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Fennich mehr für deine juten Ideen? Neese!«

      »Aber es wäre doch wirklich besser, wenn …«

      »Wenn det Wörtchen wenn nich wäre! Wat jeht det dich an, Kumpel? Tu, wat se dich sagen, und halt die Klappe. Für mehr wirste nich bezahlt.«

      Arnold sah ein, daß der Alte recht hatte, und doch war dies eine Einstellung, die seinem Charakter und seinem bisherigen Leben völlig widersprach. Er wünschte, er könnte sich dazu überwinden.

      Später füllte er zusammen mit Knollmann Zucker, Mehl und Butter in den Regalen der Lebensmittelabteilung nach. Diese Nahrungsmittel wurden ganz unten aufgestellt, denn da die Hausfraufen sie brauchten, konnte man ihnen auch zumuten, sich danach zu bücken.

      Sie wollten den großen leeren Wagen gerade zum Warenlager zurückschieben, als Arnold eine Nachbarin aus der Schleiermacherstraße entdeckte, Frau Zibalsky, die dabei war, ihre Einkäufe zu erledigen. Es war ihm immer noch unangenehm, bei seiner untergeordneten Tätigkeit und im blauen Kittel überrascht zu werden, und Frau Zibalsky gegenüber, deren Verhältnis zu den Millers seit langer Zeit gespannt war, empfand er es als doppelt peinlich.

      »Moment!« sagte er und hielt den Wagen zurück. Seinem Kollegen, der gerne eine Pause einlegte, war das nur recht.

      Sie standen verborgen hinter dem hoch gefüllten Regal, bis Arnold zwischen zwei Kartons mit backfertigem Marmorkuchen einen Blick riskierte, um festzustellen, ob Frau Zibalsky sich inzwischen entfernt hatte. Aber sie war noch da, sah die Verkaufsgasse hinauf und hinunter, glaubte offensichtlich, allein zu sein, griff blitzschnell nach einem Päckchen Bohnenkaffee und ließ es in ihrer Handtasche verschwinden.

      Impulsiv, ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen, rannte Arnold um die Ecke und vertrat Frau Zibalsky den Weg.

      Die Frau wich einen erschrockenen Schritt zurück. »Sie?«

      Arnold holte tief Atem und zwang sich zu einem höflichen Lächeln. »Entschuldigen Sie, bitte, Frau Zibalsky, aber Sie haben da gerade eben aus Versehen ein Päckchen Kaffee eingesteckt!«

      Eine ungesunde Röte schoß in das spitze, zerknitterte Gesicht.

      »Sie! Ausgerechnet! Wie können Sie wagen … wie können Sie behaupten …«

      »Ich habe es gesehen!«

      »Sie lügen!«

      »Knollmann!« rief Arnold, ohne Frau Zibalsky aus den Augen zu lassen. »Haben Sie nicht auch beobachtet …«

      »Ick weeß von nischt«, behauptete der Alte.

      Arnold begriff, daß er log, um nicht in die Sache hineingezogen zu werden. »Nun seien Sie doch vernünftig, Frau Zibalsky«, mahnte er leise, »stellen Sie den Kaffee einfach zurück, und die Sache ist erledigt. Ein Irrtum von Ihnen. So was kann doch mal vorkommen.«

      »Bei Ihnen vielleicht! Sie … Sie Verbrecher, Sie! Jeder weiß ja, was Sie für einer sind! Sie haben es gerade nötig!« Frau Zibalsky schrie es laut heraus.

      Arnold begriff, daß sie ihn unsicher machen wollte, und er zwang sich zur Ruhe. »Wenn Sie den Kaffee nicht freiwillig rausgeben wollen, dann müssen Sie mich leider ins Büro begleiten!«

      »Ich denke ja gar nicht daran! Was fällt Ihnen ein?! Eine Unverschämtheit! Da.. behalten Sie Ihren Krempel! Sie werden mich hier nie wiedersehen!« Sie begann, die Sachen aus ihrem Wägelchen blindlings in die Gegend zu werfen.

      Knollmann bückte sich hastig und sammelte alles auf.

      Kunden und Angestellte waren herbeigeströmt und bildeten einen Kreis um die tobende Frau.

      Arnold war erleichtert, als Egon erschien und sich einen Weg durch die gaffende Menge bahnte.

      »Die Frau hat ein Päckchen Bohnenkaffee in ihre Handtasche gesteckt«, berichtete er rasch, »und jetzt spielt sie verrückt!«

      »Ich bin eine anständige Frau!« kreischte die Zibalsky. »Und ich lasse mich von einem hergelaufenen Lumpen nicht verdächtigen …« Dabei ließ sie ihren Blick im Kreis huschen, wie eine gefangene Maus, die nach einem Loch Ausschau hält, durch das sie entwischen kann.

      Egon packte sie beim Oberarm. »Jetzt werden wir beide uns mal in aller Ruhe …«

      »Lassen Sie mich los!« Frau Zibalsky versuchte sich aus seinem Griff zu befreien.

      »Soll ich die Polizei holen?« drohte Egon.

      Frau Zibalskys Empörung sank in sich zusammen wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht. Sie protestierte zwar noch: »Ich werde mich beschweren!« – Doch es klang schwächlich.

      Die Zuschauer bildeten eine Gasse, um Egon und Frau Zibalsky durchzulassen, und verteilten sich dann wieder im Raum.

      Arnold sah den beiden nach.

      »Det hättste nich machen solln, Kumpel!« sagte Knollmann.

      Arnold fuhr herum. »Und warum nicht?« – er war darauf gefaßt, daß der Alte die Frau verteidigen würde.

      Aber der sagte nur: »Det bringt nichts ein, weeste!«

      Arnold hatte keine Lust, über den Fall zu diskutieren, und verbiß sich eine Antwort.

      Eine Stunde später wurde die Musik, die aus zahlreichen Lautsprechern in jeden Winkel der riesigen Verkaufshalle und der Lagerräume drang, unterbrochen.

      »Herr Miller … ins Büro, bitte!« verkündete die Stimme des jungen Mannes an der Plattentheke, dessen Hauptaufgabe darin bestand, für die richtige Musikberieselung zu sorgen und das Publikum zwischendurch auf Sonderangebote und Ladenhüter aufmerksam zu machen.

      Die Aufforderung erfolgte ganz kurz und ohne Wiederholung, so daß die Kunden gar nicht aufmerksam wurden. Aber Arnold, an den sie gerichtet war, nahm sie sofort auf.

      Knollmann hätte gar nicht zu mahnen brauchen: »Det jeht dir an, Kumpel!«

      »Bin gleich wieder da!« sagte er, eilte in Richtung des Büros davon und ärgerte sich gleichzeitig über seine Diensteifrigkeit; aber er wußte aus Erfahrung, daß er seine Situation nicht verbesserte, indem er Egon warten ließ.

      Nach kurzem Anklopfen betrat er das Chefzimmer, das wie ein gläserner Käfig über der Verkaufshalle hing. »Du willst mich sprechen?« fragte er überflüssigerweise.

      »Ja. Bitte, setz dich.« Egon ordnete nervös einen Stapel von Geschäftspapieren auf seinem Schreibtisch und erweckte den Eindruck, als fände er nicht gleich die richtigen Worte, um das Gespräch zu beginnen.

      »Falls du mir Vorwürfe wegen der Zibalsky machen willst.. sagte Arnold herausfordernd.

      »Aber nein, wieso denn?«

      Arnold ließ sich nicht stoppen. »Ich habe gesehen, wie sie den Kaffee geklaut hat, und ich konnte wirklich nicht dafür, daß sie sofort hysterisch wurde.«

      »Du hast dich völlig korrekt verhalten.« Egon sah seinen Schwager nicht an. »Die Frau hatte den Kaffee, und nachdem ich ihr beweisen konnte, daß er aus meinem Geschäft stammt, hat sie sich sogar herabgelassen, alles zuzugeben.«

      »Gott sei Dank! Und ich dachte schon …«

      Jetzt hob Egon den Blick. »Du denkst zuviel, Arnold!«

      »Soll das ein Fehler sein?!«

      »Dein Fehler, Arnold.«

      Arnold begriff. »Bist du mir etwa böse, weil ich dich vorhin darauf aufmerksam gemacht habe, daß …«

      »In Gegenwart Knollmanns. Reichlich taktlos von dir.«

      »Entschuldige«, bat Arnold mit Überwindung, »ich werde dir in Zukunft Ratschläge nur noch dann geben, wenn wir allein sind. Das verspreche ich dir.«

      »Besser würde es sein«, sagte Egon langsam und jedes Wort betonend, »du würdest ganz darauf verzichten.«

      Arnold war bestürzt. »Aber … warum denn das, Egon? Ich meine

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