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auch gesteuert wird. Ein solch stringenter, chronologischer Aufbau von Curricula setzt eine groß angelegte, zentral geregelte Unterrichtsplanung voraus, woraus resultiert, dass die Curriculumerstellenden in weiterer Folge nicht zu den Lehrenden werden, die sich auf ebendieses Curriculum stützen. Wahrscheinlicher erscheint, dass solche Curriculumerstellende auch als sich dem Curriculum verpflichtet fühlende Lehrwerk- bzw. generell Materialautoren tätig werden. Zudem ist universitäre Sprachunterrichtsplanung weniger durch groß angelegte und zentrale Regelung gekennzeichnet, sondern viel eher durch punktuelle, individualisierte Kursgestaltung.

      Was unter Curriculum verstanden wird, kann jedoch auch von Universität zu Universität variieren. Zum Teil definieren Autoren von Fachartikeln einleitend, was sie allgemein und was sie somit in ihren Abhandlungen unter Curriculum verstehen. So schreibt Chen (2009, S. 85): „Curriculum wird hier als der ganze Lehrgang einschließlich aller Faktoren definiert: Curriculumentwicklung und -durchführung, Didaktik, Evaluation, Lehrpersonal, Lehrbücher usw.“. Nach Chen fallen also auch Lehrbücher unter Curriculum, das hier sogar stellvertretend für einen gesamten Lehrgang steht. Auch Christ (2007, S. 73) spricht mit Bezug auf Curricula von „[…] didaktisch begründete[n] Lehrgänge[n] […]“.

      Hier erscheint eine Ausführung zu Lehrwerken und Curricula beachtenswert, die andernorts zu finden ist (Chan, 2000):

      Anders als bei Lehrwerken, deren Verleger stets bemüht sind, Lernern „neue“ und „effektivere“ lehr- und lernmethodische Ansätze anzubieten, um so den Absatz ihrer Produkte anzukurbeln, verhält man sich in der Regel bei der Curriculumplanung – insbesondere auf der nationalen Ebene – neueren theoretischen Ansätzen gegenüber eher zurückhaltend. (S. 81)

      Chan schreibt hier Lehrwerken und kontrastiv dazu Curricula eine gänzlich unterschiedliche Dynamik zu. Lehrwerken wird hier eine gewisse Zügigkeit, Curricula eine gewisse Trägheit attestiert (s. auch Bausch, 2007, S. 113). Dies widerspricht zwar nicht Chens Verständnis von Curricula, denn ein modernes Lehrwerk kann durchaus in einem älteren Curriculum (Lehrgang) Einsatz finden, doch hat Chans Ausführung für die begriffliche Bestimmung der Dokumente des Korpus der Hauptstudie vorliegender Arbeit Konsequenzen, die, wie zu zeigen sein wird (Abschnitte 2.3 und 2.4), nicht in dem Maße als träge gelten können, da sie rasch aufnahmefähig sind. Ein weiteres beachtenswertes Verhältnis von Lehrbüchern zu Curricula skizziert mit Blick auf Hochschulen Vogel (2016, S. 196). Lehrbücher, die ein passgenaues Curriculum nicht zu stark einengen würden, gebe es fast ausschließlich nur für Englisch und Deutsch. Die an Universitäten eingesetzten Lehrbücher würden kaum den Linien einer „[…] hochschulspezifischen Kursstruktur […]“ (ebd., S. 196) folgen, was z. B. zu einer raschen Veralterung der Lehrbuchtexte führe. Mit „[…] hochschulspezifische[r] Kursstruktur […]“ wird hier erstmals der Spielraum angedeutet, den Universitäten im Bereich der Curriculumausgestaltung haben und der besonders in Abschnitt 2.3 relevant wird. Beachtenswert ist an Vogels Ausführung auch, dass er die meisten hochschulspezifischen Sprachlehrbücher als starr und rasch veraltend, ein hochschulisches Curriculum hingegen als „[…] maßgeschneidert[.] […]“ (ebd., S. 196) und folglich flexibel begreift. Dies steht in starkem Kontrast zu Chans (2000, S. 81) Ansichten.

      Es lässt sich feststellen, dass selbst unter DaF-Experten kein Konsens über die Charakteristika von Curricula für den FSU herrscht. Während etwa Bausch (2007, S. 111) ein Curriculum als „[…] fächerunabhängig[.] […]“ begreift, sieht Neuner (2001, S. 800) es als „[…] fächerübergreifend[.] […]“ und „[…] fachspezifisch[.] […]“ an. Chen (2009, S. 85) betrachtet ein Curriculum als „[…] ganze[n] Lehrgang […]“, während Kusolrod (2003, S. 59) es mit Bezug auf ein DaF-Fernstudienangebot zusammenfassend schlicht als „[…] Anweisungsform […]“ bezeichnet. Krumm (2002, S. 9) sieht in Curricula das Potenzial, „[…] neue[.] Zielsetzungen des Deutschunterrichts [zu] reflektieren […]“, was auf einen innovativen Charakter von Curricula schließen lässt, den in gewisser Weise auch Vogel (2016, S. 196) erkennt, wohingegen Chan (2000, S. 81) Curricula als „[…] neueren theoretischen Ansätzen gegenüber eher zurückhaltend“ beschreibt, was Curricula eine gewisse Trägheit attestiert.

      Diese markanten Diskrepanzen erschweren es, den Terminus „Curriculum“ als Basis für die in vorliegender Arbeit untersuchten Dokumente heranzuziehen. Schließlich wird vor allem auch aufgrund der angeführten rechtlich bindenden Aspekte deutlich, dass der Begriff des Curriculums nicht als Bezeichnung für die im Zuge dieser Arbeit untersuchten, weniger umfangreichen, weniger aufwändig erstellten und ferner teils weniger verbindlichen (Abschnitt 2.4) Dokumente dienen kann. In vorliegender Arbeit wird also der Terminus Curriculum nicht eigens definiert bzw. an die Dokumente des Korpus der Hauptstudie angepasst, sondern es soll ein anderer Begriff gewählt werden, für den in den nachfolgenden Ausführungen weiter argumentiert wird.

      (2) Richtlinien

      Richtlinien dienen, wie die Bezeichnung nahelegt, primär der Orientierung und weniger einer strikten Lenkung des Unterrichts und erlauben Lehrenden somit eine freiere Unterrichtsgestaltung. Richtlinien werden nicht für einzelne Schulstufen erstellt, sondern sind stufenübergreifend angelegt bzw. beziehen sich im Kontext FSU auf verschiedene Levels der Sprachbeherrschung. Sie beschreiben, welche Ziele zur Erlangung eines bestimmten Niveaus erreicht werden müssen, ohne dabei Angaben über eine genaue Kursdauer zu machen (s. Neuner, 2001, S. 799).

      Laut Bausch (2007, S. 111–112) stecken Richlinien „[…] für eine bestimmte Schulform oder -stufe die fächerübergreifenden Aufgaben, Ziele und Unterrichtsprinzipien […]“ ab. Hieraus wird deutlich, dass er Richtlinien als schulstufenübergreifend (Schulform) wie aber auch schulstufenspezifisch begreift. Neuner hingegen sieht sie ausschließlich als stufenübergreifend an. Die in dieser Arbeit untersuchten Dokumente beziehen sich immer ausschließlich auf einen bestimmten Kurs, also eine einzelne „Schulstufe“, jedoch auf universitärer Ebene. Dass sie an Universitäten Einsatz finden, darf nicht außer Acht gelassen werden, da sich schulische von universitärer Unterrichtsplanung grundlegend unterscheidet. Niemals werden in den zu untersuchenden Dokumenten Aussagen gemacht, die als kurs- oder fachübergreifend auszulegen sind. Fallweise gibt es darin jedoch Informationen zu Fächerkombinationsmöglichkeiten (Abschnitt 2.3 und Lehrplan der Universitat Autònoma de Barcelona im Anhang VII). Somit sind sie klar auf einzelne Jahre und Semester zugeschnitten. Zudem lassen sie Unterrichtsplanung auf niedrigerer Ebene als der staatlichen vermuten (Abschnitt 2.3).

      Christ (2007, S. 73) schreibt im Kontext Richtlinien bzw. auch „[…] Rahmenrichtlinien […]“ von „[…] generellen staatlichen Orientierungen […]“. Christ (2016, S. 58) ergänzt dieses Prinzip der Orientierungen um die Funktionen der „[…] Steuerung und Gewährleistung von Freiräumen auf die Gestaltung unterrichtlicher Lehr-Lernprozesse“.

      Somit scheint auch im Bereich der Richtlinien unter Experten im Bereich FSU keine Einigkeit zu bestehen, wenn es ihnen auch gelingt, den Begriff der Richtlinie schärfer zu konturieren als jenen des Curriculums. Im Gegensatz zum Curriculum haben Richtlinien, wie es dem Begriff selbst auch innewohnt, orientierenden, anleitenden, weniger verbindlichen Charakter. Die in der Hauptstudie vorliegender Arbeit relevanten Dokumente sind nicht lediglich als Orientierungshilfen zu betrachten. Es gibt darin viel eher ein Nebeneinander aus verbindlichen und weniger verbindlichen Punkten. Die Richtlinie wie auch das Curriculum sind somit nicht die geeigneten Termini für die Dokumente des Korpus der Hauptstudie dieser Arbeit. Wie Christ (2007, S. 73) ins Feld führt, handelt es sich bei Richtlinien um „[…] staatliche[.] Orientierungen […]“. Beachtenswert scheint, dass solch ausführliche, staatliche Regelungen kaum verbindlichen Charakter aufweisen. Dies liegt jedoch daran, dass Richtlinien großräumig angelegt sind, also als „[…] Gesamtkonzept, in das sich die Arbeit der einzelnen Fächer […] eingliedert […]“ (ebd., S. 73), sowie als stufen- und fächerübergreifend angesehen werden. Somit müssen Lehrende sowie weitere Nutzende solcher Richtlinien Auswahlen treffen und können nicht die Gesamtheit aller in Richtlinien festgeschriebenen Aspekte berücksichtigen.

      (3) Lehrpläne

      Der Unterschied zwischen Richtlinien und den nun zu erläuternden Lehrplänen besteht überwiegend darin, dass Richtlinien

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