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Bett den wollenen Gürtel Ssergejs auf und hielt ihn ihr vor die Augen.

      Katerina Lwowna verlor gar nicht die Fassung.

      »Ich habe ihn im Garten gefunden und mir damit den Rock festgebunden.«

      »So, so!« sagte Sinowij Borissowitsch mit eigentümlicher Betonung. »Von Ihren Röcken haben wir ja auch manches gehört.«

      »Was haben Sie gehört?«

      »Manches von Ihren Heldentaten!«

      »Ich weiß nichts von Heldentaten.«

      »Das werden wir alles untersuchen«, antwortete Sinowij Borissowitsch, der Frau seine geleerte Teetasse zuschiebend.

      »Wir werden alle Ihre Taten ans Licht bringen«, sagte Sinowij Borissowitsch nach einer langen Pause, die Brauen runzelnd.

      »Ihre Katerina Lwowna ist gar nicht so furchtsam. Sie hat keine Angst davor«, antwortet sie.

      »Was?!« herrschte sie Sinowij Borissowitsch mit erhobener Stimme an.

      »Nichts, ist schon vorbei«, antwortete die Frau.

      »Du, paß auf! Du bist mir hier allzu gesprächig geworden!«

      »Warum soll ich auch nicht gesprächig sein?« erwiderte Katerina Lwowna.

      »Hättest doch mehr acht auf dein Benehmen gegeben!«

      »Das brauche ich nicht. Ich kann gar nicht wissen, was die bösen Zungen über mich alles gesagt haben, und nun muß ich alle diese Schimpfreden über mich ergehen lassen. Das ist doch wirklich unerhört!«

      »Ich spreche nicht von den bösen Zungen, mir sind aber alle Ihre Liebesabenteuer bekannt.«

      »Was für Liebesabenteuer?« schrie Katerina Lwowna in aufrichtigem Zorne auf.

      »Das weiß ich schon selbst.«

      »Und wenn Sie es wissen, so sagen Sie es mir bitte!«

      Sinowij Borissowitsch antwortete nichts und schob der Frau wieder die geleerte Tasse hin.

      »Offenbar wissen Sie selbst nicht, was zu sagen«, sagte Katerina Lwowna verachtungsvoll und warf wütend den Teelöffel in die leere Tasse des Mannes. »Nun, sagen Sie einmal, was Sie gehört haben? Wer soll mein Geliebter sein?«

      »Keine Eile, Sie werden es schon hören.«

      »Hat man Ihnen vielleicht etwas von Ssergej gesagt?«

      »Das werden wir bald alles erfahren, Katerina Lwowna. Niemand hat mir noch meine Gewalt über Sie genommen und niemand kann sie mir nehmen ... Sie werden bald selbst alles sagen ...«

      »Ach! Das kann ich nicht leiden!« schrie Katerina Lwowna, mit den Zähnen knirschend, auf, wurde kreideblaß und sprang plötzlich durch die Türe hinaus.

      »Da ist er!« sagte sie nach wenigen Augenblicken, Ssergej bei der Hand ins Zimmer führend. »Fragen Sie ihn und mich aus. Vielleicht wirst du sogar etwas mehr erfahren, als dir lieb ist.«

      Sinowij Borissowitsch war ganz bestürzt. Er blickte bald Ssergej an, der an der Schwelle stand, bald seine Frau, die ruhig, mit gekreuzten Armen auf dem Bettrande saß, und wußte gar nicht, womit das alles enden sollte.

      »Was hast du vor, du Schlange?« brachte er mit Mühe hervor, ohne vom Sessel aufzustehen.

      »Frage mich nun aus, was du so gut weißt«, antwortete Katerina Lwowna frech. »Du willst mich mit Schlägen einschüchtern«, fuhr sie fort, bedeutungsvoll mit den Augen zwinkernd. »Das wird niemals sein! Was ich aber vielleicht noch vor allen deinen Drohungen über dich beschlossen habe, das werde ich jetzt tun.«

      »Was? Hinaus!« schrie Sinowij Borissowitsch Ssergej an.

      »Warum nicht gar!« höhnte Katerina Lwowna.

      Sie sperrte schnell die Türe zu, steckte den Schlüssel in die Tasche und legte sich wieder in ihrer offenen Jacke aufs Bett.

      »Nun, Sserjoscha, mein Liebster, komm einmal her!« rief sie den Burschen zu sich heran.

      Ssergej schüttelte seinen Lockenkopf und setzte sich kühn neben die Hausfrau.

      »Mein Gott! Was ist denn das? Was wollt ihr, ihr Barbaren?!« schrie Sinowij Borissowitsch, ganz rot vor Zorn, sich vom Sessel erhebend.

      »Wie? Paßt dir das nicht? Schau nur, schau nur, mein Liebster, wie schön das ist!«

      Katerina Lwowna lachte auf und küßte vor den Augen ihres Mannes Ssergej mit großer Leidenschaft.

      Im gleichen Augenblick brannte auf ihrer Wange ein betäubender Schlag, und Sinowij Borissowitsch stürzte ans offene Fenster.

      VIII

       Inhaltsverzeichnis

      »Ach so! ... Ich danke dir, lieber Freund: nur darauf habe ich gewartet!« schrie Katerina Lwowna auf. »Nun wird es wohl weder nach meinem noch nach deinem Willen gehen ...«

      Mit einem Ruck stieß sie Ssergej von sich, stürzte sich auf den Mann, packte ihn, noch ehe Sinowij Borissowitsch das Fenster erreicht hatte, mit ihren feinen Fingern an der Kehle und warf ihn wie eine Hanfgarbe zu Boden.

      Sinowij Borissowitsch schlug sich mit dem Nacken am Fußboden an und wurde ganz wahnsinnig vor Entsetzen. Ein so schnelles Ende hatte er nicht erwartet. Die erste Gewalttätigkeit seiner Frau gegen ihn zeigte ihm, daß sie zu allem entschlossen sei, um ihn loszuwerden, und daß er sich in höchster Gefahr befinde. Sinowij Borissowitsch hatte das alles blitzartig im Augenblick seines Sturzes erfaßt; er schrie nicht einmal auf, denn er wußte, daß seine Stimme kein Ohr erreichen und die Sache nur noch beschleunigen würde. Er ließ seinen Blick schweigend um sich schweifen, und richtete ihn zuletzt mit einem Ausdruck von Haß, Vorwurf und Schmerz auf seine Frau, deren feine Finger seine Kehle zusammenpreßten.

      Sinowij Borissowitsch wehrte sich nicht, seine Arme mit den geballten Fäusten lagen ausgestreckt da und zuckten wie in einem Krampfe. Der eine Arm war frei, den andern hatte Katerina Lwowna mit dem Knie gegen den Boden gedrückt.

      »Halt ihn einmal fest,« flüsterte sie gleichgültig Ssergej zu und wandte sich wieder zum Mann.

      Ssergej setzte sich rittlings auf seinen Herrn und drückte dessen beide Hände mit den Knien gegen den Boden. Er wollte ihn unter den Händen Katerina Lwownas an der Kehle fassen, schrie aber in diesem selben Augenblick selbst wahnsinnig auf. Als Sinowij Borissowitsch seinen Todfeind so nahe vor sich sah, nahm er seine letzten Kräfte zusammen: mit einem verzweifelten Ruck befreite er seine Hände unter Ssergejs Knie, packte ihn an den schwarzen Locken und biß sich wie ein wildes Tier in seine Kehle fest. Dies dauerte aber nur wenige Augenblicke; Sinowij Borissowitsch stöhnte schwer auf, und sein Kopf fiel wieder zurück.

      Katerina Lwowna stand blaß, fast ohne zu atmen über den Mann und den Geliebten gebeugt; in der rechten Hand hielt sie einen schweren gegossenen Leuchter am oberen Ende, so daß der schwere Fuß nach unten gerichtet war. Über die Schläfe und Wange Sinowij Borissowitschs rieselte ein dünnes Bächlein hellroten Blutes.

      »Einen Popen ...« stöhnte Sinowij Borissowitsch dumpf, den Kopf voller Ekel so weit es ging vor dem auf ihm sitzenden Ssergej zurückwerfend. »Beichten ...« sagte er noch dumpfer, am ganzen Leibe zitternd und auf das über sein Gesicht fließende warme Blut schielend.

      »Bist auch ohne Beichte gut,« flüsterte Katerina Lwowna.

      »Mach keine langen Geschichten,« sagte sie zu Ssergej. »Pack ihn einmal ordentlich an der Gurgel.«

      Sinowij Borissowitsch röchelte.

      Katerina Lwowna beugte sich über ihn, preßte mit ihren Händen Ssergejs Hände, die die Kehle ihres Mannes umklammerten, noch fester zusammen und drückte ihr Ohr an dessen Brust. Nach fünf stummen Minuten stand sie auf und sagte:

      »Es

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