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Bezeichnungen für Curricula im amtlich deutschsprachigen Raum bzw. in Italien und Spanien

      (1) Amtlich deutschsprachiger Raum

      In den bisherigen Ausführungen wurde noch nicht weiter zwischen den verschiedenen Bezeichnungen für Curricula differenziert, die im amtlich deutschsprachigen Raum und in der deutschsprachigen Forschung üblich sind. Wie bereits angedeutet, ist dies jedoch sinnvoll. Durch die in den folgenden Abschnitten vorgenommenen begrifflichen Ausdifferenzierungen sollen die Dokumente zur Unterrichtsplanung des Korpus der Hauptstudie1 eine einheitliche Bezeichnung erhalten. Vorweggenommen sei, dass im Bereich der Curriculumforschung unter Experten terminologisch kein Konsens besteht. Neuner (2001, S. 798) nennt zu Beginn seiner Abhandlung folgende Termini, die in fachlichen Diskursen ohne Bedeutungsunterschiede verwendet würden: „Bildungsplan“, „Lehrplan“, „Curriculum“, „curricularer Lehrplan“, „Richtlinien“, „Rahmenrichtlinien“. Robinsohn (1971, S. 1) schreibt vom „Bildungskanon“ und „Lehrgefüge“. Quetz (2007, S. 122) spricht auch vom „Syllabus“. In der aktuellen Forschung finden sich zudem folgende Termini: „Ordnungsmittel[.] für die Berufsausbildung“, „Ausbildungsordnung“ „Rahmenlehrplan“ (Settelmeyer & Widera, 2015, S. 115), „Ausbildungsverordnungen“ (ebd., S. 116), „Ausbildungsrahmenpläne“ (ebd., S. 118), diese aber vorrangig im Bereich Deutsch als Erst- bzw. Zweitsprache. Sambanis (2016, S. 174) ergänzt diese Vielzahl an Termini noch um „Bildungsprogramm oder- empfehlung“, „Orientierungsplan“, „Rahmenplan“, „Grundsätze“ und „Leitlinien“. Vor allem an „Bildungs[…]empfehlung“ und „Orientierungsplan“ zeichnet sich der oft lediglich fakultative Charakter derartiger Dokumente ab.

      Neuner (2001, S. 798–799) versucht, die Termini Curricula/Richtlinien/Lehrpläne anhand der Kriterien „[…] Funktion […]“2, „[…] Entscheidungskriterien und Prozesse, nach denen sie entstanden und aus denen sie hervorgegangen sind“ sowie „[…] Grad der Verbindlichkeit […]“ voneinander abzugrenzen, gibt allerdings zu bedenken, dass kaum scharfe Trennlinien gezogen werden können. Auch Hofer (2010, S. 40) erläutert, dass das Curriculum „[…] in einem engeren Verständnis dagegen auch als Synonym für den Begriff Lehrplan gesehen und benutzt [wird]“. Wie jedoch zu zeigen sein wird, dient das komplexere Curriculum als Oberbegriff für weniger umfangreiche Richtlinien und Lehrpläne.

      (2) Italien und Spanien

      Bei den in der Hauptstudie untersuchten Dokumenten handelt es sich um keine fächerübergreifenden Curricula, sondern um spezielle, durch Verantwortliche regelmäßig zu überarbeitende Beschreibungen einzelner universitärer, philologischer und nicht-philologischer DaF-Kurse, die Angaben zu Lehr- und Lernzielen, Methodik, Inhalten, Stundenausmaß, Lehrpersonal etc. enthalten. Somit erweisen sich diese Beschreibungen als an einzelnen Fakultäten ausgearbeitete Dokumente (dazu ausführlicher in Abschnitt 2.3), an denen sich diachrone Entwicklungen erkennen lassen. In Spanien heißen solche Dokumente zur Unterrichtsplanung Guías Docentes1 oder in erweiterter Form auch Planes de Estudios2. Häufig sind die Titel der entsprechenden Dokumente in Spanien wie in Italien auch schlicht die Titel der Sprachkurse, also etwa Alemán I, II oder III in Spanien sowie Tedesco I, II oder III (für beide Sprachen: Deutsch I, II oder III) in Italien. In Italien werden solche universitären Lehrpläne als Piani Didattici, Programmi Insegnamento oder in erweiterter Form auch als Ordinamenti Didattici, Regolamenti Didattici, Piani di Studio3 bezeichnet. Lehrplanbeispiele finden sich im Anhang (VII).

      2.2.2 Curricula – Richtlinien – Lehrpläne

      Die folgenden Ausführungen dienen dazu, den Dokumenten des Korpus der Hauptstudie eine einheitliche Bezeichnung zu geben.

      (1) Curricula

      Mit Bezug auf den Begriff „Curriculum“ führt Funk (2016) aus:

      Er bezeichnete den Übergang von einer Planung, die auf Stoffplänen, d.h. einer präskriptiven Auflistung von Unterrichtsinhalten basierte, bzw. auf Lehrplänen, die Listen übergeordneter und detaillierter Zielvorgaben mit der Auflistung von Lehrstoff verbanden, zu einer umfassenderen Planungsform, die unterschiedliche Ebenen des pädagogischen Planungsprozesses einbezog. (S. 151)

      Bereits hieran zeigt sich, dass der Terminus Curriculum für die Dokumente des Korpus der Hauptstudie nicht geeignet ist, da diese Dokumente konkrete Planungen für einzelne Hochschulkurse und keine „[…] umfassendere[.] Planungsform […]“, von welcher Funk mit Bezug auf Curricula spricht, darstellen.

      Bei Curricula unterscheidet Neuner (2001, S. 799) zwischen „[…] enger und weiter gefasste[n] Begriffsbestimmungen“. Bei den enger gefassten Bestimmungen beruft er sich auf Westphalen (1985, S. 13), der festhält: „Das Curriculum als Planungsinstrument begegnet dem Lehrer in der Praxis nicht so sehr als Bauplan, sondern als konkretes Produkt, als Baustein also, insbesondere in Form von Planungsbeispielen, Reihen- und Stundenkonzepten, didaktisch aufbereiteten Unterrichtsmaterialien […]“. Als mögliche Erstellende führt Westphalen (ebd., S. 14) unter anderem „[…] staatlicherseits einberufene Kommissionen […]“ oder „[…] Lehrerteams […]“ an. Als Voraussetzung für eine „Allgemein- und Rechtsverbindlichkeit […]“ nennt Westphalen (ebd., S. 14) die Verordnung durch die „[…] staatliche Schulaufsicht […]“ oder die Genehmigung zum unterrichtlichen Gebrauch.

      Diese enger gefasste Bestimmung trifft auf die in dieser Arbeit untersuchten Dokumente nicht zu. Es finden sich darin keine konkreten Entwürfe von Unterrichtsstunden, auf die Lehrende zurückgreifen könnten. Ebenso wenig sind Erstellende staatliche Beiräte, eher schon „Lehrerteams“, wie sie in den soeben dargestellten enger gefassten Bestimmungen bezeichnet werden.

      Die weiter gefassten Begriffsbestimmungen unterteilt Neuner (2001, S. 799–800), abermals unter Berufung auf Westphalens Abhandlung (1985), in zwei Beispiele. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in beiden Beispielen Curricula als „System[e]“ zum Zwecke der Unterrichtsplanung und vor allem auch der Realisierung von Leistungskontrollen betrachtet werden. Konkret soll durch Curricula ermöglicht und sichergestellt werden, dass vorab festgelegte Lernziele erreicht werden können. So kann auch der Unterricht selbst einer Erfolgskontrolle unterzogen werden. Diese weiter gefasste Begriffsbestimmung lässt sich mit Blick auf die in der vorliegenden Studie untersuchten Dokumente eher anwenden, da in dieser Bestimmung vor allem Erfolgskontrollen Bedeutung beigemessen wird, die im universitären FSU wesentlich sind und zu denen auch bereits in der Unterrichtsplanung Aussagen zu treffen sind. Weniger konkret und konsequent werden jedoch Aussagen zu den Lehr- und Lernzielen in den relevanten Dokumenten gemacht, was jedoch konstituierend für Curricula wäre und generell schriftlich verankert sein sollte. In den Dokumenten sind es vor allem die konkreten Begründungen der Ziele, die fehlen. In einigen Fällen wird als Bildungsziel lediglich das Training der vier Fertigkeiten genannt, wie etwa im Unterpunkt „Objetivos de las asignatura/competencias“ eines Lehrplans für den Kurs Deutsch 1 2006/07 (S. 2) der spanischen Universitat d’Alacant:

      Abbildung 4:

      Auszug aus dem Lehrplan Deutsch 1 (2006/07, S. 2) der Universität Alicante1

      Hofer (2010, S. 40) begreift das Curriculum als „[…] bildungstheoretisch begründete […] Darstellung dessen, was und wie unter welchen Bedingungen gelehrt und gelernt werden soll“. Eine solche Darstellung müsse zudem wissenschaftlich hergeleitet und auch laufend überarbeitet werden, damit gesellschaftlichen Ansprüchen entsprochen werden könne. Schließlich beziehe man sich mit „[…] Spirale […]“ in curricularen Kontexten darauf, dass mit fortschreitender Progression Unterrichtsinhalte wiederholt, dann jedoch nuancierter und kulturell adäquater thematisiert werden könnten.

      Auch an diesen zusammenfassenden Merkmalen von Curricula laut Neuner bzw. an Hofers Erläuterungen wird deutlich, dass die Bezeichnung „Curriculum“ für die untersuchten Dokumente in dieser Arbeit nicht geeignet ist. Der Begriff „Curriculum“ setzt hohe Komplexität und fächerübergreifende Zusammenhänge voraus, die in den in der Hauptstudie relevanten Dokumenten

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