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Deck so stark, daß sich kaum mehr jemand dem Feuer nähern konnte.

      „Die Männer müssen von Bord!“ bestimmte Hasard. „Lediglich ein kleines Kommando bleibt zurück.“

      „Sie sind verrückt!“ begehrte Pigatto auf. „Ebensogut könnten Sie das Schiff anbohren, um es sofort auf Grund zu setzen.“

      „Vielleicht werde ich das sogar tun“, sagte der Seewolf. „So abwegig ist der Gedanke gar nicht.“

      Der Capitán plusterte sich auf wie ein Gockel während der Balz.

      „Ein Ochsenfrosch ist nichts dagegen.“ Edwin Carberry wartete gespannt darauf, daß Pigatto mit lautem Knall platzte.

      Doch den Gefallen tat ihm der schwarzbärtige Spanier mit der Knubbelnase nicht. Brüllend begann er Luft abzulassen.

      „Sie sind eine Gefahr für den Konvoi, Capitán de Vilches. Sie behaupten, im Namen Seiner Majestät zu befehlen, aber Sie legen es darauf an, daß die ‚Respeto‘ sinkt. Sie sind ein Narr, dem wir alle viel zu lange Glauben geschenkt haben.“

      „Vorsichtig, Mann!“ warnte der Profos. Wer ihn kannte, der wußte, daß das Gewitter auf dem Fuß folgte.

      Miguel Pigatto kannte ihn nicht. Deshalb hörte er nicht auf zu brüllen.

      „Sie sind verantwortlich, wenn die Schätze der ‚Respeto‘ verlorengehen. Sie allein, de Vilches, weil Sie mich an der Ausübung meiner Pflicht hindern. Ich werde auf dem schnellsten Weg nach Spanien segeln und Sie anklagen …“

      Der Profos schlug zu. So plötzlich und unerwartet wie ein tropischer Hurrikan.

      Für den Kapitän war es, als schlage ein Blitz ein. Wahrscheinlich sah er auch viele bunte Sterne. Als Carberrys Faust sein Kinn traf, wurde er aus den Stiefeln gehoben und lernte fliegen. Leider stand der Großmast im Weg. Und Pigatto hatte hinten keine Augen. Deshalb spürte er das Hindernis erst, als er schon dagegenkrachte – sofern er zu dem Zeitpunkt überhaupt noch etwas spürte und nicht bereits die Englein singen hörte.

      „Hat er etwas gesagt?“ erkundigte sich der Profos fürsorglich.

      „Ich glaube – pfft“, erklärte Bob Grey.

      „Dann ist es gut.“

      In sich zusammengesunken wie ein Häufchen Elend hing der Kapitän halb über der Mastbeting. Seltsamerweise traf keiner der Mannschaft Anstalten ihm beizustehen.

      „Du Mistkerl hast ihn umgebracht!“ schrie Tomas d’Alvarez mit sich überschlagender Stimme. „Das wirst du büßen!“

      Der Profos blickte geradewegs in die Mündung einer Pistole.

      „Du bist doch derselbe Pavianarsch wie dein Capitán“, sagte er grimmig.

      D’Alvarez’ Zeigefinger krümmte sich um den Abzug. Die Waffe entlud sich krachend und in einer Wolke von wirbelndem Pulverdampf, aber die für den Profos bestimmte Kugel verlor sich sonstwo zwischen den Spieren. Der Bootsmann führte da bereits einen Veitstanz auf und hüpfte im Kreis, daß jeder Wilde vor Neid erblaßt wäre.

      Bob Grey hatte eins seiner Messer geworfen. Die Klinge hatte d’Alvarez’ Waffenhand durchbohrt, und da steckte sie noch und zwang ihm die mörderischsten Rachegedanken auf.

      Hasard achtete nicht mehr auf ihn. Die beiden Zwischenfälle hatten unnötig Zeit gekostet. Ein rascher Rundblick verriet ihm, daß viele der Männer erschöpft waren. Sie noch für Löscharbeiten einzusetzen, wäre sinnlos gewesen.

      „Geht in die Boote!“ befahl er. „Setzt zu den anderen Galeonen über. Wer versteht sich aufs Signalisieren?“

      Ein glatzköpfiger, feister Bursche meldete sich. Er schien Vertrauen zu de Vilches zu haben, wie überhaupt die Mehrzahl der Männer ihm zutraute, daß er die „Respeto“ noch retten könne. Nur einige wenige bedachten ihn mit verächtlichen Blicken – das waren wohl jene, die bei der Schiffsführung lieb Kind sein wollten.

      „Wir brauchen Jollen von den anderen Schiffen und Männer, die noch ausgeruht sind“, bestimmte Hasard. „Außerdem Zimmermannswerkzeug und nach Möglichkeit geteertes Segeltuch. Wer ist im Tauchen geübt?“

      „Tito Menéndez.“

      „Noch jemand?“

      „Keiner von den Männern, die zurückgeblieben sind.“

      „Gut.“ Hasard nickte. „Hängt einen Bootsmannsstuhl vor die Galion. Außerdem …“

      Vom Achterdeck her brandete Geschrei auf. Der Seewolf erkannte, daß mehrere Männer aus dem Niedergang wankten. Sie waren erschöpft, mit rußgeschwärzten Gesichtern und halb verkohlter Kleidung, die nur mehr in Fetzen an ihnen hing.

      „Das Pulver!“ keuchten sie. „Das Feuer wird in Kürze in die provisorische Waffenkammer hinter dem Großmast eindringen. Wir haben versucht, die Flammen zu löschen, wir schaffen es nicht.“

      „Wo liegt die Kammer genau?“ fragte Hasard. „Mittschiffs?“

      Der Glatzkopf, der für ihn signalisierte, wandte sich flüchtig um. „An Steuerbord“, sagte er. „Unmittelbar über der Wasserlinie.“

      „Dann los! Unsere einzige Chance ist es, das Pulver in die See zu werfen.“

      Die Spanier kapierten. Aufgescheucht rannten sie durcheinander. Der eine oder andere sprang entsetzt außenbords und versuchte schwimmend, die Gefahrenzone zu verlassen. Eine Pulverexplosion würde das Schiff zerfetzen und jeden an Deck töten.

      Jemand warf Hasard ein Zimmermannshandbeil zu. Er fing das kleine, leichte Beil geschickt auf und schwang sich über die Verschanzung. Hinter sich hörte er den Profos mit gewohnter Lautstärke Befehle brüllen. Die Wirkung war beachtlich. Die Dons, ein solches Organ nicht gewohnt, gehorchten willig. Vielleicht brauchten sie auch nur jemanden, der ihnen sagte, was zu tun war.

      Drei, vier Kerle hingen schon an den Berghölzern oder den Püttings und droschen aus Leibeskräften mit Äxten und Beilen auf die Planken ein. Bob Grey, Don Juan und Ferris Tucker mischten von der Jolle aus kräftig mit.

      Das Dröhnen und Hämmern steigerte sich zum Stakkato. Holz splitterte, die ersten Planken wölbten sich ab und wurden von kräftigen Fäusten einfach abgefetzt.

      Ein Leck entstand, noch ausgezackter, als es ein Kettengeschoß reißen konnte. Aber es war zu klein, als daß die Pulverfässer schon hindurchgepaßt hätten.

      Zwei Dons kletterten nach innen und halfen von der Kammer aus mit wuchtigen Hieben nach, das Loch zu vergrößern.

      Ein Mann, oben, hinter der Verschanzung, begann lautstark zu beten. Seine Stimme übertönte sogar das Dröhnen der Äxte. Der Profos, dessen kantiger Schädel kurz über dem Schanzkleid erschien und in die Tiefe blickte, ließ ihn gewähren.

      „Beeilt euch!“ erklang es aus der Pulverkammer. „Das Feuer schlägt durch.“

      Rauch quoll aus dem Leck hervor. Obwohl er sofort verwehte, kündete er vom Tod.

      Wie von Sinnen hackten die Dons auf die Planken ein. Endlich war das Loch groß genug. Flackernder Glutschein zeichnete sich in der dunkel gähnenden Öffnung ab.

      Im nächsten Moment flog das erste, schon glimmende Pulverfaß in hohem Bogen heraus und landete zischend und dampfend neben der Jolle im Wasser. Unwillkürlich versteifte sich Hasard, doch der befürchtete ohrenbetäubende Donner blieb aus.

      Sanft dümpelte das Faß auf den Wellen dahin. Der Wind, der in Luv gegen die Bordwand drückte, trieb es langsam wieder zurück. Aber ebenso langsam ging es auf Tiefe, bis nur mehr ein Teil der bauchigen Rundung wie ein Walbuckel aus dem Wasser ragte.

      Insgesamt zwölf Fässer und mehrere Kisten voll Kartuschen wurden von den Dons in höchster Elle ins Freie befördert. Dann war die unmittelbare Gefahr für die „Respeto“ wenigstens vorerst gebannt. Die Männer ließen sich von der Kuhl Eimer herabreichen und schütteten Wasser ins Innere der engen Kammer.

      Hasard

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