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Zeit noch keine Bogen gebaut.

      Zu diesem Zeitpunkt hat Gott etwas Besonderes mit Abraham vor. Er schließt einen Bund mit ihm (Genesis 15). Die jüdische Tradition lokalisiert den Ort des Bundesschlusses am Berg Btarim, dem westlichen Auslauf des Hermon. Btarim bedeutet »Fleischstücke«, aber der Berg bekam diesen Namen durch die traditionelle Lokalisierung und nicht umgekehrt. Überliefert ist diese Tradition erst seit dem 16. Jh. n. Chr., sie kann aber auch deutlich älter sein. Auch die Araber kennen sie und nennen den Ort Maschhad a-Teir, dt. »Zeugnis des Vogels« oder auch Makam Ibrahim el-Khalil, dt. »der heilige Ort Abrahams des Geliebten«. Wegen der Heiligkeit des Ortes blieb hier eine große Eiche verschont. Heute ist sie zwischen 600 und 1 000 Jahre alt und mit über 5 m Stammumfang die größte Eiche in Israel. Die jüdische Tradition bringt Pilger jährlich hierher. Sie ziehen aus Safed in Galiläa zum Berg, um das Torakapitel über den Bundesschluss Gottes mit Abraham zu lesen, die Parascha.

      Parascha

      Die Tora, das heißt die fünf Bücher Mose, unterteilen Juden in 54 Abschnitte. Jeder Abschnitt ist eine Parascha und wird einer Kalenderwoche zugeteilt, sodass die gesamte Tora im Jahresrhythmus gelesen wird. Normale hebräische Jahre haben 50,5 Wochen. Manchmal gibt es Schaltjahre mit vier Wochen mehr, darum 54 Abschnitte. Der Abschnitt über Abrahams Bund beginnt in 1. Mose 12,1, endet mit 1. Mose 17,27 und wird immer in der dritten hebräischen Kalenderwoche gelesen, d. h. im September/Oktober.

      Der genaue Standort dieses Berges wird in der Bibel nicht genannt, aber vermutlich liegt er eher in der Gegend von Hebron. Abraham zieht danach wieder in die heutige israelisch-ägyptische Grenzregion.

      HAGAR UND ISMAEL

      Die Kinderlosigkeit beschäftigt das Paar immer noch sehr. Die Lösung liegt auf der Hand und hat sogar einen Namen: Hagar, Abrahams Magd. Mit ihr zeugt er ein Kind. Die Schwangerschaft sorgt für Spannungen und Hagar flieht. Wenn du die Gegend ihrer Flucht kennst, kannst du das ganze Ausmaß der Geschichte wahrnehmen. In der Wüste ähnelt eine Flucht eher einem Selbstmord. Wie viele Kilometer kann man hier fliehen? Wenn du nicht sterben willst, solltest du zu einer Wasserquelle gehen. Das macht Hagar, und ein Engel findet sich an der Quelle auf dem Wege nach Schur (Genesis 16,7). Wir wissen nicht, wo Schur ist, aber die Schurstraße ist bekannt: 14 km südwestlich von der israelisch-ägyptischen Grenze bei Ezuz liegt Quseme, eine größere Oasensiedlung. Die Straße zwischen Quseme und dem 70 km westlicheren Al-Hasna ist der Hauptweg von Beerscheba nach Ägypten und heißt Darab a-Schur auf Arabisch, dt. »Schur-Straße«.

      Hagar wird gesegnet und soll ihren Sohn Jischma’el nennen, in den Übersetzungen »Ismael«. Der Name bedeutet »Gott wird hören«. Er wird ein »Wildesel von Mensch« sein (Genesis 16,12), was bis heute eine hebräische Redewendung für einen praktisch unzähmbaren Menschen ist. Ismael ist laut arabischer und jüdischer Auffassung Stammvater der Araber. Im Koran ist Mohammed sein Nachfahre. Der Brunnen, an dem Hagar gesegnet wurde, wird von nun an Lachai Roi genannt, so was wie »Zum Leben sieht er mich« übersetzt. Forscher vermuten, dass es nicht nur um einen Brunnen geht, sondern dass es eine Nomadenortschaft mit dem Namen Beer-Lachai-Roi gab, ähnlich wie Beerscheba. Beer heißt »Brunnen«. Beduinen nennen einen bestimmten Brunnen bei der heutigen Stadt Jerucham Bir a-Rahma, dt. »Gnadenbrunnen«, und erzählen Hagars Geschichte dort. Dieses Gebiet liegt an der östlichen Fortsetzung der Schurstraße. Wie bei Nomaden üblich hat auch Abraham seine Zelte immer wieder an denselben Lagerstätten aufgeschlagen. Zu Beer-Lachai-Roi hatte die Familie einen engen Bezug. Später wurde diese Lagerstätte in Issaks Hände gegeben.

      NEUE NAMEN

      So wie Abraham und Sara machen wir an dieser Stelle eine Pause, denn für die nächsten 13 Jahre sollte es in ihrem Leben etwas ruhiger werden. Bestimmt schauten beide Ismael beim Großwerden zu, jeder aus seiner Perspektive. Zur Vereinfachung haben wir Abraham und Sara von Anfang an bei den Namen genannt, unter denen sie bekannt sind, aber bis jetzt hießen sie eigentlich Abram und Sarai. Denn erst jetzt teilt ihnen Gott eine kleine Namensänderung mit. Es ist der Buchstabe image der in ihre Namen rutscht.

      Gottes Name

      Die häufigste rabbinische Auslegung lautet, dass das neue image dt. »H«, in Abrahams und Saras Namen ein Stück von Gottes ausdrücklichem Namen image JHWH ist. So genau wissen wir nicht, wie man ihn ausspricht, weil wir beim Schreiben die Vokale weglassen. Den ausdrücklichen Namen meiden Juden aus Ehrfurcht vor dem Verbot, ihn zu Nichtigen auszusprechen (Exodus 20,7). image ist der wichtigste Buchstabe in Gottes Namen. Aus dem Wortstamm bildet man die Worte haja, dt. »war«, howe, dt. »gegenwärtig« und jihije, dt. »wird«. Rabbiner deuteten den Namen als »der Immer-Seiende«, »der war, ist und sein wird« oder »der Ewige«. Weil Gott seinen ausdrücklichen Namen den Erzvätern nicht verraten hat, sondern erst 400 Jahre später Mose und Israel bekannt gab, gilt die Umbenennung Abrahams und Saras als sein erster Hinweis darauf, wer er ist.

      EIN ZEICHEN, DAS WEHTUT – DIE BESCHNEIDUNG

      Mit dem neuen Namen kommt ein neuer Bund. Gott verspricht seine unbefristete Verpflichtung Abrahams Nachkommen gegenüber und erklärt Kanaan zum ewigen Besitz der künftigen Nation. Diese Nation wird durch den versprochenen Sohn entstehen, Jizchak, in den Übersetzungen »Isaak«. Der Wortstamm bedeutet »lachen«. Doch wer zuletzt lacht, lacht am besten: Abraham und Sara werden im Alter von hundert Jahren noch Eltern. Gott hat sein Versprechen wahr gemacht. Sichtbares Zeichen dafür ist der Beschneidungsbund. Bei diesem Gebot warnt Gott: Wer nicht beschnitten ist, ist kein Teil des Volkes. Deswegen gilt die Beschneidung in der rabbinischen Begriffswelt als »Bundesgebot«. Sie war das erste Gebot, das für Abrahams Nachkommen gelten sollte. In Israel gibt es schon Juden, die ihre Kinder nicht beschneiden lassen, 2 Prozent waren es 2017. Sehr wenige, wenn man bedenkt, dass sich nur rund 20 Prozent der israelischen Juden im selben Jahr als »religiös« definiert haben. Man sagt, die Beschneidung sei das härteste Gebot; zugleich wird es von den meisten Juden befolgt. Das Zugehörigkeitsgefühl bewegt wohl mehr als der Glaube.

      Wann wird beschnitten? Am achten Lebenstag. Immer? Ja, außer wenn es medizinische Gründe für eine Verschiebung gibt. Wenn es gerade ein Sabbat ist, muss man abwägen, ob die Beschneidung zu einer Sabbatentweihung führen würde, z. B. wenn Gäste mit dem Auto fahren müssten oder wenn es zu erwarten ist, dass Gäste fotografieren würden. Beides ist religiösen Juden am Sabbat verboten. Mit solchen Fragen beschäftigen sich Rabbiner seit Jahrtausenden. Bei Muslimen gibt es keinen festen Zeitpunkt, die Beschneidung muss nur spätestens bis zum Alter von 13 Jahren erfolgen. Was sollte diese Verhaltensweise anderes sein als tiefe Spuren der Erzväter?

      ZWISCHEN DER WÜSTE UND DEN BERGEN – ABRAHAMS LEBENSRAUM

      Zurück zu Abraham und Sara, die ihr »junges« Familienglück genießen. In dieser Zeit lebt die Familie zwischen Kadesch und Schur (Genesis 20,1), irgendwo im Sinai, nicht weit vom Negev. Wie können wir uns ihr Zuhause vorstellen? In dieser Gegend schlagen Nomaden ihre Zelte innerhalb der Regenbachbetten auf, wo sich staubiger Boden ansammelt und es weich genug ist. Der Kampf gegen den Staub ist verloren, aber überall sonst ist es sehr steinig mit scharfen Kanten. Die Welt ist hier gelb und braun.

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      Den einzigen Schatten gibt es unter Akazien und anderen mannshohen Sträuchern in Regenbachbetten. Kamele fühlen sich wie im Schlaraffenland, wenn sie deren fruchtbare Blätter genießen. Auch nachts hört man sie ohne Unterbrechung kauen. Im Zelt brennt immer eine kleine Glut. So spart man sich die Mühe, das Feuer neu zu entfachen. Ein leichter Rauchgeruch begleitet das Leben.

      Welch ein ruhiges, entschleunigtes

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