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Hof vererbt hat. Aber irgendwo ist es wohl in mir, ich bin eine Fahrenbach, und der Hof hier ist meine Heimat des Herzens.«

      »Hermann wußte schon, was er tat, Ihnen den Hof zu überlassen. Hätte er es mal bloß auch mit dem Weinkontor gemacht. Ihr Bruder Frieder, der taugt nichts und bringt Ihren guten Namen in Mißkredit. Gut, daß Hermann das nicht miterleben muß. Er war ein so ehrbarer Kaufmann… das zerrt Ihr Bruder jetzt alles in den Dreck.« Als Bettina nichts sagte, sondern ihn nur ganz unglücklich ansah, fuhr er fort: »Ich hör auf damit, es macht Sie nur unglücklich, und Sie können nichts dafür.«

      Er reichte zuerst ihr, dann Toni die Hand. Sein Händedruck war zupackend und kräftig.

      »Auf gute Zusammenarbeit.«

      »Auf gute Zusammenarbeit«, erwiderte sie, damit war das Geschäft besiegelt.

      Richard Bellert verabschiedete sich, Bettina wollte ihn zu seinem Wagen begleiten, doch er winkte ab.

      »Ich finde meinen Weg allein, den kleinen Hügel hier herunter, dann über den Hof, und dann bin ich schon auf dem Parkplatz. Bleiben Sie hier bei der Arbeit, time is money, wie man heute ja auch bei uns sagt. Beim nächsten Mal nehme ich mir mehr Zeit, und dann möchte ich auch gern Hermanns Grab aufsuchen.«

      Er winkte ihnen nochmals zu, dann polterte er die Treppe hinunter, erst als sie sahen, wie er schnellen Schrittes den Weg zum Hof hinunterlief, fielen sie sich in die Arme.

      »Wir haben es geschafft, Bettina, wir haben ihn mit seinen zehn Produkten«, jubelte Toni.

      »Ich kann es noch immer nicht fassen«, sagte sie, »und danke, Toni, daß du das mit dem Kräutergold so gedreht hast, ich konnte ihm doch wirklich nicht sagen, daß wir die Rezeptur nicht mehr haben und daß deswegen in der Destillerie, einem hochmodernen Betrieb, nicht mehr gearbeitet wird.«

      »Irgendwann werden wir unser Kräutergold wieder produzieren, Bettina, der Chef hat die Rezeptur nicht vernichtet. Sie wird auftauchen, glaub mir das.«

      Das sagte er immer wieder, aber Bettina wußte es besser. Schließlich hatte sie schon überall danach gesucht, und ihre Brüder, was auch noch eine Möglichkeit gewesen wäre, hatten sie auch nicht. Was eigentlich auch verwunderlich gewesen wäre, denn die hatten ja schon zu Lebzeiten ihres Vaters darauf bestanden, das Kräutergold aus dem Vertrieb zu nehmen, weil sie es nicht zeitgemäß fanden. Das war ja auch der Grund gewesen, warum ihr Vater den alten Betrieb hier, den Grundstock des ganzen Unternehmens, top saniert hatte und von ihm klammheimlich eine kleine, feine Produktionsstätte aufgebaut worden war. Niemand hatte davon gewußt, außer den Hofbewohnern natürlich, auch sie hatte es erst erfahren, nachdem sie ihr Erbe angetreten hatte.

      Es war schade um das Kräutergold, aber es mußte auch so weitergehen, und heute diese Verhandlung war ein riesiger Sprung. Es war nicht nur so, daß es ihr finanzielle Vorteile brachte und ihre Existenz, die Existenz des Hofes wieder ein Stück mehr absicherte, nein, es erfüllte sie mit Stolz, daß es ihr gelungen war, Richard Bellert davon zu überzeugen, daß nicht alle Fahrenbach gleich waren. Daß sie in die Fußstapfen ihres Vaters getreten war, daß sie seine Lebensregeln übernommen hatte und sein Traditionsbewußtsein… mochten manche, speziell ihre Geschwister, es langweilig finden, sie machte es stolz. Eine Fahrenbach zu sein war gut, sehr gut sogar.

      *

      Nachdem mit Bellert alles so gut gelaufen war, hatte Bettina beschlossen, sich für den Rest des Tages frei zu nehmen und zu Linde zu fahren.

      Die tat zwar so, als habe sie ihr Leben wieder voll im Griff, aber das war nur Selbstdisziplin. Bettina konnte sie nicht täuschen, und wahrscheinlich war auch Bettina die einzige, bei der sie sich mal hängen ließ und zeigte, wie grau in grau es in ihr aussah.

      Als Bettina im Gasthof eintraf, verhandelte Linde gerade mit einem Lieferanten, beim Anblick ihrer Freundin ging aber ein Strahlen über ihr Gesicht.

      »Noch fünf Minuten«, sagte sie, »ich bin gleich fertig hier, nimm dir was zu trinken und setz dich an den Stammtisch.«

      Bettina kannte sich seit Kindertagen hier aus, und auch der Stammtisch war stets der Platz gewesen, an dem die Fahrenbach gesessen hatten.

      Bettina holte sich eine Apfelschorle, begrüßte eine Bedienung, die ein vollbeladenes Tablett an ihr vorbeischleppte, dann setzte sie sich auf ihren Lieblingsplatz auf die Bank, mit dem alten Kachelofen im Rücken, der auch jetzt noch, obschon es eine Zentralheizung gab, in der kalten Jahreszeit geheizt wurde und eine wohlige Wärme abgab.

      Der Gasthof war gut besucht, es waren meist Fremde, die an den Tischen saßen, wahrscheinlich wieder Leute aus einem Reisebus, die auf der Durchreise waren und im traditionsreichen »Gasthof zur Linde« Station machten.

      Da ihre Eltern ihr, ziemlich einfallslos, wie sie fand, den Namen Linde gegeben hatten, hatte sie zunächst überlegt, dem Gasthof einen anderen Namen zu geben, hatte es dann aber gelassen. Er hieß seit Generationen so, und vor ihm standen die jahrhunderte alten Linden, die ihm irgendwann seinen Namen gegeben hatten.

      Linde würde sich wohl niemals daran gewöhnen, daß sie hieß wie der Gasthof, in dem sie geboren, aufgewachsen war und der ihr nur gehörte, weil sie die Tradition fortsetzen mußte, aber auch wollte. Sie hatte sich auch ohne zu murren in dieses Schicksal gefügt, weil sie auch in dem Bewußtsein aufgewachsen war, das fortzuführen, was ihre Vorfahren aufgebaut hatten.

      Bettina trank etwas von ihrer Apfelschorle.

      Nun erwartete Linde Zwillinge, ein Kind würde es weitermachen. Wer wohl? Amalia oder Frederic? Sie würden es bestimmt mit der Ernsthaftigkeit wie ihre Mutter fortführen, da war sich Bettina sehr sicher.

      Warum hatten ihre Geschwister kein Traditionsbewußtsein? Grit hatte alles sofort verkauft und aus der Villa nicht einmal ein Erinnerungsstück behalten, keinen Stuhl, kein Bild, dabei war sie doch in diesem Haus aufgewachsen. Und Jörg überlegte, das Chateau Dorleac zu verkaufen. Nun, das war erst spät in die Familie gekommen, das hatte ihr Vater gekauft, gedrängt von ihrer Mutter, die sich wohl ausgemalt hatte, aus dem Chateau einen gesellschaftlichen Mittelpunkt machen zu können. Als sie herausgefunden hatte, daß es ein Weingut war, auf dem ernsthaft gearbeitet wurde, hatte sie jegliches Interesse verloren, und ihr Vater hatte das Chateau an der Backe, das er mühsam restaurierte und zu einem florierenden Betrieb gemacht hatte. Aber das Weinkontor, das gab es seit Generationen mit langen guten Lieferantenbindungen, Kundenbindungen, die Frieder allesamt mit Füßen trat. Und am schlimmsten war, daß er so viel Schande über den Namen Fahrenbach brachte.

      Unbemerkt war Linde an den Tisch getreten, sie hatte ihren Lieferanten verabschiedet. »Was ist passiert, Bettina?« wollte sie wissen.

      Bettina zuckte zusammen, sie war tief in ihre trüben Gedanken versunken gewesen.

      »Passiert? Wieso?«

      Linde setzte sich, das sah schon recht unbeholfen aus, aber sie würde ja auch in Kürze ihre Kinder zur Welt bringen.

      »Na, weil du ein Gesicht machst wie sieben Tage Regenwetter.«

      »Entschuldige, ich mußte gerade an meine Großmutter denken… das ist leider kein Grund zum Freuen.«

      Linde schüttelte den Kopf.

      »Warum hörst du nicht auf damit? Du quälst dich nur unnötig herum. Sie sind keine Gedanken wert, zumindest nicht Frieder und Grit. Und Jörg… nun ja, der ist nicht ganz so schlimm. Aber Verantwortungsgefühl hat der auch nicht, der weiß wahrscheinlich nicht mal, wie man das Wort schreibt, weil es das in seinem Universum nicht gibt.«

      »Jetzt regst du dich auf«, lachte Bettina.

      »Ich reg mich nicht auf, es macht mir nur sauer, wenn ich sehe, wie sie sich dir gegenüber verhalten. Aber komm, laß uns nicht darüber reden. Warte, ich zeig dir was.«

      Sie stand auf, ging hinter die Theke und holte einen großen Briefumschlag aus einer der Schubladen, brachte sich gleich noch ein Glas Wasser mit und setzte sich ein wenig kurzatmig wieder hin.

      »Guck rein«, sagte sie und schob Bettina den Umschlag zu.

      Die

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