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erwiderte Käthe ernst. »Aber davon wollte er nichts wissen. Er wolle seine Schätze um sich haben und jederzeit ansehen können, hat er gesagt. Er wolle die Uhr schlagen hören und den Teppich unter seinen Füßen spüren, das waren seine Worte. Das war ein wenig exzentrisch, zugegeben, aber tatsächlich fand ich das sehr sympathisch. Er besaß diese Dinge, weil er sie wirklich liebte. Und nicht etwa als Geldanlage, die in irgendeinem Tresor vor sich hin schimmelt. Sein Plan war, das alles am Ende seines Lebens in einem Auktionshaus versteigern zu lassen und den Erlös so zu verteilen, wie er es in seinem Testament festgelegt hatte. Oder festlegen wollte.«

      Die Schwestern sahen mich gespannt hat, und ich sagte: »Aber dazu ist es nicht mehr gekommen. Hat er erwähnt, wann er die Dinge verkaufen wollte?«

      Synchron wurden zwei silberlockige Köpfe geschüttelt, dann holte Cäcilie tief Luft. »Für ihn gab es keinen Grund zur Eile. Er war ja gesund und fit. Tägliches Powerwalking durch den Park, und zwar bei jedem Wetter. Gymnastik und Training in unserem Fitnessraum, gesunde Ernährung … Sein Arzt hatte ihm gerade erst die Konstitution eines Mannes von höchstens Ende sechzig attestiert – und Heribert war Mitte achtzig. Verstehst du jetzt, warum wir misstrauisch sind?«

      »Lasst mich einen Moment nachdenken.« Ich stand auf und ging ein paar Schritte, um das Gehörte zu sortieren.

      Tatsächlich war nicht zu leugnen, dass Heriberts Besitz für Diebe durchaus reizvoll gewesen wäre. Ebenso wenig war zu leugnen, dass der wirkliche Wert der Sachen vermutlich nur einem Kunstexperten klar gewesen sein dürfte.

      Oder hatte besagter Heribert nicht nur die Schwestern eingeweiht, sondern überall mit seinen Kostbarkeiten geprahlt? Eventuell aber hatte irgendjemand – Personal, Besucher, was weiß ich – Fotos von der Uhr und dem Teppich gemacht und diese dann einem Experten vorgelegt. Aber war es möglich, aufgrund von Fotos wirklich verbindliche Aussagen zu machen?

      Ich setzte mich wieder und fragte: »Seid ihr wirklich sicher, dass Heribert mit dem Wert der Sachen diskret umgegangen ist?«

      Beide nickten, dann erwiderte Käthe: »Er war kein geschwätziger Mensch, das mal vorweg. Außerdem: Wenn er es herumerzählt hätte, wäre es mit Sicherheit in der Residenz ein beliebtes Tratschthema gewesen – die Klatschtanten hier stürzen sich auf alles, was nur halbwegs interessant ist. Dazu kommt: Bei unserem Gespräch bat er uns dringend um Stillschweigen, da niemand davon wisse. Das sicherten wir ihm natürlich zu.«

      »Und woher wisst ihr so genau, dass die besagten Dinge ausgetauscht wurden? Nach seinem Tod durfte doch bestimmt niemand in seine Suite, oder?«

      Käthe kicherte. »Man kann durchs Fenster nicht nur raus-, sondern auch reingucken. Wir zwei waren neugierig, das gebe ich gerne zu. Eigentlich gab es nicht einmal einen besonderen Grund, denn wir haben ja erst dann entdeckt, dass dort eine andere Uhr stand. Cäcilie fiel dann auf, dass auch der Teppich anders aussah. Und was bedeutet das wohl, liebe Loretta? Welches eindeutige Signal sendet dein kriminalistischer Instinkt?«

      Ich wusste genau, worauf sie hinauswollten. »Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre, hätte es keine Notwendigkeit gegeben, die Gegenstände auszutauschen, dann wären sie einfach weg gewesen. So wurde zumindest auf einen flüchtigen Blick der Eindruck erweckt, dass sich nichts verändert hat. Und deshalb denkt ihr auch, dass …«

      »Dat jemand unser Gespräch mit ihm belauscht haben muss«, raunte Cäcilie. »Wir waren in seiner Suite, alle Fenster und Türen waren geschlossen, auch die Wohnzimmertür. Und wir haben natürlich nicht herumgekreischt wie hyperaktive Kindergartenkinder. Selbst wenn jemand an der Wohnungstür gelauscht haben sollte, konnte man uns nicht verstehen, da bin ich sicher.«

      »Haben alle Suiten denselben Grundriss?«, fragte ich.

      Die Schwestern nickten.

      Das bedeutete: Wie hier gelangte man vom Wohnzimmer in einen Flur, von dem zwei Schlafzimmer und das Bad abgingen. Es war schlicht unmöglich, von der Wohnungstür aus durch die geschlossene Wohnzimmertür ein Gespräch zu belauschen, das war Fakt.

      »Deshalb denkt ihr also, dass die Wohnungen dieser Residenz verwanzt sind. Vielleicht hätten wir uns dann besser woanders treffen sollen, meint ihr nicht auch?«

      Käthe beugte sich nah zu mir und flüsterte in mein Ohr: »Wir haben bei uns schon alles abgesucht und nichts gefunden. Aber man weiß ja nie, deshalb unterhalten wir uns hier und nicht in der Suite. Reine Vorsichtsmaßnahme. Außerdem denken wir, dass vielleicht nur die Wohnungen verwanzt sind, in denen was zu holen sein könnte, und wir haben nicht gerade haufenweise Juwelen rumliegen. Da gibt es ganz andere Kaliber in dieser Residenz. Allerdings auch Bewohner, deren Kinder das Apartment bezahlen.«

      Dass sie nichts gefunden hatten, musste nichts bedeuten – es gab sicherlich winzige Abhörgeräte, die nur mit speziellen Geräten aufzuspüren waren.

      Und hier draußen? Hatte man uns heimlich verfolgt? Tatsächlich hoffte ich spontan, dass niemand im Gebüsch hockte und wir leise genug geredet hatten.

      Huch? Hieß das etwa, dass ich den Schwestern glaubte? Dass es hier tatsächlich einen Fall zu lösen gab?

      »Was genau wollt ihr denn jetzt von mir?«, fragte ich die Schwestern.

      »Du musst rausfinden, wat mit Heriberts Sachen passiert ist«, erwiderte Cäcilie ernst. »Und ob Heribert wirklich einfach nur gestorben ist oder ob jemand nachgeholfen hat.«

      Natürlich hatte ich bereits geahnt, dass es genau darauf hinauslaufen würde. Aber wie stellten sie sich das vor?

      Du musst rausfinden … Leichter gesagt als getan.

      Am liebsten hätte ich ihnen gesagt, dass ich keine Möglichkeit sah, Heriberts Tod aufzuklären. Wenn es dabei überhaupt etwas aufzuklären gab.

      Zudem hatte ich nicht den Hauch einer Idee, wie ich hier in der Residenz irgendetwas herausfinden sollte; schließlich konnte ich nicht einfach von Tür zu Tür gehen und die Bewohner ausquetschen. Oder überall herumschnüffeln. Mit welcher Berechtigung auch?

      Beim Personal konnte ich erst recht nichts ausrichten. Was besonders dumm war, denn wo würde ich einen eventuellen Dieb zuerst vermuten? Innerhalb des Personals. Vielleicht nicht fair, aber durchaus naheliegend, wenn ich mich an die Szene vorhin im Speisesaal erinnerte. Vielleicht sollte der Schlagerfuzzi mal nachsehen, ob seine Rüschenhemden noch vollzählig waren.

      »Du glaubst uns nicht«, sagte Käthe. »Du denkst, wir haben zu viel Fantasie. Das sehe ich deinem Gesicht an, Loretta.«

      »Nein, das ist es nicht«, erwiderte ich. »Ich zermartere mir den Kopf, wie ich unauffällig etwas herausfinden soll. Denn nichts, was ich tun könnte, wäre unauffällig – weder wohne ich, noch arbeite ich hier. Außer zu Besuchen bei euch kann ich mich hier nicht aufhalten, ohne dass Fragen aufkämen.«

      »Also kannst du nichts tun?« Cäcilie klang enttäuscht.

      »Ich denke darüber nach, einverstanden? Und ihr schickt mir die Informationen und Fotos. Wer weiß – vielleicht habe ich ja einen überraschenden Geistesblitz.«

      »Wer, wenn nicht du?«, sagte Cäcilie, die jetzt wieder lächelte.

      Tja, wer?

       Kapitel 4

       Perlen subtilen Humors und Spaghetti mit Tomatensauce – es kann viele Gründe dafür geben, mit jemandem zusammen zu sein

      Als ich bei Dennis eintraf, hatte er schon einiges im Garten geschafft. Ich hatte wenig bis gar keine Lust, mich körperlich zu betätigen, aber er forderte mich auch nicht dazu auf.

      Mit baumelnden Beinen saß ich auf dem Gartentisch, mampfte einen Apfel und berichtete ihm, was die Schwestern mir erzählt hatten, während er mit einem Rechen Blätter und abgeknipste Blüten zu mehreren Haufen zusammenharkte.

      Als ich geendet hatte, lehnte Dennis den Rechen an einen Baum und kam zu mir herüber. »Klingt ja abenteuerlich. Glaubst du ihnen?«

      Ich

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