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gefühlt. All seine Jugendträume, seine geheimsten Seelenregungen waren in Worte umgesetzt. Jene Zeit, der seine erste romantische Neigung gegolten, leibhaftig schien sie heraufzuziehen. So nimmt, gehalten und gestützt von Savonarola, Botticellis Kunst einen gewaltigen Aufschwung. Venus, die Hexe, ist für immer vergessen. Mit einer Inbrunst, die desto glühender, desto stürmischer ist, weil sie mit Reue verbunden, sinkt er seiner Jugendliebe, Maria der Gottesmutter, zu Füßen. Die drei Horen, die im »Frühling« mit verschlungenen Händen den Reigen bilden, verwandeln sich in die theologischen Tugenden, die in jubelndem Tanz den Siegeswagen der Kirche begleiten. Erst in diesen Werken ist die ganze Kraft des Meisters entbunden. Savonarola hat ihm die Lippen geöffnet, und der scheue, zaghafte, träumerische Botticelli wird selbst zum Propheten, der mit glühender Begeisterung und lautem Pathos die Rückkehr zur Askese, zu den Heilslehren des Christentums predigt. Nicht mehr wehmütig bittend blicken seine Gestalten uns an. Zu beschwören scheinen sie, zu warnen.

      Der Unterschied seiner späten Madonnenbilder von den früheren liegt darin, daß noch weit mehr der düster-feierliche Charakter des Andachtsbildes betont wird. Wie sich die jungfräuliche, still-sinnende Gottesmutter in die gedankenvolle Sibylle verwandelt, deren prophetischem Blick die Zukunft offen liegt, werden die Engel zu tiefernsten, müd traurigen Wesen, die mit weiten Augen wie in einen Abgrund starren. Entweder umarmt Maria das Kind mit einer stürmischen Innigkeit, einer jähen heißen Leidenschaft, als ob sie plötzlich aus schreckhaftem Traum erwache. Oder sie schreitet, in Gedanken versunken, wie eine Nachtwandlerin dahin, das Kind mechanisch im Arm, das ebenso gramversunken sich zu Johannes neigt. Wie die Mutter von Herzeleid und stummem Weh durchbebt ist, fühlt das Kind die ganze Schwere eines unentrinnbaren Verhängnisses auf sich lasten. Auf Savonarolas Einfluß geht ferner zurück, daß er in anderen Altarwerken noch mehr den magdhaften, schüchternen Charakter der Madonna betont. Die kostbarsten Dinge, glänzende Stoffe, leuchtender Marmor, grauer Granit sind aufgehäuft. Menschen mit allem Gepränge irdischen Glanzes haben sich als Ehrenwache um prunkvoll verzierte Throne geschart. Und auf diesem Thron sitzt ein bleiches, zaghaftes, sinnend kindliches Mädchen, das gar nicht ahnt, was um sie vorgeht, barfuß, in schwarzem Matronengewand. Nur Burne Jones hat in seinem »König Kophetua« eine ähnliche Kontrastwirkung gleich raffiniert verwendet.

      Aber auch noch lautere, eindringlichere Töne schlug Botticelli jetzt an. Während er vorher nur in weichen Träumen lebte, wird in seinen letzten Werken die ganze Skala der Empfindungen durchlaufen. Auf der einen Seite die jubelnde Dithyrambik der Engel, die auf seinem Bild der Krönung Marias durch die Lüfte tanzen und fliegen, flattern und sausen, das Lob des Allmächtigen preisend und Rosen hernieder streuend. Auf der anderen die klagende Pathetik, die in seinen Bildern der Grablegung herrscht. Jene Karfreitagspredigt, die Savonarola 1494 dem atemlosen, zu Thränen gerührten Volke hielt – in dem düster schluchzenden Pathos Botticellis klingt sie aus. Man sieht Weiber ohnmächtig zusammenbrechen und in wahnsinnigem Schmerz vergehen, Männer in lautem Stöhnen sich winden. Aus dem Maler der Venus ist der Jeremias der Renaissance geworden. Statt im Flüsterton spricht er in Donnerlauten, mit dem schnaubenden Fanatismus des Convertiten, kämpft, als gelte es einen Schatz zu verteidigen, arbeitet mit einer Hast, als fürchte er gar nicht aussprechen zu können, was er zu sagen hat. Mehr als zwei Drittel seiner Werke sind in diesen Jahren des theokratischen Regiments entstanden.

      Dann fast nichts mehr. Das Martyrium Savonarolas war das künstlerische Leichenbegängnis Botticellis. Die große Gestalt des Propheten hatte ihn über Wasser gehalten. Der Sturz seines Helden raubte ihm die Kraft. Nachdem er in der Londoner »Anbetung der Könige« noch das Andenken des Märtyrers gefeiert, legte er den Pinsel aus der Hand, kaum fünfzig Jahre alt und ein gebrochener Mann. Die Dante-Illustrationen sind aus seinem letzten Jahrzehnt die einzigen Zeugnisse, daß er überhaupt noch lebte. »Als ein Mann von tiefen Gedanken,« erzählt Vasari, »kommentierte Botticelli einen Teil Dantes, illustrierte das Inferno und ließ es drucken; und da er auf diese Dinge viel Zeit verwandte und nichts anderes mehr arbeitete, folgten daraus für sein Leben Unordnungen ohne Ende.« Mit anderen Worten: Der Romantiker des Mittelalters flüchtete sich in seine geistige Heimat. In der mystisch transcendentalen Poesie Dantes, des großen mittelalterlichen Genius, sucht er einen Halt für die arme Seele. Er vertieft sich in die fern liegendsten ideologischen Spekulationen, nur um möglichst die unfromme Gegenwart zu vergessen, sucht Dinge in der Sprache der Kunst zu sagen, die jeder künstlerischen Wiedergabe spotten, hofft in dem gewaltigen Epos vom Jenseits die weltstille Ruhe zu finden, die er so flehentlich, so hoffnungslos sucht. Doch auch diese Arbeit wirft er mutlos beiseite. Grüblerisch, nur seinen Träumereien hingegeben, einsam und in sich gekehrt, lebt er dahin. »Elend und Armut stellten sich ein. Er mußte auf Krücken gehen und wäre Hungers gestorben, hätten nicht die Medici noch zuweilen seiner gedacht.«

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