sich die Zwangsgedanken und Zwangshandlungen als Kompromissbildungen zwischen Wunsch (soweit noch einigermaßen unklar; vorstellbar ist, dass es um aggressive Strebungen geht, aber auch global um Nähewünsche) und Abwehr (also Vermeidung der unlustvollen Folgen, hier am ehesten Strafängste und Schuldgefühle oder Näheängste). Die Zwangssymptome könnten dann ein verkleideter Ausdruck der aggressiven Impulse (Todes- und Suizidfantasien) sein oder auch eines Ringens um Selbstkohärenz (Ordnung, Abgrenzung, Vollkommenheit) oder auch schließlich Ausdruck der Kontrolle von Beziehungen (das Objekt soll nicht verloren gehen).

      Hinsichtlich des Widerstandskonzepts zeigt sich im Fallbeispiel ein Hindernis gegenüber dem analytischen Arbeiten (Bedeutung, freies Erzählen), der Veränderung und der Übertragungsbeziehung (kein Interesse, keine Bedeutung der Analytikerin – und zugleich die Inszenierung von Beziehungsmustern in Übertragung und Gegenübertragung). Motiviert wird der Widerstand hier durch verschiedene Arten von Ängsten (bzw. drohender Unlust), z. B. angesichts der beschriebenen aggressiven Impulse, Versagensängste, Verlust- oder Abhängigkeitsängste oder der Ängste vor Verlust der Selbstkohärenz. Phänomenal äußert sich der Widerstand z. B. im Zuspätkommen.

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