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u.a. war somit nur ein schwacher Trost. Besonders herzlich war die Aufnahme in dem befreundeten Mesmerschen Hause auf der Landstraße, wo noch immer eifrig musiziert wurde. Mesmer selbst hatte von Miß Davies22 die Glasharmonika spielen gelernt, und auch Mozart hat sich damals auf diesem Instrument versucht. Der Vater wünschte lebhaft, selbst eines zu besitzen23. Auch bei dem jungen Mesmer, der Schuldirektor geworden war, mußten sie dessen achtjährigen Hochzeitstag "hinausfressen".

      Das große Ereignis, das sie in Wien erlebten, war die Aufhebung des Jesuitenordens. L. Mozart, der mit lebhaftem Interesse die Auswanderung der Jesuiten verfolgt, meinte, viele gute Christen seien der Ansicht, daß der Papst außer in Glaubenssachen nichts zu befehlen habe, und daß man die Jesuiten in guter Ruhe gelassen hätte, wenn sie so arm wären wie die Kapuziner. In Rom habe man ihre Güter "ad pias causas" eingezogen, was sehr leicht sei, da das, was der Papst nehme, "ad pias causas" verwandt sei; der Kaiser habe auch das Breve so nicht angenommen, sondern sich Freiheit in der Verwendung des Jesuitenvermögens vorbehalten. Er meint auch, die Millionen, die man von den Jesuiten erhalte, würden den Appetit erwecken, noch ein paar andere Religionseinkünfte zu Leibe zu nehmen24.

      Ein trauriges Erlebnis war es für sie, als ein befreundeter Arzt aus Salzburg, Dr. Niderl, nach Wien kam, um sich am Stein operieren zu lassen und infolge der Operation starb.

      Wolfgang hatte sich Arbeit mitgenommen. Für ein Fest in der Andretterschen Familie hatte er übernommen, eine große Serenade, eine "Finalmusik", zu schreiben, die von Wien aus übersandt und unter Meißners Leitung Anfang August in Salzburg aufgeführt wurde (K.-V. 185, S. IX. 5). Sodann machte er sich daran, sechs Quartette (K.-V. 168–173, S. XIV. 8–13) zu schreiben, ungewiß, ob auf Bestellung25; auch fällt in diesen Herbst die erste Bearbeitung der beiden ersten Chöre zu König Thamos26. Bei den Jesuiten am Hof wurde noch in der Oktav des Ignatiustages (7. August) die P.-Dominikus-Messe (s.o.S. 136 ff.) unter L. Mozarts Direktion mit erstaunlichem Beifall aufgeführt. Die Theatiner luden sie zum Fest des heil. Cajetan zum Amt und zum Speisen ein, und weil die Orgel nichts nutz war, ein Konzert zu spielen, so entlehnte Wolfgang von seinem jungen Freund Teyber, dem Bruder der Sängerin Therese, eine Violine und ein Konzert und hatte die Keckheit, es auf der Violine vorzutragen. Es machte solchen Eindruck, daß im Jahre 1781 ein Laienbruder, dem Wolfgang sagte, er habe vor acht Jahren auf dem Chor ein Violinkonzert gespielt, ihn auf der Stelle mit Namen anredete27.

      Gelegenheit zu Geldeinnahmen bot sich nicht, und L. Mozart schrieb, je fetter sein Leib, um so magerer werde sein Geldbeutel; als er meldete, daß er Geld habe aufnehmen müssen, tröstete er seine Frau damit, das bedeute nur, daß er Geld nötig brauche und keinen Doktor. Übrigens habe er seine Gründe, weshalb er sich in Wien aufhalten müsse – "die Sache wird und muß sich ändern, seid getrost, Gott wird helfen"!28

      Indessen blieben alle seine Bemühungen, den Sohn von dem Salzburger "Frondienst" zu befreien, vorerst ohne jedes Ergebnis. Anfang Oktober trafen sie wieder in Salzburg ein. Trotzdem nahm Wolfgang aus Wien reiche künstlerische Eindrücke mit, deren Widerhall wir nach seiner gewohnten Art in seinen Werken wiederfinden. Vor allem kam er damals wieder mit der Oper in Berührung. Der Kampf zwischen der Partei Glucks und der Metastasios und Hasses hatte sich seit Mozarts letztem Besuch in Wien bedeutend verschärft; 1770 war Glucks drittes Reformwerk, "Paride ed Elena", wiederum von einem geharnischten Vorwort begleitet, in Szene gegangen, die "Iphigénie en Aulide" war bereits im Entstehen29. Aber auch die älteren Meister, namentlich Hasse und Traëtta, waren noch in frischer Erinnerung. Daneben blühte die opera buffa, und zwar sowohl in ihrer ursprünglichen Gestalt in Werken von Galuppi, Piccinni, Anfossi u.a., als auch in jener dem Wiener Wesen angenäherten Form, deren Hauptvertreter Gaßmann war30. Von jüngeren Talenten war soeben Ant. Salieri mit Erfolg hervorgetreten. Auch die Instrumentalmusik hatte einen glänzenden Aufschwung genommen. Neben den Älteren, wie Wagenseil, Starzer, Vanhall und Gaßmann, übernahm mehr und mehr Jos. Haydn die Führung. Auch in der Kirchenmusik gab es die mannigfaltigsten Anregungen, denn neben den modernsten Meistern kam auch noch der alte, "wahre" Kirchenstil zu Gehör31.

      Sicher datiert sind aus der folgenden Salzburger Zeit: zwei Messen in F- und D-Dur (K.-V. 192, 194, S.I. 6, 7), eine Marienlitanei (K.-V. 195, S. II. 3), zwei Psalmen zu einer Vesper (K.-V. 193, S. II. 5), eine D-Dur-Sinfonie (K.-V. 202, S. VIII. 30), ein Klavierkonzert in D-Dur (K.-V. 175, S. XVI. 5) und die Neubearbeitung eines wohl schon vor der Wiener Reise begonnenen Quintetts für Saiteninstrumente (K.-V. 174, S. XIII. 1). Eine ganze Reihe weiterer Orchesterwerke gehört ebenfalls in diese Zeit und ist nur deshalb im einzelnen schwierig zu bestimmen, weil das ursprünglich vorhandene Datum später von müßiger Hand mehr oder weniger unkenntlich gemacht wurde. Es sind verschiedene Sinfonien (K.-V. 199–201, S. VIII 27–29), zwei Serenaden (Divertimenti, K.-V. 203, 205, S. IX, 6, 21) und ein Konzert für Fagott in B-Dur (K.-V. 191, S. XII. 11), wenn man Andrés Notiz "a Salisburgo li 4 di Giugno 1774"32 Glauben schenken darf.

      So verlief der Rest des Jahres 1773 und das ganze folgende in den gewohnten Salzburger Geleisen33. Für den Karneval 1775 aber erhielt Mozart den Auftrag, für München eine komische Oper zu schreiben. Wahrscheinlich hatte der treffliche Fürstbischof von Chiemsee, Graf Ferdinand von Zeill, ein treuer Gönner Mozarts, der sich in Angelegenheiten des Erzbistums mehrere Jahre in München aufhielt, dabei mitgewirkt. Auch der Kurfürst Maximilian III. war ja schon in früheren Jahren lebhaft für Mozart eingetreten: ihm konnte es der Erzbischof von Salzburg nicht abschlagen, Wolfgang für die Oper zu beurlauben. Der Kurfürst hatte ein entschiedenes musikalisches Talent, durch eifrige Studien ausgebildet, er komponierte selbst Kirchenmusik und spielte namentlich die Gambe, wie Naumann einem Freunde schrieb, "göttlich"; Burney versichert, er habe nach dem berühmten Abel keinen so ausgezeichneten Gambisten gehört. Auch seine Schwester, die verwitwete Kurfürstin von Sachsen, Maria Antonia Walpurga, bekannt als Dichterin "Ernelinda Talea, pastorella Arcada", die sich damals zum Besuch in München aufhielt, war Sängerin und Komponistin selbstgedichteter italienischer Opern34. Es wurde daher in München für Orchester und Sänger in Oper und Kirche viel getan, obgleich die musikalischen Leistungen denen in Mannheim damals noch nachstanden35. Der Hof hielt häufig musikalische Akademien ab; was die Theateraufführungen anbetrifft, so teilten sich mit der opera seria die deutsche Komödie und die italienische opera buffa in seine Gunst36, beiden folgte regelmäßig ein Ballett, wobei namentlich auch die tragische Richtung des damals in Wien angestellten J.G. Noverre zu Worte kam37.

      Am 6. Dezember38 reiste Wolfgang mit seinem Vater nach München ab, wo sie eine kleine, aber bequeme Wohnung bei Joh. Nep. v. Pernat, "chanoine et grand custode de Notre-Dame", gefunden hatten, der ihnen mehr Höflichkeit und Ehre erwies, als sie zu verdienen glaubten, und in vielen Stücken seine Bequemlichkeit aus wahrer Freundschaft für sie aufopferte. Die Reise in der heftigen Kälte hatte trotz aller Vorsicht Wolfgang sein gewöhnliches Leiden in jungen Jahren, einseitiges Zahnweh, zugezogen, sodaß er mit geschwollener Backe eine Woche das Zimmer hüten mußte. Sie machten dann die Bekanntschaft der Personen, mit denen sie zu tun hatten, und fanden überall freundliches Entgegenkommen.

      Von seiner Oper hat Wolfgang jedenfalls einen Teil fertig nach München mitgebracht, Einzelheiten sind uns indessen nicht bekannt. Ohne Schwierigkeiten ging es auch bei dieser Aufführung nicht ab. Nach der ersten Probe wurde sie vom 29. Dezember auf den 5. Januar verschoben, wie der in diesem Falle wohl allzu optimistische Leopold schreibt, damit die Sänger ihre Partien besser lernen könnten, schließlich wurde die Aufführung sogar bis zum 13. Januar hinausgerückt. Auch sonst scheint an der Münchener Bühne eine ziemlich gespannte Luft geherrscht zu haben, denn L. Mozart schreibt39:

       Nun mußt Du wissen, daß der Maestro Tozzi, der heuer die opera seria schreibt40, vorm Jahre um eben diese Zeit eine opera buffa geschrieben, und sich so bemühet, solche gut zu schreiben, um die opera seria, die vorm Jahr der Maestro Sales schrieb41, niederzuschlagen, daß des Sales opera wirklich nicht mehr recht gefallen wollen. Nun ereignet sich der Zufall, daß des Wolfgangs opera eben vor der opera des Tozzi gemacht wird, und

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