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einen engen Zusammenhang mit Sprachenpolitik stellt, als unerlässlich in der DaF-Lehrerausbildung erachtet. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit also Elemente aus der Curriculumforschung in Lehrpläne für die Fremdsprachenlehrerausbildung aufgenommen werden sollten. Inwiefern angehende Lehrkräfte entsprechende Kompetenzen im Bereich der Curriculumentwicklung benötigen, kann im Zuge der vorliegenden Arbeit nicht beantwortet werden. Da universitäre Lehrpläne jedoch häufig von Unterrichtenden an Universitäten selbst erstellt werden (Abschnitt 2.4), liegt es allerdings nahe, dass entsprechende Kompetenzen tatsächlich hilfreich wären.

      Noch in den 2010er Jahren beschreiben Adamson und Morris (2014, S. 315) ein Curriculum als „[…] set of tensions and contradictions […]“, also als ein Gebilde aus Spannungen und Widersprüchen. Gerade in den Fremdsprachenfächern kommt es aufgrund der Diskrepanz eigene Sprache/Kultur – fremde Sprache/Kultur immer wieder und immer noch zu derartigen Spannungen und Widersprüchen. Man hat „[…] Identitätsstiftung statt Verwestlichung“ (Gouaffo, 1996, S. 476) in den 1990er Jahren in Kritiken an einem Deutsch-Lehrwerk in Afrika verlangt, was sowohl die gesellschaftliche als auch die politische Komponente von FSU verdeutlicht. Die Übertragung deutscher Curricula auf den DaF-Unterricht in der Volksrepublik China hat in den 1990er Jahren aufgrund kultureller Unterschiede und anders gearteter Wertvorstellungen nicht funktioniert, weswegen Wannagat in seinem Beitrag von 1998 für regionale Curricula und Lehrwerke plädiert. Er geht darin sogar so weit, regionale Curricula und Lehrwerke als Desiderat für die Aufrechterhaltung von DaF in der Volksrepublik China zu beschreiben. Einen guten Mittelweg stellt dar, dass Deutschland bei Bedarf im Ausland mitzuhelfen bereit ist, effiziente Curricula für den DaF-Unterricht zu erstellen. Dies geschieht etwa im Rahmen von Kulturaustauschprogrammen, beispielsweise zwischen Deutschland und der Volkrepublik China. Seit den 1980er Jahren seien durch diese Kooperationen fünf in der gesamten Volksrepublik gültige Curricula für den Deutschunterricht entstanden (Yu, 2004, S. 91). Durch eine solche Vorgangsweise werden mitteleuropäische und asiatische Grundsätze und Vorstellungen zusammengeführt, sodass die Curriculumentwicklung hier als eine Form der kultursensiblen Kompromissbildung in Erscheinung tritt, die erfolgversprechend und zukunftsweisend sein kann.

      (3) Curriculumforschung und -entwicklung im DaF-Bereich: Die 2000er Jahre

      Schon in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends schlägt sich der Einfluss des GER und somit auch der deutschsprachigen Fassung Profile Deutsch (Glaboniat, Müller, Rusch, Schmitz & Wertenschlag, 2005) auf DaF-Hochschulcurricula nieder (s. Funk, 2016, S. 152). Funk (ebd., S. 152) spricht hier von einem „[…] partielle[n] Paradigmenwechsel […]“, den er in die Nähe einer verstärkt wirtschaftsorientierten Bildungslandschaft rückt. Der Einfluss des GER wird von DaF-Experten überwiegend negativ bewertet, vor allem aufgrund seiner stark standardisierenden Wirkung (Iluk, 2002; Krumm, 2002; Königs, 2004, S. 7–8). Eine Standardisierung im Bereich fremdsprachlicher Kompetenzen birgt die Gefahr, dass sich offene in geschlossene Curricula4 verkehren. In neueren DaF-Curricula werden Elemente wie Emotionsausdruck, Problemlösestrategien und regionale Besonderheiten vermisst. Iluk verweist auf die Notwendigkeit, fremdsprachliche Emotionsbekundungen auf allen Niveaustufen zu lernen (2002, S. 101), stellt aber fest, dass dies in Curricula nicht ausreichend umgesetzt wird (ebd., S. 98, S. 101).

      Auch Schmidt (2010, S. 930) plädiert für mehr literarische, kreative und interkulturelle Aspekte in künftigen DaF-Curricula. Diese seien durch die Kompetenz- und Outputorientierung des GER aus dem Fokus geraten. Am GER, den Funk (2016, S. 152) als „[…] Orientierungspunkt, Forschungsgegenstand und Streitpunkt der Fremdsprachendidaktik in Deutschland“ bezeichnet, orientieren sich seit den 2000er Jahren zudem zahlreiche moderne Sprachprüfungen wie für DaF etwa sämtliche ÖSD-Prüfungen. Auch derartige standardisierte Formen der Leistungsmessung werden in der Forschung ab den 2000er Jahren immer wieder als Bedrohung für DaF-Curricula angesehen, da die Gefahr besteht, dass sich der Unterricht an den Anforderungen für die Prüfungen, nicht an Curricula orientiert. Dies erkennt man jedoch bereits vor Erscheinen des GER (Macht, 1995). Macht (ebd., S. 284) sieht durch den „[…] back-wash effect […]“ von Prüfungen gar die Wirkkraft von Lehrplänen aufgelöst.

      Vergleichbare negative Auswirkungen werden in der DaF-Fachliteratur der 2000er Jahre auch dem Bologna-Prozess zugeschrieben (Nied Curcio, Rößler, Schlanstein, Schlicht & Serra Borneto, 2005). Nach Inkrafttreten der Bologna-Erklärung hat sich eine Gruppe von Germanisten (DAAD) in Rom um ein neues Curriculum für den DaF-Unterricht an italienischen Hochschulen bemüht (ebd., S. 136), das ausführliche Kannbeschreibungen enthält, was unter anderem zu Vergleichbarkeit und Transparenz führt (ebd., S. 137). Innovativ am Zugang dieser Gruppe ist eine rasterhafte Gestaltung des Curriculums, die dazu beiträgt, den Unterricht modular und in Abhängigkeit von der Ausrichtung des Studiums auch berufsbezogen gestalten zu können (ebd., S. 141). Generell ist eine deutliche Tendenz festzustellen, universitäre Curricula modular auszugestalten (s. etwa Gerholz & Sloane, 2011, S. 4–5). Zudem entsteht der Anspruch an das römische Curriculum, Bezugspunkt für hochschulisches DaF-Curriculumdesign innerhalb und außerhalb Italiens zu sein (Nied Curcio, Rößler, Schlanstein, Schlicht & Serra Borneto, 2005, S. 141).

      In den 2000er Jahren wird noch stets die übermäßig starke wirtschaftliche und berufsorientierte Ausrichtung von DaF-Curricula beanstandet, diese Kritik wurde vor allem durch Bologna-Prozess sowie GER und somit durch gestufte Lehrzielpräzisierung erneut angefacht (s. Prikoszovits, 2017b, S. 88; Krumm, 2007, S. 120). Andernorts wird der Berufsbezug jedoch vermisst, etwa in Marokko. So schreibt Bouchara (2008, S. 467): „Darüber hinaus nehmen bedauerlicherweise […] die Inhalte und Zielsetzungen des Germanistikstudiums in keiner Weise Bezug auf Berufsfelder für Germanistik-Absolventen“. Wenn Bouchara den Bezug auf Berufsfelder in marokkanischen Curricula auch vermisst, so wird in den 2000er Jahren curriculare Berufsbezogenheit dennoch immer mehr zum Forschungsschwerpunkt. Daller (2005) setzt sich damit auseinander, vor welche Herausforderungen in ihrer Ausbildung britische Studierende mit Blick auf künftige Arbeitstätigkeiten gestellt werden. Einen spezifischeren Zugang zur berufsbezogenen Curriculumentwicklung präsentiert in den ausgehenden 2000er Jahren etwa Chen (2009), die in ihrer Abhandlung ein von Deutschland und China erarbeitetes Konzept für ein DaF-Rahmencurriculum in der Automobilindustrie beschreibt. Ein derartiges Curriculum kann als grenzüberschreitend angesehen werden und es beinhaltet Interessen und kulturelle Aspekte der beiden involvierten Länder (s. Christ, 2007, S. 76; Prikoszovits, 2017b, S. 88).

      Vor allem durch den GER und den Bologna-Prozess ausgelöste Diskurse zur Kompetenzorientierung im FSU lassen auch die DaF-Curriculumdiskussion der 2000er Jahre nicht unberührt. So führt Hof (2002, S. 81) aus: „An die Stelle von eng definierten Kenntnissen und Fertigkeiten sollen Fähigkeiten und Dispositionen treten, die selbstständig und flexibel in eigenverantwortliches Handeln in privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Situationen umgesetzt werden können.“ Für vorliegende Arbeit sind hierbei die beruflichen Situationen und die Herleitung berufs- und gleichsam kompetenzorientierter Lehr- und Lernziele von großer Bedeutung (Abschnitt 2.5).

      Ein zentraler Ausgangspunkt in der Diskussion um die Kompetenzorientierung in Curricula für den FSU ist, dass im Unterricht durch Lernende erworbenes Wissen in ein anwendbares Können transformierbar sein muss. Hier gilt es also, im Unterricht einen hohen Situations- und Handlungsbezug herzustellen (s. Arras, 2009, S. 214; Hof, 2002, S. 80). Arras (2009, S. 207) hält hierzu weiter fest, dass durch eine Kompetenzorientierung im FSU Lernende in die Lage versetzt werden sollen, Schwierigkeiten sprachlicher wie auch interkultureller Art zu lösen. Demnach sollte Kompetenzorientierung also Fertigkeiten zur Lösung von Problemen mit sich bringen, die – wie bereits dargelegt – in Curricula jedoch vermisst werden. Künftig werden gemäß Arras (ebd., S. 209) zu bewältigende Probleme in einem der Kompetenzorientierung verpflichteten Unterrichtsmaterial verstärkt tonangebend sein. So könne man sich überwiegend frei im Design von sowohl Curricula als auch Unterrichtsmaterialien bewegen und sich weniger eng an Lehrwerke binden.

      Hieran zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zu Iluks (2002) und Krumms (2002) Bedenken, durch den GER könnten Fähigkeiten wie Emotionsbekundungen und Problemlösestrategien ausgeklammert sowie Curricula negativ beeinflusst werden. Laut Arras (2009, S. 212) wird durch die Kompetenzorientierung auch die Frage nach individuellem Können und eben nicht die Suche nach individuellem Unvermögen eingeläutet. Diesen positiven Aspekt ergänzt sie

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