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deine freie Zeit lieber mit Amalia und Frederic.«

      »Die kommen schon nicht zu kurz, doch wenn du mich nicht da oben brauchst, Arbeit ist hinreichend da. Es waren noch nie zuvor so viele Gäste zum Essen da, ich mein nicht nur die Busse, die mir ganze Scharen von Gästen bescheren. Es scheint sich immer mehr herumzusprechen, wie wunderschön unser verträumtes Fahrenbach ist, wie herrlich die Umgebung, in der man wandern und radeln kann, und der See. Etwas Schöneres gibt es weit und breit nicht. Unberührte Natur pur. Das wollen sich mittlerweile sogar die Schicki-Mickis ansehen, die allerdings ihre prachtvollen Autos vorn auf dem Parkplatz abstellen müssen, was dazu führt, dass sie allenfalls ein paar Meter bis zum See zurücklegen, um mal aufs Wasser zu sehen.«

      »Und die Frauen können auf ihren hohen Absätzen auch nicht weit laufen. Für die ist einmal Wasser gucken auch okay, denn es gibt kein spektakuläres Restaurant oder Café, wo man gesehen wird. Ehrlich gesagt, meinetwegen können sie wegbleiben, wenn zu viele von ihnen kommen, dann gibt es nur Unruhe. Gegen die Wanderer und Radfahrer habe ich nichts einzuwenden, denn die kommen, um sich an den Tieren und der Natur zu erfreuen, und die sind auch nicht laut. Das sind dann vermutlich auch deine Gäste, denn sonst gibt es ja nichts, abgesehen einmal von dem Italiener oben im Neubau-Gebiet.«

      »Der hat aber tagsüber nicht auf, hat sich wohl nicht gelohnt. Aber was soll man da oben auch besichtigen. Die neuen Häuser? Den Supermarkt? Abends, wenn er seine Pforten öffnet, sind die Wanderer und Radfahrer längst weg. Du hast schon recht, Bettina, ich bin die Gewinnerin, mir beschert das Mehr an Menschen ein gutes Geschäft. Das macht mich einesteils froh, andererseits weiß ich natürlich auch, dass es was aus unserem Fahrenbach macht, das immer mehr von seiner Beschaulichkeit verliert. Aber wir können den Zug der Zeit nicht aufhalten. Den letzten Bauernhof, der zu erwerben war, hat Markus gekauft und wohnt jetzt mit seiner Familie darin. Er ist erhalten geblieben, schöner geworden durch die liebevolle Restaurierung.

      Wenn nun der Nächste den Verlockungen des Geldes erliegt und verkauft, weil ringsum alles Bauland geworden ist? Die Immobilienhaie umkreisen das Dorf noch immer wie gierige Geier, und der eine oder andere wird bestimmt noch schwach und verkauft. Das können wir nicht verhindern, weil wir selbst nicht alles aufkaufen können, und wenn dann nochmals so ein Neubaugebiet entsteht … Der Gedanke ist nicht prickelnd … Der Huberhof lag ein wenig abseits, die neuen Häuser, der Supermarkt und das Restaurant tangieren uns nicht so. Die anderen Höfe liegen näher am Ort. Du bist nicht betroffen, weil du da oben mit deinem Fahrenbach-Hof dein eigenes, kleines Königreich hast und genug Land besitzt, dass sich dir keiner vor die Nase setzen kann …, aber vielleicht haben wir auch Glück. Einige der neuen Hausbesitzer haben sich ja ganz gehörig verspekuliert, die darauf setzten, Fahrenbach würde auch so was wie Bad Helmbach. Noch ist deren Rechnung nicht aufgegangen.«

      »Und wird sie auch nicht«, wandte Bettina ein. »Die Hauptattraktion Fahrenbachs ist der See, und der gehört zum Glück mir …, uns«, korrigierte sie sich sofort, denn sie würde ihren Besitz ja mit Thomas teilen, im Grunde genommen tat sie das schon jetzt, es war nur noch nicht amtlich besiegelt.

      »Ja, das ist das Ass, das wir im Ärmel haben, Markus, du und ich … Uns gehört das meiste Land, und zum Glück sind wir uns einig, dass keiner von uns auch nur ein Stückchen davon verkaufen wird. Ein Wackelkandidat ist für mich allerdings der Fänger. Der dreht da ein Ding, das mir nicht ganz koscher ist. Ich frage mich nämlich, warum er auf einmal all seine Rinder verkauft hat. Mit Viehzucht hat er sein Geld verdient.«

      »Ja, aber Leni und Arno hat er gesagt, dass ihm das alles zu viel an Arbeit ist, seit seine Tochter weggezogen ist. Er will den Hof aber für seinen Sohn erhalten.«

      »Wollte der Huber auch, und dann hat er Knall auf Fall verkauft, ohne jemandem etwas zu sagen, nachdem er erfahren hatte, dass sein Sohn in Australien bleiben wird.«

      Bettina hatte keine Lust mehr auf solche Spekulationen, die ja doch nichts bringen würden, und auch wenn sie sich anfangs dagegen gewehrt hatte, mittlerweile war sie bereit, Veränderungen hinzunehmen. Die waren ja nicht immer allesamt schlecht. Ihr ehemaliges Gesindehaus war in einem Dornröschenschlaf gelegen, jetzt war es ein wunderschönes Appartementhaus, das nahezu ausgebucht war und schneller als gedacht die Investitionen zurückbringen würde.

      »Linde, noch steht nichts an. Wenn uns etwas zu Ohren kommen sollte, können Markus, du und ich überlegen, ob es Sinn macht, ein Angebot abzugeben, um zu verhindern, dass viele neue Häuser gebaut werden wie auf dem ehemaligen Huber-Hof. Wenn es wieder jemand klammheimlich macht wie der Huber und wir vor vollendete Tatsachen gestellt werden, können wir eh nichts tun … Die Gemeinde müsste halt beschließen, dass solche Großprojekte nicht verwirklicht werden dürfen. Aber die arbeitete gegen uns, die haben ja fast alle Grundstücke zu Bauland erklärt, weil sie aus Fahrenbach so was machen wollen wie Bad Helmbach, um ganz ordentlich Steuern kassieren zu können.«

      »Ja, das ist es. Aber eines weiß ich, wäre dein Vater noch am Leben, der hätte das nicht zugelassen.«

      »Linde, Papa hat doch überhaupt nicht mehr in Fahrenbach gewohnt, sondern kam nur hier und da mal her.«

      »Aber seine Stimme hatte in der Gemeinde Gewicht. Hermann Fahrenbach war noch immer der erste Bürger der Gemeinde, weil er nämlich auch das Wichtigste und Beste in die Waagschale zu werfen hatte, den See und die Kapelle … Du könntest in seine Fußstapfen treten, denn du bist schließlich seine Erbin, und wenn du, was du kannst, den Zugang zum See sperrst, dann sind sie alle gelackmeiert.«

      Bettina musste lachen.

      »Hör auf, erstens würde ich das nicht tun, und zweitens habe ich keine Lust, in irgendwelchen Gemeinderäten oder so was zu sitzen oder mich herumzustreiten. Vielleicht hat Thomas ja Lust dazu, ein Wörtchen mitzureden. Als mein Mann ist er nicht weniger wichtig. Aber das muss er allein entscheiden, und wie ich ihn kenne, kümmert er sich lieber um die Stiftung meines Vaters, für die er schon sehr viele Verbesserungen erreicht hat.«

      »Ja, aber Thomas liegt Fahrenbach auch sehr am Herzen«, widersprach Linde. »Und er ist bei den Fahrenbachern angesehen, er ist hier aufgewachsen, seine Eltern waren sehr beliebt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er mitmischt, Markus tut es zwar auch, aber nur halbherzig, und das bringt nichts.«

      »Ach, sag das nicht, er hat auch das alte Haus am Marktplatz gekauft, ohne einen Verwendungszweck dafür zu haben. Aus der Kinderarztpraxis wird es ja nun nichts, weil Yvonne sich um die Erziehung der kleinen Bettina kümmern will und allenfalls nur noch kurze Jobs für Ärzte ohne Grenzen in irgendwelchen Ländern annehmen will. Der Job in Malawi hat ihr sehr gut gefallen, und da war sie immerhin mittlerweile bereits zwei Mal.«

      »Irgendwann wird Markus schon einen Verwendungszweck für das Haus finden, und ich schwöre dir, er wird gut dabei verdienen. Was Markus anfasst, macht er zu Geld.«

      »Er arbeitet auch fleißig«, wandte Bettina ein.

      »Ach, und wir, tun wir das nicht?«, wollte Linde wissen.

      »Klar tun wir das auch. Wir sind halt so erzogen worden, dass von nichts nichts kommt und dass man seine Pflicht tun muss.«

      »Stimmt, Markus, du, ich, Martin, wir sind aus diesem Holz geschnitzt. Aber deine Geschwister? Tut mir leid, die müssen da was nicht mitbekommen haben. Na ja, vielleicht bis auf Jörg, der kriegt allmählich die Kurve.«

      »Stop«, rief Bettina, »das ist jetzt der Augenblick für mich, das Gespräch zu beenden. Ich habe nämlich jetzt überhaupt keine Lust, über meine Geschwister zu reden. Außerdem bin ich müde, mein Fuß schmerzt. Es wird Zeit, dass ich die Horizontale einnehme und mich noch mit einem Schmerzmittel dope. So viele Pillen wie heute habe ich in den letzten drei Jahren nicht geschluckt. Aber es ist mir egal, die Schmerzen sind mit Tabletten noch stark genug, ich habe keine Lust auszuprobieren, wie es ohne ist. Heldenhaft bin ich nämlich nicht. Freilich, wenn Tom hier wäre …«

      »Der hat auch keine magischen Kräfte«, wurde sie von Linde unterbrochen, »er könnte dich bedauern, dir liebevoll das Händchen streicheln, den Schmerz nehmen könnte er dir nicht. Also, liebste Freundin, hab kein schlechtes Gewissen, schluck deine Pille, dann kannst du wenigstens davon ausgehen, gut schlafen zu können. Dann bist du morgen fit und trittst deinem

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