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komm, gehen wir ins Ärztezimmer.«

      Aber Stefan zog es nun doch zuerst zur Intensivstation. Er kam gerade rechtzeitig, denn Jana schlug jetzt zum ersten Mal die Augen auf.

      »Mein Baby«, flüsterte sie schwach.

      »Alles in Ordnung, Frau Kemmerer«, beruhigte Stefan sie. »Ich habe Ihren kleinen Sohn mit einem Kaiserschnitt geholt. Anfangs gab es ein paar Probleme, aber jetzt geht es ihm gut. Ihr Mann ist bei ihm, und sobald es Ihnen bessergeht, dürfen er und der Kleine Sie besuchen.«

      Jana atmete erleichtert auf, dann fielen ihr die Augen wieder zu. Stefan blieb noch einen Moment neben ihrem Bett stehen, dann verließ er die Intensivstation wieder. Er wußte, daß Schwester Irmgard ein besonderes Auge auf die Patientin haben würde.

      Mit aller Macht zog es Stefan nun ins Ärztezimmer, weil er wußte, daß Dr. Parker ihm in der Zwischenzeit einen heißen Kaffee aufgebrüht haben würde, doch sein Pflichtbewußtsein den Patienten gegenüber war stärker, und so zwang er sich zu einem Rundgang durch die Station, aber hier war alles ruhig. Auch die Patienten, die Dr. Metzler ihm noch ans Herz gelegt hatte, schliefen, und so konnte sich Stefan schließlich beruhigt ins Ärztezimmer zurückziehen.

      Eine Tasse dampfenden Kaffees stand auf dem Tisch, und daneben lag ein Zettel von Dr. Parker.

      Bin gleich wieder zurück, um Dir Gesellschaft zu leisten.

      Stefan lächelte. Jeff war ein wirklicher Freund und dazu ein Mensch, auf den man sich blind verlassen konnte – sowohl im Beruf als auch privat.

      »Ich habe gehört, was du geleistet hast.«

      Stefan blickte auf und direkt in Alena Reintalers Gesicht. Sie sah abgekämpft aus, und das Gefühl, an allem, was passiert war, schuld zu sein, stand ihr ins Gesicht geschrieben.

      »Du kannst doch nichts dafür, Alena«, erklärte Stefan, doch die junge Gynäkologin schüttelte nur den Kopf.

      »Ich hatte Bereitschaft, und wenn ich in Steinhausen geblieben wäre…« Sie zögerte. »Ich fürchte, Wolfgang wird mich zur Verantwortung ziehen, und vermutlich komme ich auch nicht ungestraft davon, aber das ist dann nur recht und billig. Immerhin wäre ich schuld gewesen, wenn…«

      Stefan schüttelte den Kopf. »Es ist aber nichts passiert, und wenn es nach mir geht, muß Wolfgang nicht unbedingt etwas davon erfahren. Niemand wird dir Vorwürfe machen…«

      »Das mache ich schon selbst«, fiel Alena ihm ins Wort. »Und ich persönlich werde Wolfgang von dem Vorfall unterrichten.« Sie schwieg einen Moment und sah Stefan dann voller Bewunderung an. »In der Eingangshalle habe ich Jeff getroffen. Er hat mir erzählt, wie du diesen Kaiserschnitt gemacht hast.«

      Bescheiden winkte der junge Assistenzarzt ab. »Wenn Jeff nicht gewesen wäre, hätte ich vermutlich gar nicht erst damit angefangen.«

      »Doch, Stefan, das hättest du«, mischte sich Dr. Parker ein, der unbemerkt hereingekommen war. »Du bist nämlich viel zu sehr Arzt, als daß du eine Patientin in dieser Situation im Stich gelassen hättest.« Freundschaftlich legte er einen Arm um Stefans Schulter und lächelte ihn an. »Dein Vater kann stolz auf dich sein.«

      *

      Was Stefan in jener Nacht geleistet hatte, erfuhr Dr. Daniel dann auch schon an seinem Rückreisetag in Steinhausen. Stefan selbst hätte über seine Heldentat sicher Stillschweigen bewahrt, denn es gefiel ihm überhaupt nicht, daß diese Geschichte nun so sehr ins Licht gerückt wurde. Er war viel zu bescheiden, um sich auf das, was er da vollbracht hatte, etwas einzubilden.

      Auch die Tatsache, daß Alena für ihre Dienstverletzung gerügt worden war, paßte Stefan überhaupt nicht. Schließlich hatte er sie ja sogar noch gedrängt, zu dieser Geburtstagsfeier zu fahren. Wenn jemand die Schuld daran trug, daß er in jener Nacht allein in der Klinik gewesen war, dann doch er selbst und vielleicht das Gewitter, das die Telefonleitung zum Gröber-Hof beschädigt hatte. Aus diesem Grund waren nämlich auch Dr. Metzler und Dr. Scheibler nicht erreichbar gewesen.

      Doch das alles interessierte Dr. Daniel nur am Rande. Was für ihn zählte, war einzig die Tatsache, daß sich sein Sohn in dieser schwierigen Situation bewährt hatte.

      »Ich bin stolz auf dich, mein Junge«, erklärte er, und Stefan freute sich über dieses schlichte Lob mehr als über alles andere, was man ihm schon zuvor anerkannt hatte.

      »Ich habe versucht, das zu tun, was du in derselben Situation auch getan hättest«, meinte er schlicht. »Und ich glaube, es ist mir ganz gut gelungen. Der kleine Jürgen ist jedenfalls wohlauf, und Dr. Leitner ist sicher, daß er trotz der anfänglichen Atemschwierigkeiten keine Behinderung zurückbehalten wird. Frau Kemmerer hat sich auch schon mindestens tausendmal bei mir bedankt.« Er schwieg kurz. »Sie war ganz geknickt, weil sie wegen des Kaiserschnitts nicht auf Alena und mich gehört hatte.«

      Dr. Daniel nickte. »Mit dieser Halsstarrigkeit hat sie sich und vor allem das Baby in große Gefahr gebracht.« Er seufzte. »Aber ich selbst habe ja schon vor meinem Urlaub versucht, sie von der Notwendigkeit eines Kaiserschnitts zu überzeugen, doch das war vergebliche Liebesmüh’. Sie war fast schon besessen von dem Gedanken, ihr Baby normal zur Welt zu bringen.«

      Stefan nickte, dann lächelte er. »Wir reden hier nur von mir. Wie war denn eigentlich euer Urlaub? Habt ihr euch gut erholt?«

      »Erholt?« fragte Manon schmunzelnd, weil sie Stefans letzte Worte noch gehört hatte. »Das ist wohl nicht das richtige Wort, Stefan. Dein Vater hat natürlich gearbeitet.«

      »Du übertreibst!« wehrte Dr. Daniel energisch ab. »Ich habe nur versucht, einem jungen Ehepaar zu helfen und…«

      »Stefano!« Tessas glückliches Stimmchen fiel in Dr. Daniels Verteidigungsrede.

      Stefan bückte sich und fing die Kleine auf, dann schenkte er ihr ein strahlendes Lächeln.

      »Tessa, mein Goldspatz«, begrüßte er sie. »Ich hatte ja schon solche Sehnsucht nach dir.«

      Ganz fest schlang die Kleine ihre Ärmchen um Stefans Hals. »Ich auch, Stefano.« Dann strahlte sie wieder über das ganze Gesicht. »Gerade haben mir Mama und Karina mein Zimmer gezeigt. Die schöne Puppe mit dem blonden Haar… ist die vielleicht von dir?«

      Stefan nickte. »Gefällt sie dir?«

      »Und wie!« bekräftigte Tessa, umarmte Stefan noch einmal voller Innigkeit und wollte dann wieder auf den Boden zurück. Hier in der Villa gab es ja noch so viel zu schauen und zu entdecken!

      »Da kommt jetzt Leben in unser Haus«, meinte Stefan, als er dem eilig davonwieselnden Mädchen nachschaute.

      »Worauf du dich verlassen kannst«, stimmte Dr. Daniel zu, doch sein glückliches Lächeln bewies, wie sehr er sich schon darauf freute.

      *

      Mit sehr gemischten Gefühlen kamen Chiara und Elio Sandrini nach München. Das fremde Land und die Tatsache, daß sich Chiara hier einer komplizierten Operation unterziehen mußte, verunsicherten Elio sehr, während die junge Frau ihre Angst noch immer nicht ganz überwunden hatte. Nach wie vor war sie nicht sicher, ob sie Elio letzten Endes nicht doch verlieren würde, wenn die Operation nicht den gewünschten Erfolg bringen würde.

      Wie versprochen holte Dr. Daniel die Sandrinis vom Flughafen ab und brachte sie persönlich in die Klinik seines besten Freundes Dr. Georg Sommer. Dieser war dann auch schon darüber informiert, worum es bei Chiara ging. Auch die Röntgenbilder kannte er, und die Aufnahmen bereiteten ihm gewisse Kopfzerbrechen.

      »Ich will ganz offen sein«, meinte er, als er vor Chiara, Elio und Dr. Daniel dargelegt hatte, wie er bei dem Eingriff vorgehen würde. »Eine Garantie kann ich nicht geben. Die Verwachsungen sind leider ziemlich ausgeprägt, und ich bin auch nur ein Arzt.«

      »Aber einer der besten auf diesem Gebiet«, warf Dr. Daniel dazwischen.

      Dr. Sommer schwieg dazu. Er ließ sich nicht gern als Genie hinstellen, weil er das seiner Meinung nach gar nicht war. Er tat für seine Patienten, was er konnte, aber

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