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der Lebenserfahrung, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehn telang kein Brand ausbricht, beweist nicht, dass keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss.«

      Vorrang der Selbsthilfe- und Selbstschutzpflicht

      Ganz im Gegenteil: In der Diskussion um Sicherheitsleistungen durch die öffentliche Hand wird häufig vernachlässigt, dass zunächst der Bürger selbst für seine Sicherheit verantwortlich ist. So steht die Selbsthilfefähigkeit und -pflicht der Bevölkerung noch vor Aufstellung und Unterhaltung einer Feuerwehr im Vordergrund. Denn die Bevölkerung ist nach den Feuerwehrgesetzen der Länder, wie auch nach dem Gesetz zur Neuordnung des Zivilschutzes (§ 5 ZSNeuOG), ausdrücklich zur Selbsthilfe bzw. -schutz verpflichtet.

      Die Formulierungen in den Feuerwehrgesetzen sind dabei unterschiedlich scharf und eindeutig: In einigen Feuerwehrgesetzen wird »nur« die bürgerliche Pflicht zur Selbsthilfe gefordert oder den Gemeinden als Pflichtaufgabe auferlegt, die Selbsthilfe der Bevölkerung zu fördern. Dahingegen wird beispielsweise in Hessen (§ 1 Abs. 3 HBKG), Nordrhein-Westfalen (§ 1 Abs. 4 BHKG) und Rheinland-Pfalz (§ 1 Abs. 4 LBKG) deutlich herausgestellt, dass der Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und der Katastrophenschutz den Selbstschutz bzw. die Selbsthilfe der Bevölkerung durch im öffentlichen Interesse gebotene behördliche Maßnahmen ergänzen sollen. Die Gesetzgeber drücken damit unmissverständlich aus, dass die Selbsthilfe der Bevölkerung als Grundbaustein anzusehen ist und die öffentliche Feuerwehr nur als Ergänzung in den Bereichen dient, wo die Selbsthilfe nicht möglich ist oder ein öffentliches Interesse besteht. Soweit sich die Bürger selbst schützen können, sind sie auch dazu verpflichtet, dies zu tun.

      2.4 Outcome-orientierte Planung

      Wie alle Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen ist auch die Feuerwehr und deren Bedarfsplanung kein Selbstzweck. Im folgenden Abschnitt wird mit einer outcome-orientierten Betrachtungsweise und einem Exkurs zu anderen Bereichen der Daseinsvorsorge dargestellt, zu welchem Ziel das Aufstellen, Ausrüsten und Unterhalten einer Feuerwehr eigentlich beitragen soll und wie dieses in den Kontext der Bedarfsplanung zu setzen ist.

      Ansätze in anderen Bereichen der Daseinsvorsorge

      Ein Quervergleich zu anderen Bereichen der Daseinsvorsorge offenbart, dass sich nahezu alle für das öffentliche Leben relevante Einrichtungen und Angebote ähnlichen Herausforderungen hinsichtlich ihres Sicherstellungsauftrages konfrontiert sehen und die Feuerwehr keine Ausnahme darstellt.

      Unter »Daseinsvorsorge« werden Einrichtungen und Dienstleistungen verstanden, die als lebensnotwendig angesehen werden und/oder an denen ein besonderes öffentliches Interesse besteht, zum Beispiel Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Rettungsdienst, Feuerwehr, Lebensmittel- und Nahversorgung, Tankstellen.

      Die Versorgung der Bevölkerung in urbanen Räumen ist in der Regel einfacher zu gewährleisten als in ländlichen Räumen, da eine ausreichende Auslastung der jeweiligen Einrichtungen und Leistungsangebote eine wirtschaftliche Sicherstellung der Daseinsvorsorge ermöglicht. Dahingegen stehen Räume, die besonders stark vom Bevölkerungsrückgang betroffen sind, vor kaum bewältigbaren Herausforderungen. Dort stoßen sowohl öffentliche als auch private Einrichtungen an die Grenzen ihrer wirtschaftlichen Rentabilität und Funktionsfähigkeit, da durch die Schrumpfungsprozesse die kritischen Versorgungsschwellen von Schulen, Ärzten, der Lebensmittelversorgung usw. unterschritten werden, sodass sich die Einrichtungen bis hin zur kompletten Aufgabe der Leistung gezwungen sehen.

      Um diesen Herausforderungen entgegenzutreten und die Lebensgrundlage der betroffenen Bevölkerung weiterhin zu sichern, bedarf es effektiver Handlungsansätze. Ein universeller Lösungsansatz konnte – ebenso wenig wie im Feuerwehrwesen – trotz vielschichtiger Dialoge, intensiver Forschung und zahlreicher Modellvorhaben bisher nicht gefunden werden. Dieser Umstand findet seine Begründung darin, dass mögliche Lösungsansätze zum einen immer an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen und zum anderen stark von der Art der Versorgungsleistung abhängig sind.

      Ein Lösungsansatz, der über die letzten Jahre immer stärker in den Fokus gerückt ist, ist die outcome-orientierte (wirkungsorientierte) Planung von Einrichtungen und Angeboten der Daseinsvorsorge, die stärker am Ergebnis und der Wirkung (dem »Outcome«) als an der Ausstattung (»Input«) orientiert ist. Es wird dabei eine konzeptoffene Zielerreichung umgesetzt, bei der nicht entscheidend ist, welche Ressourcen investiert werden, sondern welcher Effekt damit erreicht wird.

      Praktisch gesprochen: Die Möglichkeit in ländlichen Regionen ein Buch auszuleihen oder Brief- und Paketsendungen aufzugeben, kann anstelle von ortsgebundenen Bibliotheken und Postfilialen auch mit einem regelmäßigen Bücherbus oder der Online-Bestellung eines Buches sowie mit einer periodischen Postabholung oder Sammelbriefkästen an Verkehrsknotenpunkten realisiert werden. Ein weiteres (etwas überzeichnetes) Beispiel: Das »Ziel der Mobilität« kann entweder mit einem (teuren) öffentlichen Busverkehr inklusive Aufstellen von Bushaltestellen sowie dem Ausbau und der Wartung von Straßen erfolgen. Oder es könnte alternativ jedem Bürger ein geländegängiger SUV zur Verfügung gestellt werden. Diese beispielhaft genannten Handlungsansätze und Lösungswege (»Inputs«) sind höchst unterschiedlich, nämlich entweder auf die konventionelle Art und Weise oder mit alternativen Versorgungskonzepten. Die Wirkungen und Ergebnisse (»Outcomes«) sind jedoch nahezu gleich: Der Bürger kann Bücher ausleihen, Post versenden und genießt Mobilität.

      Outcome-orientierte Planung bei der Feuerwehr

Images

      Bild 10: Möglichkeiten zum Erreichen des Schutzziels »Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit des Menschen«

      So kann zum Beispiel die Selbsthilfe und - rettung im Brandfall (in Bild 10 als erste Möglichkeit dargestellt) mit zahlreichen Maßnahmen sichergestellt werden: Beispielsweise durch die konsequente Umsetzung der Pflicht zur Installation von Rauchwarnmeldern im privaten Wohnbereich, die mit In-Kraft-Treten der Bauordnung für Berlin (BauO Bln) zum 1. Januar 2017 für Neubauten und Umbauten nunmehr ohnehin bundesweit in allen Ländern gesetzlich gefordert ist. Das beinhaltet aber auch die Sicherstellung der regelmäßigen Wartung und der Funktionsüberprüfung dieser. Durch die Rauchwarnmelder können Bewohner im Brandfall nicht nur frühzeitig gewarnt und ihnen dadurch eine rechtzeitige Flucht ermöglicht werden. Durch die potenziell verkürzte Brandentdeckungszeit (gegenüber dem Zustand ohne Rauchwarnmelder) erfolgt auch

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