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zweiten Vierzeiler des Textes schon im zweiten Abschnitt des Hauptteils bringt und diesen mit den Merkmalen der früheren Mittelsätze, namentlich den harmonischen, ausstattet; der erste Teil wird dann meist variiert wiederholt. So entstand eine weit gedrängtere dreiteilige Form, die wir z.B. noch im "Idomeneo" finden58. Aber auch im inneren Bau beginnt sich ein neuer Geist zu regen. Schon im "Ricimero" (1759) treffen wir Anfangsritornelle mit zwei gegensätzlichen durch einen Halbschluß deutlich voneinander geschiedenen Themen (I 8, 10, III 5). Auch diese Neuerung hat Majo nicht geschaffen, wohl aber mit besonderer Vorliebe angewandt, und darin berührt er sich wiederum mit Chr. Bach, in dessen Sonaten wir dasselbe Verfahren beobachteten59, ein Beweis dafür, welche lebendige Wechselwirkung damals zwischen Gesangs- und Instrumentalformen bestand. Weist doch die gelegentliche Ausführung der Seitenthemen durch Soloinstrumente auch noch auf das Konzert hin60.

      Während Majo in der Koloratur Bach gegenüber noch die ältere, gemäßigte Art vertritt, zeigt seine Instrumentation neben echt dramatischen Zügen61 doch auch schon Zugeständnisse an den neuen, undramatischen Geist, besonders in den Arien mit konzertierenden Instrumenten, wo diese durch ihre virtuose Führung die Aufmerksamkeit des Hörers fast ganz auf sich ziehen62.

      Ungefähr dasselbe Bild wie bei Majo erhalten wir aus den ernsten Opern von B. Galuppi (1706–1785)63, nur mit weniger empfindsamem Grundton. Auch er schließt sich nach Inhalt und Form den älteren an; mit der Zweithemigkeit vieler seiner Ritornelle, z.B. schon in dem auch von Mozart gekannten "Demofoonte", hat er zeitlich sogar den Vortritt vor Majo.

      Einen merkwürdig rückständigen Charakter tragen selbst in dieser dramatischen Periode die Sinfonien. Seit Vinci herrscht in der alten Scarlattischen Form ein Geist anspruchsvollen Klingklangs, der zu den dramatischen Zielen der Hasse, Jommelli usw. in seltsamem Gegensatz steht. Der erste Satz beginnt meist mit Dreiklangsthemen, die sich häufig auf lärmenden Trommelbässen aufbauen:

       Hasse, Senocrita

       Terradellas, Merope64

       Jommelli, Ricimero

       Majo, Ipermestra65

      Das ist der Ton, den wir nicht allein in der Opern-, sondern auch in der Konzertsinfonie und Sonate bis tief in Mozarts Kunst hinein verfolgen können. Die besseren Meister, voran Jommelli66, suchten ihn wenigstens durch individuellere Seitenthemen (oft in Moll) etwas auszugleichen, wogegen auch bei ihnen die Durchführungen selten über ein nichtssagendes Musizieren hinauskommen. Die besten Sätze, die Andantes, sind entweder liedmäßig gehalten (oft mit Bläsersoli) oder sie spinnen sich aus einem ganghaften, kurzen Motiv heraus; die zweiteiligen Schlußsätze, meist im dreiteiligen Takt, ergehen sich gewöhnlich in oberflächlicher, lärmender Festfreude. Erst allmählich hat sich die Sinfonie, besonders nach ihrer Loslösung von der Oper, in Italien und namentlich in Deutschland von diesem Verfall erholt.

      Das Werk Jommellis und Traëttas überlebte seine Schöpfer nicht. Fast zur selben Zeit, da Gluck in Wien mit dem "Orfeo" den letzten Schritt auf ihrer Bahn tat und ein auch dichterisch neues Musikdrama schuf, begann das italienische Volk des dramatischen Tones in der Oper wieder einmal gründlich satt zu werden. Es war die Zeit, da Jommelli mit seinen letzten Opern in Neapel durchfiel. Auch die Komponisten verstanden die Zeichen der Zeit, zumal da es ja unter Metastasios schützendem Dache Raum für Gerechte und Ungerechte gab.

      Es ist müßig, zu fragen, was aus Mozarts italienischer Opernkunst geworden wäre, hätte sie an der Sonne Jommellis und Traëttas reifen können. Die Verhältnisse und der stets auf das Zugkräftige bedachte Vater trieben ihn von Anfang an ins Lager der Modernen, der "Neuneapolitaner"67, in deren Kunst der Geist der Vinci und Genossen eine glänzende Auferstehung feierte. Ihr Hauptmerkmal war, wie ehedem, das Überwiegen des Musikalischen über das Dramatische, des Sinnlichen über das Geistige. Auf dem Gebiet des Weichen, Anmutigen und Tändelnden gelang auch diesen Meistern, die durch die Bank über eine starke melodische Ader verfügten, noch mancher glückliche Wurf; wo die Musik jedoch, Gluckisch gesprochen, Blut ziehen soll, tritt an die Stelle des älteren dramatischen Ernstes eine rhetorische Mache, die mit allerhand anspruchsvollen Phrasen, Riesensprüngen, weit ausholenden Läufen und dgl. das mangelnde echte Pathos zu ersetzen sucht. Daß damit auch das Koloraturenunwesen, das selbst die Schule Hasses nicht zu bannen vermocht hatte, jetzt wieder um so üppiger ins Kraut schoß, ist nur natürlich. Aber auch das Seccorezitativ gerät reißend in Verfall, es wird formelhaft und leblos und verliert die Fühlung mit dem Gange des Dramas oft gänzlich. Ebenso sind von der früheren Chorherrlichkeit zunächst nur vereinzelte Nachzügler übriggeblieben. Freilich fehlt es auch dieser Schule nicht an großen Wirkungen, namentlich in den Arien, die sich formell nunmehr meist zu der zweiten der oben (S. 196) geschilderten Formen bekennen. Noch gelingen auch diesen Meistern Stücke von genialem melodischem Wurfe und vollendeter Gedankenarbeit, besonders das Orchester wird nicht allein reicher, sondern auch schmiegsamer als in der vorhergehenden Periode. Allerdings macht sich auch hier ein Zug zum äußerlichen Glanz bemerkbar: Arien mit virtuos geführten obligaten Instrumenten gehören zu den besonderen Lieblingen dieser Komponisten.

      Das erste Glied dieser Schule, das zugleich den größten Einfluß auf Mozarts Opernkunst gewinnen sollte, war Joh. Christian Bach68. Ihn mußte schon seine ganze Lebens- und Kunstanschauung ins Lager der Neuneapolitaner drängen69, und er ist darum auch einer der Hauptwortführer der ganzen Richtung geworden. Formell hat er allerdings mit seinem "Catone70" als treuer Schüler Hasses begonnen: die Form der alten Da-capo-Arie ist hier noch durchaus gewahrt71. Erst vom "Alessandro" (1762) ab dringen, zunächst vereinzelt, die beiden moderneren Formen ein, und auch später hat sich Bach nie auf eine davon festgelegt. Er wendet noch im "Temistocle" und "Lucio Silla" bald diese, bald jene an und verschmäht es nicht, mitunter sogar auf die alte Hassische zurückzugreifen. In die Arien mit verkürztem da capo aber bringt er dadurch einen neuen Zug, daß er bei der Wiederholung gelegentlich nicht mehr rein mechanisch die erste Hälfte des Hauptteils einfach wegläßt, sondern mit dem Hauptthema beginnt und dann erst im weiteren Verlaufe kürzt, so daß das da capo nunmehr eine gedrängte Übersicht über die Hauptgedanken des Satzes bringt. Mozart ist in seinen Jugendopern auf diese seelisch weit feiner begründete Form bald zurückgekommen.

      Im inneren Bau ist Bach, hierin offenbar dem Einflusse Majos folgend, ein Meister scharfer Gegensätze geworden und hat damit bei seinen Zeitgenossen und Nachfolgern, namentlich bei Mozart, die tiefsten Spuren hinterlassen. Vom "Alessandro" ab geht es sowohl in seinen Sinfonieallegros als auch in den großen Anfangsritornellen seiner Arien selten ohne scharf kontrastierende Seitenthemen72 ab, die obendrein zumeist noch durch nachdrückliche Halbschlüsse spannend vorbereitet werden. Daß sie in den älteren Werken noch mit Vorliebe Solo- oder Konzertinocharakter tragen, deutet auf den Einfluß des Instrumentalkonzerts hin.

      Auch im Ausdruck ist Bach schon in seinen ersten Opern der richtige Neuneapolitaner: gemacht und aufdringlich in seinem Pathos, ausschweifend in der Koloratur, dagegen meist echt und glücklich im Lieblichen und Zarten. Was Wohllaut und sinnliche Schönheit anbetrifft, ist er weit weniger zurückhaltend als der herbere Majo, es gelingen ihm hier mitunter Töne von wahrhaft berauschender Wirkung, die kein Zeitgenosse erreicht hat. Neben dem italienischen Wohllaut kündigt sich aber ein merkwürdig schwärmerischer, bisweilen verträumter Zug an, wohl der einzige, der in diesen Opern auf die deutsche Abkunft ihres Schöpfers hinweist. Hier stehen wir bereits hart vor den Toren Mozartscher Kunst. Man vergleiche z.B. gleich das Andantethema der Sinfonie zum "Catone":

      oder in

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