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war mit dem Fagott Hof(n)er und Perwein neben den Oboisten auf dem Violinchor. Was mir sonderheitlich gefiel war daß, da die Oboen und Fagötte der Menschenstimme sehr nahe kommen, die Tutti eine pure, recht stark besetzte Vokalmusik zu sein schienen, indem die Sopran- und Altstimmen, durch die 6 Oboen und Altposaunen verstärkt, der Menge der Tenor- und Baßstimmen das rechte Gleichgewicht hielten und das pieno so majestätisch war, daß ich die Oboe-Solos ganz gerne hergeschenkt hätte ... noch muß ich anmerken, daß der Brunetti beim Ferlendis und der Wenzel Sadlo bei den Fagottisten, der Hafeneder71 aber bei den andern Oboisten rückwärts stunden, immer auf den Haydn sahen und ihnen den Takt auf die Achsel schlugen, sonst würde es manchmal, sonderheitlich in Fugen und bei laufenden Baß-Obligationen72, artig untereinander gegangen sein.

      Neben dieser kirchlichen Tätigkeit Mozarts geht eine rege instrumentale her. Daß die Instrumentalmusik zu jener Zeit ausschließlich Gelegenheitsmusik war, wurde bereits bemerkt. Im geselligen Leben der vornehmen und reichen Leute spielte die Hauptrolle die Musik, die die angestellten Musiker zu liefern und die Privatkapellen auszuführen hatten. Nicht allein zu besonderen Gelegenheiten, wie z.B. zum Besuch von Standesgenossen, Familienfesten u. dgl., sondern auch für die geselligen Freuden des Alltags, wie z.B. die Tafel und die regelmäßigen abendlichen Zusammenkünfte, mußten die Komponisten mit Werken aufwarten, deren Hauptreiz eben in ihrer jeweiligen Neuheit bestand. Mit älteren, abgelegten Kompositionen war diesen hohen Herren nicht gedient, sie setzten vielmehr geradezu ihre Ehre darein, ihre Musiker durch beständige neue Aufträge zur Fruchtbarkeit zu zwingen. Selbst J. Haydn, dessen sinfonische Tätigkeit ihrem Umfang nach uns heutzutage ganz erstaunlich erscheint, mußte sich von seinem Fürsten 1765 die Mahnung gefallen lassen, "sich embsiger als bisher auf die Composition zu legen"73. Dabei begnügten sich die Auftraggeber keineswegs mit dem bloßen Zuhören, sondern wirkten, zum großen Teil als Virtuosen von recht achtbarem Können, häufig selbst in ihren Konzerten mit. Unter den zahlreichen fürstlichen Spielern der damals als Gesellschaftsinstrument besonders beliebten Flöte befanden sich neben Friedrich d. Gr. auch Markgraf Friedrich von Bayreuth, Herzog Karl von Kurland und Prinz Josef Friedrich von Hildburghausen74. Kurfürst Maximilian III. von Bayern spielte die Gambe, Kurfürst Karl Theodor Cello, Fürst Nikolaus Esterhazy Bariton, Erzherzog Maximilian Bratsche75. Erzbischof Hieronymus hatte, wie Kaiser Peter III. und Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, die Violine erwählt76, mit der er sich nach der Mittagstafel gerne allein unterhielt77, abends beteiligte er sich gleichfalls an den Konzertaufführungen seiner Kapelle. L. Mozart schreibt seinem Sohn, dem das Violinspielen in den Hofmusiken unangenehm war: "Das Violinspiel bei der ersten Sinfonie wirst Du wohl auch als Liebhaber, so wie der Erzbischof selbst, und itzt alle Cavalier, die mitspielen, Dir nicht zur Schande rechnen."78 Freilich verbesserte die Mitwirkung der Liebhaber das Spiel nicht immer79. Brunetti, der dem Erzbischof zur Seite stand, pflegte bei schwierigen Stellen, wie Neukomm erzählte, die Quinte unvermerkt herabzudrehen und zu stimmen; dem Italiener ließ Hieronymus das hingehen und sagte wohl, wenn solche Stellen kamen: "nun wird Brunetti stimmen." Mozart selbst hatte von der musikalischen Bildung seines Brotherrn nicht die günstigste Vorstellung. Er schreibt seinem Vater (Wien, 26. September 178180) von dem Bassisten Fischer, "welcher eine gewiß vortreffliche Baßstimme hat (ohngeacht der Erzbischof zu mir gesagt, er singe zu tief für einen Bassisten und ich ihm aber beteuert, er würde mit nächstem höher singen)".

      In diesen Konzerten pflegten Virtuosen eine Hauptrolle zu spielen; bei der Zusammensetzung der Kapelle wurde hierauf Bedacht genommen, fremde Künstler zugezogen, und in großen Städten diente die Teilnahme an Akademien, deren es täglich gab, für manche Virtuosen zum Lebensunterhalt81. Außerdem wurde viel Musik für Orchester aufgeführt, denn gewöhnlich wurde lange und viel musiziert82. Die musikalischen Soireen beim Grafen Firmian dauerten von fünf Uhr abends bis elf Uhr, in einer Akademie wurden einige Sinfonien von J.C. Bach und vier Sinfonien von Sammartini gespielt83, Dittersdorf mußte an einem Abend zwölf neue Violinkonzerte von Benda vortragen84; in dem Privatkonzert des Kurfürsten von Bayern hörte Burney zwei Sinfonien von Schwindl, eine Arie von Panzacchi, eine Szene der Kurfürstin von Sachsen, ein Trio für die Gambe vom Kurfürsten, eine Arie von Rauzzini, eine Arie von Guadagni, ein Gambensolo vom Kurfürsten vorgetragen; in einem Privatkonzert in Dresden gab es in jedem der beiden Teile eine Sinfonie, ein Violinkonzert, ein Flötenkonzert und ein Oboenkonzert85. Dabei war aber in der Regel auch für andere Unterhaltung durch Kartenspiel und Gespräch gesorgt. Erzbischof Hieronymus hatte übrigens die Zeit der Abendmusik beschränkt; L. Mozart schreibt seinem Sohne zu dessen Beruhigung (17. September 1778), sie daure gewöhnlich nur von 7 Uhr bis 81/4 und es pflegten nur vier Stücke gemacht zu werden, eine Sinfonie, eine Arie, wieder eine Sinfonie oder ein Konzert, noch eine Arie, – "und damit Addio"86.

      Die Direktion dieser Hofmusik teilten die Hofkompositeure mit dem Kapellmeister, Woche um Woche abwechselnd; dem jedesmaligen Dirigenten stand die Auswahl und Anordnung der aufzuführenden Musikstücke zu87, sofern nicht etwa ein höherer Wille unmittelbar bestimmte. Mozart hatte also schon durch die Stellung seines Vaters fortwährend Gelegenheit, seine Versuche in der Instrumentalkomposition zur Aufführung zu bringen. Auf neue Werke wurde, zumal bei festlichen Gelegenheiten88, besonderer Wert gelegt, wir verdanken somit die für unsere Begriffe sehr stattliche Zahl der Mozartschen Sinfonien demselben Brauch, der uns auch die Brandenburgischen Konzerte S. Bachs und die Sinfonien J. Haydns geschenkt hat; erst mit Beethoven zieht ein neuer Geist in die Komposition ein, der statt der Arbeit auf Bestellung für den Künstler volle Freiheit in Wahl und Ausführung seiner Stoffe in Anspruch nimmt. An der Durchschnittsfruchtbarkeit der damaligen Komponisten gemessen ist übrigens Mozarts Leistung der äußeren Menge nach noch bescheidener als die Haydns: ein Dutzend Sinfonien im Jahr galt damals keineswegs als Zeichen besonderen Fleißes.

      Dem Beispiel des Fürsten folgte in Salzburg, wie allerwärts, das wohlhabende und angesehene Bürgertum, das sich zu besonderen Anlässen ebenfalls seine Festmusiken bestellte. Den Beweis liefern Mozarts Haffner- und Andretterserenade und die Lodronschen Nachtmusiken. Es war somit kein Wunder, wenn auch jetzt in Mozarts Schaffen die Instrumentalmusik die erste Stelle einnimmt.

      Natürlich waren alle diese Werke auch insofern Gelegenheitskompositionen, als sie mit den zur Verfügung stehenden Kräften zu rechnen hatten89. Auch hierin war das Schicksal Mozart günstig: das uns bereits bekannte Salzburger Orchester stand zwar nicht in der vordersten Reihe der damaligen Kapellen, aber doch noch erheblich über dem Durchschnitt, und gerade Erzbischof Hieronymus scheint ihm besondere Sorgfalt zugewandt zu haben, weil ihm, wie Burney berichtet, der Vorwurf gemacht wurde, "daß ihre Exekution mehr rauh und rauschend, als delikat und im besten Geschmacke wäre"90. Schubart rühmt besonders die "blasenden Instrumente", namentlich Trompeter und Hornisten. 1770 bestand das Orchester91 für gewöhnlich aus etwa 10–12 Geigern und Bratschisten, 2–3 Cellisten und ebensovielen Bassisten, 3 Hornisten, 2–3 Oboisten (von denen 2 auch die Flöte bliesen), 3–4 Fagottisten und den genannten Chören der Posaunisten und Hof- und Feldtrompeter und -pauker. Bei festlichen Musiken war die Besetzung entsprechend stärker, viele Musiker wurden je nach Bedarf im Streicher- oder Bläserchor verwandt, und namentlich bei den Trompetern war die Mitwirkung als Violinisten oder Bratschisten die Grundbedingung ihrer Aufnahme. Schwieriger ist die Frage nach der Mitwirkung des Cembalos bei diesen Salzburger Sinfonien zu beantworten. Wir befinden uns ja hier in einer Übergangszeit, wo das alte Generalbaßinstrument allmählich aus dem Orchester zu verschwinden begann, nicht ohne daß an einzelnen Orten hier länger, dort kürzer geschwankt worden wäre. Wie methodisch Leopold Mozart dabei zu Werke ging, ist (S. 15) gezeigt worden. Wolfgang dagegen gibt so wenig wie Haydn eine Bezifferung mehr, nach Leopolds Vorgang würde er also nicht mehr auf das Cembalo gerechnet haben. Das ist indessen im Hinblick auf den Stil seiner Werke vor den italienischen Reisen sehr unwahrscheinlich92. Einige Anhaltspunkte geben der mehrfach erwähnte Bericht L. Mozarts, der Adlgasser und Lipp als Organisten und Cembalisten aufführt und ausdrücklich von ihrem "Akkompagnement in der Kammer" redet93, und einige Stellen seiner Briefe. Daß der "Mitridate" mit zwei Klavieren rechnet, lehrt der Brief vom 5. Januar 177194, über die Begleitung der Salzburger Instrumentalmusik dagegen liegt nur eine Briefstelle aus späterer

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