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alt genug, um hier mitzuspielen«, gab sie zurück. »Ich finde es gut, dass es Plattformen speziell für Leute … äh … unseres Alters gibt.«

      »Freut mich, dass dich diese Tatsache so freut. Offenbar hast du vor, Okko gegen was Frisches austauschen«, sagte ich amüsiert, und sie schüttelte lachend den Kopf.

      »Nicht ablenken, Schätzchen. Hier geht es einzig und allein um dich.«

      Sie hatte ja recht – es konnte nicht schaden, mich mal unverbindlich umzusehen. Die Chancen, meinen Traummann unter meinen Arbeitskollegen zu finden, waren denkbar gering, das musste ich zugeben. Wie sollte das bei mir auch funktionieren? Ich arbeitete in einem Callcenter mit Sexhotline, und das beinahe ausschließlich unter Frauen.

      Die Möglichkeit, dass es zwischen Kunde und Dienstleisterin jemals funken könnte, war auch nicht gegeben. Das Ganze war eine Einbahnstraße: Die Damen an der Strippe erledigten ihren Job professionell und ohne Gefühle zu investieren.

      Kaum vorstellbar, dass sich eine meiner Kolleginnen – oder ich selbst – jemals in Deckhengst69 oder in BigBoss1980 verknallen würde. Umgekehrt sah das schon anders aus, denn manche der Anrufer nahmen die geheuchelte Leidenschaft für bare Münze. Zumindest war das vereinzelt schon vorgekommen.

      Also blieb mir nur noch mein Boss Dennis, den ich zwar sehr mochte, aber nicht unbedingt als Mann an meiner Seite. Objektiv betrachtet, war er durchaus attraktiv: groß und sehnig mit kleinem, knackigem Hintern, außerdem großzügig, humorvoll und schlagfertig. Aber … Dennis? Unter diesem Aspekt hatte ich ihn noch nie betrachtet.

      Außerdem hatte ich erst letztens durch eine Reportage erfahren, dass der Arbeitsplatz als klassischer Hotspot für Beziehungsanbahnung längst vom Internet abgehängt worden war. Mittlerweile gab es einschlägige Plattformen nicht nur für jedes Alter und jede nur erdenkliche Variante von Partnerschaften, sondern auch von seriös bis hin zu unverhohlener Suche nach rein sexuellem, kurzfristigem Vergnügen.

      »Hallo? Bist du eingeschlafen?«, fragte Diana mich plötzlich. »Du bist ja völlig weggetreten.«

      »Nee, ich hab bloß nachgedacht«, erwiderte ich.

      Sie deutete auf dem Monitor, und ich sah, dass sie auf den Menüpunkt ›Profil anlegen‹ klickte. Eine kleine Eingabemaske erschien, und der Cursor blinkte auffordernd in einem leeren Feld, unter dem ›Bitte gib deinen Namen ein‹ stand.

      »Hoffentlich hast du über den geheimnisvollen Nickname nachgedacht, den du dir geben willst«, sagte Diana. »Ich nehme nicht an, dass du dein Profil unter deinem echten Namen anlegen willst.«

      Ups. Nein, das wollte ich tatsächlich nicht, dazu war mein Name viel zu … hm … besonders. Kaum vorstellbar, dass es im Ruhrgebiet noch eine zweite Frau gab, die Loretta Luchs hieß. So ein ungewöhnlicher Name war Fluch und Segen zugleich, wie ich im Laufe meines Lebens festgestellt hatte. Beinahe jeder erinnerte sich daran, wenn er ihn einmal gehört hatte.

      Das könnte die einmalige Gelegenheit sein, dieser Situation zu entwischen, ging mir plötzlich auf. Scheinbar nachdenklich sagte ich: »Ich muss mir also einen Nickname ausdenken. Leider habe ich gerade nicht den Hauch einer Idee. Wie ärgerlich. Aber weißt du was? Lass uns die Sache überschlafen. Bestimmt fällt uns morgen ein schöner Name ein.«

      Ich wollte den Laptop zuklappen, aber Diana schob meine Hand weg.

      »Netter Versuch, Loretta, aber nicht sehr überzeugend. Uns wird schon etwas einfallen. Los, denk nach. Du bist doch sonst nicht so fantasielos.«

      »Dann brauche ich noch mehr Alkohol«, murmelte ich ergeben und stand auf, um den Wein aus dem Kühlschrank zu holen.

      Während ich mich abmühte, die Flasche zu entkorken, hatte ich eine Eingebung. »Ich weiß, wie ich heißen will – Diana!«, rief ich aus der Küche zu ihr hinüber.

      Verblüfftes Schweigen, dann: »Bitte? Du willst meinen Namen benutzen?«

      Mit einem satten Plopp marschierte der Korken aus dem Flaschenhals, und ich ging zurück an den Esstisch. »Unsinn. Nicht ›Diana, meine Freundin‹, sondern ›Diana, Göttin der Jagd‹. Würde doch passen.«

      Sie schüttelte den Kopf. »Kommt nicht in die Tüte. Du wirst kein Profil unter meinem Namen anlegen.«

      »Nicht dein Name, sondern …«

      Diana hob die Hand, um mich zu unterbrechen. »Stopp. Wir denken uns etwas anderes aus, keine Diskussion.«

      Ich schenkte uns Wein nach und setzte mich wieder. Ein leises Geräusch ließ mich hoch zum Kratzbaum blicken: Baghiras Kopf erschien über dem Rand seines Schlafkörbchens. Er musterte uns einige Sekunden lang, dann kam er offenbar zu dem Schluss, dass am Tisch gerade nicht gegessen wurde und unsere Aktivitäten für ihn somit nur mäßig interessant waren, denn er verschwand wieder.

      Das war es doch! Ich sah Diana an und sagte: »Baghira.«

      Offenkundig verstand sie nicht, worauf ich hinauswollte. »Was ist mit ihm?«

      »Nichts. Er schläft. Aber wäre Baghira nicht ein perfekter Nickname?«

      »Himmel hilf. Wieso denkst du, dass für dich als Frau der Name eines männlichen Panthers perfekt wäre? Du musst immer an die Assoziationen denken, die der Name auslöst. Oder welche er auslösen könnte. Das Dschungelbuch gehört zur Popkultur unserer Generation. Menschen unseres Alters wissen, wer Baghira ist – ganz eindeutig ein Mann. Also: abgelehnt.«

      Ich nahm einen großen Schluck aus dem Weinglas. »Herrje, ist das anstrengend. Wie lange hocken wir hier jetzt schon? Eine Stunde? Zwei? Und wir sind noch keinen Schritt weitergekommen.«

      »Das liegt daran, dass du einen Namen brauchst, um das Profil anzulegen. Außerdem sind bisher gerade einmal zwanzig Minuten vergangen.«

      »Okay. Dann will ich Miss X heißen. Schreib hin: Miss X. Großes X, bitte.«

      Diana rollte derart heftig mit den Augen, dass ich befürchtete, sie könnten aus den Höhlen fallen und über den Tisch kollern. »Miss X? Bist du betrunken?«

      Ich hob das Glas und kicherte dämlich. »Ja, stell dir vor, das bin ich tatsächlich.«

      »Gut, das lasse ich als Entschuldigung gelten.« Sie prostete mir zu, trank einen Schluck und grinste. »Nichts für ungut, aber dank Madonna klingt Miss X nach nietenbesetzter Augenklappe und viel Leder. Und einer Peitsche. Das schürt Erwartungen, die du nicht erfüllen willst. Oder etwa doch? Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«

      Ich schüttelte den Kopf. »Nee. Und selbst wenn, bliebe die Frage, ob ich eventuelle diesbezügliche Vorlieben tatsächlich mit dir zu teilen hätte.«

      »Ich bin immerhin deine Freundin!«

      »Auch Freundinnen müssen nicht alles wissen, Schatz. Aber tatsächlich bin ich keine heimliche Domina. Ach, Mensch, warum ist das so kompliziert?«

      »Hm, du könntest dich natürlich auch Putzimausi, Naschkatze, Traumfrau oder dergleichen nennen.«

      »Eher möchte ich tot überm Zaun hängen.«

      Diana kicherte. »Das dachte ich mir schon. Außerdem verwette ich meinen Arsch, dass es davon schon etliche gibt. Und wer möchte schon Traumfrau128 sein?« Sie dachte einen Moment lang nach, dann hellte ihr Gesicht sich auf. »Hast du ein deutsch-englisches Wörterbuch?«

      Natürlich hatte ich eins. Gab es überhaupt Leute, die so etwas nicht besaßen? Ich holte es und gab es Diana.

      »Lu…, Lu…, Lu…«, murmelte sie, während sie mit dem Finger auf der letztlich aufgeschlagenen Seite nach unten fuhr. »Da … Luchs! Na, das klingt doch gar nicht schlecht!« Sie blickte mich triumphierend an. »Lynx. Luchs heißt auf Englisch lynx. Mit Ypsilon. Was denkst du?«

      »Lynx … aha. Lynx. Tatsächlich nicht schlecht. Irgendwie mysteriös, oder? Wie wäre es mit Miss Lynx? Dann ist sofort klar, dass ich eine Frau bin.«

      »Ja,

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