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ihren Cappuccinos wieder und zog sich dann zurück.

      Rhys legte eine Hand um die Tasse. »Meine Familie war siebzehn Jahre lang perfekt. Eine Mutter, die mich singen und tanzen lassen hat, mich die Kunst entdecken lassen hat, bis ich gefunden habe, was ich liebe. Ein Vater, der mir beigebracht hat, wie man Baseball spielt und zu jedem meiner Footballspiele gegangen ist.« Er versuchte, die Bitterkeit aus seiner Stimme zu halten, doch versagte.

      »Und dann?« Silas' Stimme war sanft.

      Das überraschte Rhys, aber schließlich überraschte ihn alles an Silas.

      Er atmete durch und fuhr fort. »Dad hat mich erwischt, wie ich mit einem anderen Jungen herumgemacht habe. Er hätte mich noch am selben Tag aus dem Haus geworfen, aber ich war siebzehn. Mom hat ihn nicht gelassen. An meinem achtzehnten Geburtstag hat er mir Pappkartons gekauft und mir gesagt, ich solle verschwinden. Das habe ich getan. Ich habe jahrelang mit keinem von beiden gesprochen.«

      Silas schien all die Informationen in sich aufzunehmen. Er nickte langsam. »Aber du hast dich mit deiner Mutter versöhnt.«

      »Ja. So viel das jetzt auch wert ist. Sie und Dad haben sich fünf Jahre, nachdem ich gegangen war, getrennt. Einen Monat später hat sie mich angerufen und mich angefleht, ihr zu vergeben.« Rhys nippte an seinem Kaffee. Es war eine unangenehme, schmerzhafte und wundervolle Unterhaltung gewesen. Aber jetzt war es – all die Ehrlichkeit und Offenheit im Tausch für diese paar Jahre – nichts mehr wert.

      »Und dein Vater?«

      »Oh, Derrick.« Rhys stieß ein bitteres Lachen aus. »Er hasst mich. Gibt mir die Schuld an der Scheidung. Wahrscheinlich auch an ihrem Krebs.« Er hielt inne. »Machst du immer noch diese Sache, die du machst?«

      »Illusionszauber«, sagte Silas. »Du kannst davon ausgehen, dass ich das mache, wenn wir nicht gerade alleine sind.«

      »Weil« – Rhys senkte seine Stimme – »ich darf dir nicht sagen, was ich dir gleich sagen werde. Das war die Abmachung. Aber du wirst mich nicht verstehen, wenn ich es nicht tue.«

      Silas neigte den Kopf zur Seite, sein Gesichtsausdruck wandelte sich zu intensiver Neugier. »Keiner wird es hören.«

      »Ich meine, könnte ein anderer Fae…« Rhys wedelte mit seiner Hand über den Tisch.

      »Ein anderer Fae könnte meinen Zauber durchschauen, ja. Aber es ist kein anderer meiner Art auf diesem Schiff. Ich wüsste, wenn es so wäre.«

      »Was ist mit jemandem wie mir?«

      Silas hielt inne und sprach, als würde er seine Worte sorgfältig abwägen. Selbst sein Akzent wurde deutlicher. »Ich glaube, dass du ziemlich einzigartig auf der Welt bist.«

      Rhys grübelte darüber nach. Einzigartig. Er schob die auftretenden Fragen beiseite. Eins nach dem anderen.

      »Neun Monate bevor ich geboren wurde, es war der letzte Abend einer Europatournee, hatte meine Mom eine Affäre mit irgend so einem Kerl, den sie getroffen hat, als sie nach dem Konzert Cocktails getrunken hat. Sie kam mit mir nach Hause. Hat niemandem davon erzählt.«

      »Aber sie wusste, dass sie von ihm schwanger war?«

      »Ja. Und anscheinend hat der Kerl herausgefunden, dass sie sein Kind bekommen hatte und hat ihr einen Haufen Geld bezahlt, damit sie nie jemandem etwas davon erzählt. Nicht einmal ihrem Ehemann. Oder ihrem Sohn.«

      Silas rutschte auf seinem Stuhl herum und beugte sich über seinen Kaffee. »So etwas zu tun, ist sehr merkwürdig.«

      Das war die Untertreibung des Jahres. »Es ist verdammt abscheulich, so was zu tun. Bei der Verlesung des Testaments musste ich nicht nur der Abscheu und der Wut des Mannes entgegentreten, von dem ich dachte, er wäre mein Vater, ich fand auch noch heraus, dass er überhaupt nicht mein Vater ist. Und dass der Kerl, der es ist, so wenig mit mir zu tun haben will, dass er bereit war, elf Millionen Dollar zu zahlen, damit ich niemals versuche, ihn ausfindig zu machen.« Rhys trank den Rest seines Kaffees. »Innerhalb von einer Stunde habe ich gelernt, dass alles, was ich über mein Leben wusste, eine Lüge war. Meine tote Mutter hat mir ins Gesicht gelogen und ich habe gleich zwei Väter, die lieber mich im Grab gesehen hätten.«

      Silas lehnte sich zurück und beobachtete Rhys, sagte jedoch nichts.

      Rhys fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und senkte seine Stimme. »Weißt du, das meiste von dem, was in der Zeitung steht, ist gequirlte Scheiße, aber manches nicht. Ich bin mit diesen Neuigkeiten nicht gut klargekommen. In Wien habe ich mein Auto sturzbetrunken gegen einen Springbrunnen gefahren. Hab mich fünf Tage lang in einem Hotelzimmer verkrochen, nur in meiner Unterwäsche. Hab einem Fotografen eine reingehauen.«

      Silas nickte. »Zorn. Verständlich.«

      »Aber das bin nicht ich. Ich war… am Boden zerstört. Zerbrochen. Wochenlang.« Rhys atmete tief ein. »Und dann habe ich dich getroffen.«

      »Und?« Ehrliche Neugier lag in der Stimme.

      »Ich habe mich wieder ganz gefühlt. Wie ich selbst.« Rhys lachte. »Und jetzt sagst du mir, dass du ein Fae bist, was so ziemlich alles zerstört, was ich über die ganze verfickte Welt weiß.«

      »Und?«

      »Ich fühle mich, als wäre alles genau richtig. Als wäre mein Leben gerade in die richtige Bahn gelenkt worden.«

      Kapitel 4

      Silas hätte mit Verwirrung, Verlangen oder gar Ärger umgehen können. Diese Gefühle verstand er. Aber nicht das. Nicht das.

      Ganzheit. Richtigkeit. Diese Worte durchdrangen ihn wie ein Spieß in den Magen. Scharf. Schnell.

      Seine Reaktion überraschte ihn noch mehr. Wärme. Zufriedenheit. Ein starker Beschützerinstinkt. Wenn Rhys das war, von dem Silas glaubte, dass er es war…

      Bei Merkurs Eiern. Sein Herz pochte.

      Vollständig. Zwei Schneiden eines Schwertes. Kameradschaft. Irgendwann Liebe?

      Nein. Er konnte sich Liebe nicht erlauben. Dieses verfluchte Gefühl hatte ihn einmal fast zerstört. Stattdessen alle getötet, die ihm etwas bedeutet hatten. Nie wieder. Fae liebten zu tief, für eine zu lange Zeit.

      Als Rhys' Lächeln erlosch und sich Entsetzen auf seinem Gesicht ausbreitete, wusste Silas, dass er seinen Gesichtsausdruck nicht unter Kontrolle gehabt hatte.

      »Ich hätte nichts sagen sollen.« Er versuchte, sich zu erheben.

      »Rhys, es ist nicht das, was du denkst.« Sonnenuntergang. Eis in seinen Knochen. Die Zeit lief ihm davon. Er wünschte alle Götter und ihre Kinder in die Dunkelheit. »Bitte… gib mir einen Moment.«

      Schmerz in diesen Augen, doch Rhys blieb sitzen.

      Silas fand keine Worte, zumindest nicht in einer Sprache, die Rhys verstehen würde. Silas legte eine Hand auf den Tisch und starrte seine Finger an. Er konnte seit Jahrhunderten Englisch, hatte es häufiger gesprochen als jede andere Sprache. Aber ernste Angelegenheiten? Sie brachten ihn immer nach Hause.

      Er fand die passenden Worte und übersetzte sie. »Ich möchte, dass du glücklich bist, Rhys. Ich merke, dass ich sehen möchte, dass du es bist.«

      Rhys beruhigte sich. Überraschung ersetzte den Schmerz.

      »Das ist ein sehr ungewöhnliches Verhalten für mich«, erklärte Silas.

      »Was, Sterbliche zu verführen?«, fragte Rhys. »Ich dachte, das wäre etwas, das Fae tun?«

      Bei der Frage musste er auflachen. »Et tu?« Er schüttelte den Kopf. »Ich schätze, das stimmt. Ja. Aber ich führe sie nicht zum Essen aus.«

      »Oder bläst ihnen einen.«

      Dieses verdammte verschmitzte Grinsen. Silas wollte Rhys' Lippen noch immer um seinen Schwanz sehen. Oder sonst wo auf seinem Körper. »Auch wahr.«

      Rhys rutschte auf seinem Stuhl herum. »Also lade ich dich jetzt in meine Kabine ein oder sollen

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