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Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland. Volker Elis Pilgrim
Читать онлайн.Название Hitler 1 und Hitler 2. Das sexuelle Niemandsland
Год выпуска 0
isbn 9783955101473
Автор произведения Volker Elis Pilgrim
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Deshalb besteht in der Hitler-Forschung völlige Unklarheit über die genauere Art von Hitlers Leiden nach einem Gasgranaten-Angriff der Briten am 15. Oktober 1918. Seine Pasewalker Krankenakte ist von den Nazis vernichtet worden. Und allgemeine Unterlagen über das Reserve-Lazarett zu Pasewalk im dortigen Garnisonskomplex sind im Zweiten Weltkrieg verbrannt. Einzelheiten zu Hitlers Pasewalk mussten daher für Hitler 1 und Hitler 2 über andere Quellen rekonstruiert werden.
Hitler 2 mystifiziert seine Pasewalker Lazarett-Zeit Oktober/November 1918 in seiner Teil-Autobiografie Mein Kampf. Er deutet darin an, es sei in Pasewalk etwas Eigentümliches mit ihm geschehen, das ihn zum Politiker »gemacht« habe: »Ich aber beschloss, Politiker zu werden!« Dieser Satz, 1925 rückdatiert auf die Herbst-1918-Geschehnisse, markiert die Grenzüberschreitung von Hitler 1 zu Hitler 2. Denn Hitler 1 hatte überhaupt keine Voraussetzungen für eine erfolgreiche Politikerlaufbahn.
Obwohl es schon zwei Bücher über Hitlers Phase in Pasewalk gibt – David Lewis’ The Man Who Invented Hitler (2003) und Bernhard Horstmanns Hitler in Pasewalk (2004) –, und außerdem Autoren wie Rudolph Binion und David Post zwischen 1976 und 1998 dem Problem Abschnitte in ihren Büchern oder Fachzeitschriften-Aufsätze gewidmet haben, liegt immer noch ein Dunkel über Pasewalk. Was geschah dort?
Hitler 1 wurde während seines Aufenthaltes im Reserve-Lazarett zu Pasewalk ein Opfer der »Maschinengewehre hinter der Front«. So nannte Sigmund Freud die Militärpsychiater, die die psychosomatisch oder mikroorganisch/molekularbiologisch erkrankten – damals genannt »kriegsneurotischen« – Soldaten im Eilmarsch mit dubiosen Verfahren traktierten, um die jungen Männer so schnell wie möglich an die Front zurückschicken zu können. Der angeblich »funktionell« erkrankte Hitler 1 war in Pasewalk von einem neuropsychiatrischen Offizier mit unlauteren psycho-invasiven Methoden symptomlos gemacht worden.
Dabei geschah ein medizinischer Supergau: Durch einen ärztlichen Kunstfehler während der tiefenpsychischen Behandlung war Hitlers bisher verdrängtes Serienkiller-Potential aus Versehen »entdrängt«, d. h. gezündet worden und Verhaltens-steuernd in Hitlers Ich-Struktur eingedrungen. Fortan fuhr Hitler 2 als polit-hypnotischer massensuggestiver »Frankenstein« in Deutschland und Europa hinein, bis über fünfzig Millionen Menschen tot waren und er am 30. April 1945 von der ganzen Welt zum Aufgeben gezwungen werden musste.
Adolf Hitler war in zweierlei Weise selbst ein Opfer, ehe er sich als »Täter des Jahrhunderts« äußerte: Erstens genetisch als Serienkiller, verursacht durch die Inzuchts-Ehe seiner Eltern, zweitens medizinisch, indem ihm mit einer »gehirnwaschenden« Ich-überrumpelnden Brachial-Kur ein neues Verhalten konditioniert wurde – nämlich dasjenige eines Landes-, später eines Staats-terroristischen Massenmörders und schließlich eines versuchten Völkervernichters.
Nach der etwa zehnjährigen konzentrierten Beschäftigung mit dem Thema »Serienkiller« und dem Abschluss eines Manuskripts Ende 2010 reifte der Entschluss, zu dem besonderen Serienkiller Adolf Hitler ein eigenes Buch zu schreiben, der schon im Text über die gewöhnlichen Serienkiller immer wieder Gastauftritte absolviert. Es sollte eine kurze Studie werden, weil Hitler ja bekannt ist, deshalb sollte das Thema nur Hitlers Wesensveränderung betreffen. Wie geschah sie? Was für eine psychodynamische Transformation ereignete sich zwischen dem Militärpsychiater in Pasewalk und dem Weltkrieg-I-verwundeten Gefreiten und Meldegänger?
Kaum war das Forschungsfeld betreten, stellte sich heraus, Hitlers Pasewalk ist das verwuchertste Dickicht von Unbewältigtheiten in der Hitler-Biografik. Kein exaktes Wissen vorhanden – weder darüber, wer der behandelnde Arzt gewesen ist, noch ob es in Pasewalk überhaupt eine »Kriegsneurotiker«-Station gegeben hat, wogegen 2014 Henrik Eberle polemisierte. Er sah Hitler nur mit »Augenbrennen« in einem Pasewalker »Genesungsheim« untergebracht und wollte die Problematik der Hitler’schen Wesensveränderung vom Tisch fegen. Der Existenz einer Nerven-Abteilung im Pasewalker Lazarett gelten mehrere Beweisführungen, ehe sie belegt werden kann. (drittes Buch)
Wegen der schwärzesten Nacht von Unkenntnis über Hitlers fünf Wochen zwischen seiner Verwundung Mitte Oktober 1918 an der Westfront und seiner dokumentierten Entlassung aus dem Pasewalker Lazarett am 19. November 1918 kann sich jeder Hitler-Forscher einbilden, was er will. Wer nicht glaubt, wie es hinsichtlich Hitlers mysteriösen fünf Wochen in der offiziellen Hitler-Forschung zugeht, möge sich die Pasewalk-Erzählungen der Hitler-Biografen zu Gemüte ziehen: Nach Olden (35) und Heiden (36/37), die noch wenig haben wissen können, folgten nur »Blind«-Stellen – so bei Görlitz/Quint (52), Bullock (52/53), Orr (52), Heiber (60), P. u. R. Gosset (61–63), Maser (65/71), Snyder (67), Deuerlein (69), Fest (73), Toland (76), Payne (77), Zitelmann (89), Steinert (91/94), Pätzold/Weißbecker (95), Kershaw (98/2000 und 2008), Reuth (2003), Ullrich (2013/2016), Sandkühler (2015), Longerich (2015).
Geradezu eine Verdunklungs-Schuld trifft Hitlers medizinische Spezial-Biografen: Recktenwald (63), Röhrs (65/66), Schenck (89), Redlich (98/2002), Neumayr (2001) und Eberle/Neumann (2009/2013), denen allen noch Plouvier hinzugerechnet werden muss, da er mit seinen aufwendigen vier/sechs Bänden eine biographie médicale et politique vorgelegt hat (2007/2008). Es wäre die Pflicht dieser Autoren gewesen, konzentrierte Untersuchungen über Hitlers Lazarett-Zeit in Pasewalk vorzunehmen, anstatt diese zu marginalisieren.
Die vielen anglo-deutschen Sonder-Studien zu Hitlers »Psychopathie« von Coolidge und Langer über Miller und Stierlin bis zu Waite wurden bei den medizinischen Biografien nicht aufgeführt, weil sie nicht Gesamt-Lebens-betrachtend vorgehen und weil sich ihre Relevanz nach der Terminierung Hitlers als Serienkiller aufgehoben hat.
Überraschend neue Töne schlugen alle drei Hitler-Chronisten an: Hauner, Bruppacher und Sandner erwähnen immerhin schon Hitlers Schnitt-Zeit in Pasewalk und berichten davon, dass Oktober/November 1918 eine Hypnose Hitlers durch einen Militärpsychiater stattgefunden hat. Das ist ein Lichtblick, weil die Chronisten – im Gegensatz zu sämtlichen Biografen – die beiden Pioniere Lewis und Horstmann in ihre Hitler-von-Tag-zu-Tag-Revues einarbeiteten. Jedoch: In dem Gewirr von Unklarheiten über Hitlers Bruch-Zeit der Pasewalker Wesensveränderung machen die beiden ersten unternommenen Versuche von David Lewis (2003) und Bernhard Horstmann (2004), Licht in Hitlers Pasewalk zu bringen, einen niederschmetternden Eindruck, den auch kein Chronist reparieren konnte. Denn die Autoren warten mit einem »Kraut und Rüben« von echter Recherche und – in der Geschichtswissenschaft verpönten – »Vermutungen«, »Annahmen« und fantasierten Verstiegenheiten auf. Nach den Publikationen von Lewis und Horstmann gibt es immer noch kein Licht über Pasewalk.
Das ursprünglich beabsichtigte kurze Themen-Buch über Hitlers Wesensveränderung musste ad acta gelegt und in eine Spezial-Untersuchung eingestiegen werden. Deren Anspruch: Nicht mit einer einzigen Vermutung sich im Raum der Darstellung einzurichten, sondern alles Konstatierte mit der Dokumentierung von Zeugnissen und Zeugenaussagen zu beweisen. Das Unternehmen führte zu einer fast siebenjährigen Nonstop-»Feldforschung« auf ganz anderen »Feldern«, als zuvor die Serienkiller-Forschung unternommen worden war. Das Wagnis wurde belohnt mit einer Vielzahl von überraschenden Entdeckungen, die oftmals dazu führten, dass viele Passagen im Text mehrmals verfasst werden mussten, jeweils dann, wenn sich neue Erkenntnisse aus neuen Funden ergaben.
Höhepunkt: Im vierten Jahr der Recherche das Ergebnis – Hitler war nicht blind, wie er es in Mein Kampf und weitere fünfmal behauptete und im Dritten Reich seine Mit-Propagandisten achtmal lügen ließ. Hitler litt nicht einmal an Augenproblemen. Seine »Gasvergiftung« am Ende des Ersten Weltkriegs hatte sich auf die feine Muskulatur seines Kehlkopfes ausgewirkt. Hitler war stumm, und das auch noch real und nicht funktionell. Die Giftgas-Verletzungsfolge »stumm«