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zudem einer notwendigen Individualisierung eine ebenso notwendige Standardisierung vorgeschaltet, wenn sie standardisierten Leistungsbeschreibungen das Potenzial zur individuellen Dokumentation des Lernforschritts zuschreibt.

      Zwar räumt Arras (ebd., S. 212–213) ein, dass es auch Kritik am GER gebe, doch in Kontrast zu Iluk (2002) und Krumm (2002) bewertet sie sein Potenzial vor allem in Hinblick auf Kompetenzorientierung als sehr positiv, auch mit Blick auf Curricula für den DaF-Unterricht. In der einschlägigen Forschung divergieren in den 2000er Jahren demnach die Ansichten zum GER und somit zur Kompetenzorientierung in DaF-Curricula noch stark.

      (4) Curriculumforschung und -entwicklung im DaF-Bereich: Die 2010er Jahre

      Bereits zu Beginn der 2010er Jahre liegt mit dem Fachgutachten zur Kompetenzorientierung in Studium und Lehre der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (Schaper, Reis, Wildt, Horvath & Bender, 2012) jedoch ein wichtiger und umfassender Leitfaden zur kompetenzorientierten Curriculumentwicklung an europäischen und internationalen Hochschulen vor. Kompetenzorientierung kann und soll nun also bereits tragendes Prinzip in der Lehrplangestaltung sein. Gemäß Schaper, Reis, Wildt, Horvath & Bender (2012, S. 30) sollten das Lehren und Lernen im Hochschulbereich vielschichtig kompetenzorientiert angelegt sein, was Felder wie etwa Curriculumdesign oder Leistungsmessung betrifft. Der Kompetenzorientierung werden hier durchgehend wichtige Funktionen zugesprochen, selbst im Bereich des Qualitätsmanagements. Zudem bringt Kompetenzorientierung in Curricula die heute erwünschte Berufsbezogenheit in Curricula für den FSU mit sich, da dynamischem Können mehr Platz eingeräumt wird als statischem Wissen.

      Deutsch wird meist nicht als erste Fremdsprache gelernt, sondern reiht sich häufig als zweite oder dritte Fremdsprache in das Fremdsprachenrepertoire eines Individuums ein. Dies führte laut Schmidt (2010, S. 930–931) zur Konzeption des „[…] Gesamtsprachencurriculums […]“, in dem Ziele für sämtliche Sprachen, die Lernende im Laufe ihrer Ausbildung erwerben, niedergeschrieben sind. Laut Hufeisen (2016, S. 167) ist allerdings auch die Verflechtung schulischer Sprachenangebote zum einen miteinander und zum anderen mit Sachfächern ein Anliegen des Gesamtsprachencurriculums. Dabei könnten auch verschiedene Jahrgänge vernetzt werden und zudem werde Projektorientierung häufig berücksichtigt (ebd., S. 168). Die Stärken des Gesamtsprachencurriculums sieht Hufeisen im Reichtum der interkulturellen Sprachhandlungsfähigkeit mehrsprachiger Menschen sowie in höherer beruflicher Wettbewerbsfähigkeit (ebd., S. 168). Dies verdeutlicht auch eine gewisse berufliche Ausrichtung des Gesamtsprachencurriculums. Hufeisen (ebd., S. 169–170) erwähnt hier das Projekt mit gesamtsprachencurricularem Schwerpunkt PlurCur am Europäischen Fremdsprachenzentrum in Graz. Als Erfolg der PlurCur-Projektschulen führt sie etwa „[…] eine schulweite mehrsprachige Grammatikterminologieliste für alle Sprachen (inklusive der jeweiligen L1)“ (ebd., S. 170) an. Hufeisen unterstreicht generell den Wert projektorientierter Ansätze im Gesamtsprachencurriculum. Curricular verankerte Projektarbeit findet sich im FSU der 2010er Jahren immer häufiger (s. etwa Vogel, 2016, S. 197; Prikoszovits, 2017b).

      Kulturell bereicherndes und Horizonte eröffnendes Fremdsprachenlernen wird in den 2010er Jahren nach wie vor als bedroht angesehen, nun vor allem von im Zuge der PISA-Studie eingeführten, international gültigen Bildungsstandards (s. Christ, 2016, S. 58). Aktuelle Curriculumentwicklung im DaF-Bereich erfolgt unter anderem anhand von so genannten Sprachbedarfs- und Sprachgebrauchsanalysen (Kiefer, Schlak & Iwanow, 2012; Seyfarth, 2015). Bei entsprechenden Erhebungen etwa an für DaF-Lernende künftig relevanten Arbeitsorten wird ermittelt, welche sprachlichen Anforderungen dort bestehen und welche Elemente somit in zielgruppenspezifische Curricula einfließen sollen und müssen (Abschnitt 2.5.3). Daraus resultierende passgenaue Unterrichtskonzepte stehen im Gegensatz zu einem Unterricht, der sich aus nicht-lernendenorientierten, mit für Lernende irrelevanten Inhalten befüllten Curricula herleitet. Ähnliche Ansätze gibt es auch immer häufiger im schulischen Bereich.

      Nach 2010 erscheinen zum Themenfeld der DaF-Curricula immer mehr Publikationen, die sich einer Berufsbezogenheit verschreiben, welche nicht länger als ausschließlich störend oder gar negativ empfunden wird (s. Prikoszovits, 2017b, S. 88). Die Rezession der späten 2000er und frühen 2010er Jahre hat Auswirkungen auf die Berufsausbildungswege von Auszubildenden und Studierenden gehabt. Auch an Universitäten hat Berufsbezogenheit Einzug gehalten (Cothran, 2010; Katelhön, Costa, de Libero & Cinato, 2013; Augart, 2014), germanistische Studiengänge müssen ihr Bestehen zunehmend rechtfertigen, was vor allem über die Forcierung der Berufsorientierung in Curricula erreicht wird. Schramm und Seyfarth (2015, S. 44) sprechen hier treffend von „Germanistik zwischen Wissenschaft und beruflichen Perspektiven“. Prikoszovits (2017b, S. 88) hält hierzu fest: „Was in den 1990er und noch in den 2000er Jahren als Störfaktor in DaF-Hochschulcurricula ausgemacht wurde, wurde in den 2010er Jahren zu einem notwendigen und erwünschten Schwerpunkt in Lehrplänen“. Dies lässt den immer enger werdenden Zusammenhang zwischen DaF-Hochschulcurricula und berufsbezogenem DaF-Unterricht erkennen – einen Zusammenhang, der sich seit den 1990er Jahren graduell zu entwickeln begonnen hat, sich immer noch weiterentwickelt und entsprechender Forschung bedarf. Der vorliegende Band verschreibt sich einer solchen Forschung unter besonderer Berücksichtigung der folgenschweren Wirtschaftskrise, die als zusätzlicher Einflussfaktor für die Aufnahme berufsbezogener Elemente in DaF-Hochschullehrpläne angenommen wird. Die Studie setzt an der Schnittstelle DaF-relevante Curriculumforschung – Forschung zum berufsbezogenen DaF-Unterricht an und vermag Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie mit Berufsbezug in hochschulischen DaF-Curricula in Regionen Europas verfahren wird, in denen aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen eine Stärkung der Berufsorientierung im DaF-Hochschulunterricht angemessen und sinnvoll erscheint. Vor allem die Berücksichtigung spanischer DaF-Hochschulcurricula stellt ein großes Potenzial dar, da die Schnittstelle DaF-relevante Curriculumforschung – Forschung zum berufsbezogenen DaF-Unterricht in Spanien in den vergangenen Jahren tendenziell weniger im Fokus stand als in Italien (s. Prikoszovits & Springer, 2018, S. 752–754).

      2.2 Terminologie

      Schmidt (2010, S. 921) erläutert, dass der Terminus „Curriculum“ aus dem Lateinischen kommt und abhängig von der jeweiligen Gebrauchssituation mit „Wettlauf/Wettrennen“, „Lauf/Umlauf/Kreislauf“, „Rennwagen/Streitwagen“ oder „Laufbahn/Rennbahn“ übersetzt wird. Daraus wird die heutige Bedeutung des Begriffes „Curriculum“ in Bildungszusammenhängen noch nicht deutlich (s. Adamson & Morris, 2014, S. 310). Erst wenn man erwägt, dass der Begriff häufig in Verbindung mit dem Genitivattribut „artis“, also „[…] artis curriculum […]“ (Georges, 1962, S. 1837–1838), gebraucht und darunter der Erwerb einer „ars“, also einer „Kunst(fertigkeit)“ (Schmidt, 2010, S. 921), verstanden wird, erschließt sich, weshalb das „Curriculum“ zu einem im Bildungswesen häufig verwendeten Terminus avanciert ist.

      Heursen (1995, S. 407) führt aus, dass es die „[…] Vertreter der frühen Aufklärung des 17. Jahrhunderts, Wolfgang Ratke (1571–1635) und Johann Amos Comenius (1595–1670), [waren], die das planvolle Lehren und Lernen als erste in einen pädagogischen Bedeutungszusammenhang stellten“. Mit den zwei Kapiteln „De curriculo scholastico“ sowie „De curriculo academico“ hat im ausgehenden 17. Jahrhundert wohl Morhof „[…] die maßgebliche Bezeichnung für den barocken Lehrplan ein[ge]führt[.]“ (Dolch, 1982, S. 318). Allerdings ist laut Schmidt (2010, S. 921) seit Beginn des 19. Jahrhunderts das lateinische Curriculum dem im deutschsprachigen Raum gebräuchlicheren Terminus „Lehrplan“ nach und nach gewichen. Robinsohn (1971) führt mit Bezug auf den Terminus „Curriculum“ aus:

      Der Rückgriff auf diesen indessen aus der deutschen Pädagogik entschwundenen Begriff hat gute Gründe, kannte doch die Pädagogik des Barock noch die enge Verbindung der Bemühungen um Auswahl und Planung der Lehrinhalte, um Ausprägung der durch sie intendierten Bildungsziele und um die Erarbeitung der ihnen entsprechenden Lehrmethoden. Es soll aus dem Folgenden ersichtlich werden, daß mit der Wiederaufnahme des „verfremdenden“ Terminus zugleich die Rücknahme bildungstheoretischer Entwicklungen in Deutschland gemeint ist […]. (S. 1)

      Es gilt in diesem Kapitelabschnitt noch zu erläutern, weswegen die Begriffe Curriculum und Lehrplan nur bedingt synonym verwendet werden sollten. Auch im Deutschen ist eine Unterscheidung zwischen

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