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die beiden neuen Tiere untersuchen lassen und wußte überhaupt nicht, wohin sie da gehen sollte.

      Wer war jetzt für Fahrenbach zuständig, nachdem die Gemeinde ihren Arzt auf so tragische Weise verloren hatte?

      Am besten wäre es, einen neuen Tierarzt zu suchen. Es gab eine moderne Praxis, die jetzt, samt Haus, Linde gehörte.

      Aber die war noch nicht so weit. Sie ließ da drüben alles unangetastet.

      Aber das konnte Bettina verstehen, sie hatte auch lange gebraucht, ehe sie es geschafft hatte, die Sachen ihres Vaters wegzuräumen. Und das mit Martin war ja noch so frisch.

      Die Pferde wieherten.

      »Als erstes mache ich Boxen für sie fertig, und dann bekommen sie eine ordentliche Portion Möhren und Äpfel zur Begrüßung auf dem Hof«, sagte Arno.

      »Ich helfe dir dabei«, bot Bettina sich an.

      »Nö, laß das mal ganz schön bleiben, du gehst hinauf in die Likörfabrik, Geld verdienen. Du hast heute schon genug ausgegeben, das muß erst mal wieder reinkommen.«

      »Arno, ich hab’ es schon durch den Verkauf der Bilder, aber wie du willst, zu tun habe ich wirklich genug, zumal ja morgen Bellert kommt, den möchte ich gern ein Firmenprofil vorlegen und ihm aufzeigen, wie ich mir die Vermarktung seiner Produkte vorstelle.«

      »Na siehst du, das ist ja wohl wichtiger als Pferdeboxen herzurichten… jetzt, wo wir drei Pferde haben, muß ich wohl unsere Futtervorräte aufstocken, und Stroh brauchen wir natürlich jetzt auch mehr.«

      »Ach, Arno, daran soll es wirklich nicht scheitern. Welche Boxen gibst du denn den beiden?«

      »Weiß noch nicht, mal sehen, wie unser Bondadosso auf sie reagiert.«

      Sie hatten Fahrenbach erreicht und fuhren die Privatstrasse hinauf, die direkt auf den Hof führte.

      »Leni wird in Ohnmacht fallen, wenn sie sieht, was wir da anbringen.«

      »Ach, die mag Pferde doch auch, nein, sie wird jammern, daß die Tiere erst jetzt auf den Hof kommen, nicht schon da waren, als die Kinder hier weilten.«

      »Die hätten aber auch Spaß gehabt«, sagte Bettina.

      Sie fuhren über den Hof in Richtung Stall.

      Bondadosso wieherte. Ob er ahnte, daß er ab sofort nicht mehr allein sein würde?

      *

      Es war schon unglaublich, welche Aufregung wegen der beiden neuen Tiere auf dem Hof herrschte. Aber so war es auch bei Bondadosso gewesen, sie hatten sich auch bei dem ständig auf der Stallgasse getroffen, und nun war es eben auch bei Mabelle und Blacky so.

      Durch die Tiere wurde Bettina von Bellert’s Besuch abgelenkt. Sie hätte sich nämlich so total verrückt gemacht und ihre Konzepte tausendmal überarbeitet. Dabei waren sie gut so, wie sie waren.

      Sie war total aufgeregt, und Toni mußte sie immer wieder herunterholen.

      Pünktlich zur vereinbarten Zeit kam Richard Bellert. Bettina war froh, daß Toni an ihrer Seite war, denn ganz souverän zeigte er Bellert den Betrieb, auch die eigentliche Destillerie, in der bis zum Tod ihres Vaters das Fahrenbach-Kräutergold produziert wurde.

      »Phantastisch«, sagte Bellert beeindruckt. »Das also ist die Produktionsstätte für das berühmte Kräutergold… warum wird hier nicht gearbeitet? Modernste Maschinen und Gerätschaften, feinste Kupferkessel… sie habe doch wohl nicht die Produktion in irgendwelche Billiglohnländer ausgelagert, wie das jetzt gang und gäbe ist?«

      Bettina warf Toni einen hilfesuchenden Blick zu. Sie konnte doch jetzt nicht sagen, daß das Kräutergold überhaupt nicht mehr produziert werden konnte, weil die Rezeptur nicht da war, weil ihr Vater sie offensichtlich vernichtet hatte.

      »Nein, natürlich nicht, Herr Bellert. So etwas würde Frau Fahrenbach nicht tun. Das Kräutergold ist ein deutsches Produkt, traditionsreich und kein Massenartikel. Das geht ja schon nicht wegen der mehr als hundert Kräuter, Gewürze und Früchte, die darin verarbeitet werden.

      Nein, wir haben die Produktion vorübergehend eingestellt… nach dem Tod von Herrn Fahrenbach hat Bettina den Hof hier übernommen mit allem, was dazu gehört, und sie mußte sich Lieferanten suchen, nachdem ihr Bruder sie praktisch über Nacht aus dem Weinkontor hinauskomplimentiert hat. Da mußte sie sich voll hineinknien, dazu das Kräutergold ging nicht, das hätte sie überfordert, zumal ja die Rezeptur immer nur an einen Fahrenbach weitergegeben wird. Wenn das mit dem Vertrieb fremder Anbieter wieder so richtig läuft, können wir das Kräutergold in Angriff nehmen.«

      »Hört sich vernünftig an. Ja, Sie sind wohl wirklich aus einem anderen Holz geschnitzt als Ihr Bruder, der tanzt auf jeder Hochzeit.«

      »Wenn Sie wollen, Herr Bellert, können wir jetzt hinauf ins Büro gehen, ich habe ein Konzept ausgearbeitet, wie ich mir die Vermarktung Ihrer Artikel vorstelle, falls Sie uns den Vertrieb überlassen.«

      »Na, dann bin ich aber gespannt«, sagte er und folgte ihr und Toni ins Büro.

      Sie setzten sich in die Besucherecke, nachdem der Kaffee vor ihnen stand, erläuterte Bettina ihr Konzept.

      Richard Bellert stellte zwischendurch Fragen, aber ansonsten machte er ein Pokerface, ihm war nicht anzumerken, ob ihm das gefiel, was er da hörte oder nicht.

      Als Bettina mit ihrem Vortrag fertig war, bat er Toni um eine zweite Tasse Kaffee, er tat zwei Löffel Zucker hinein, etwas Milch, rührte bedächtig um, führte die Tasse zum Mund, trank einen Schluck…

      Bettina platzte fast vor lauter Anspannung, und auch Toni griff sich an seinen Hemdkragen und zerrte daran. Er hatte sich für den Anlaß einen Anzug angezogen und ein weißes Hemd, allerdings keine Krawatte, das wäre dann wohl zuviel gewesen.

      Bellert stellte seine Tasse wieder ab.

      Tja…, warum ließ er sich jedes Wort aus der Nase ziehen?

      »Nun, eigentlich hatte ich mir geschworen, mit den Fahrenbachs abzuschließen, für immer. Aber Sie können wirklich nichts für die Schlitzohrigkeit Ihres Bruders. Und das, was Sie da vorgetragen haben, gefällt mir. Gefällt mir sogar sehr…«, und dann kam der erlösende Satz. »Sie haben mich überzeugt. Ich übertrage Ihnen den Vertrieb meiner zehn Produkte.«

      Toni ließ seinen Kragen los, lief rot an. Bettina merkte, wie sich feine Schweißperlen auf ihrer Stirn bildeten. Sie wollte ihn am liebsten umarmen, blieb aber wie festgeklebt auf ihrem Stuhl sitzen.

      Sie hatten es geschafft. Bellert hatte ihnen den Vertrieb seiner Produkte übergeben.

      »Danke, Herr Bellert«, preßte sie schließlich hervor. »Wir werden Sie nicht enttäuschen.«

      »Davon bin ich überzeugt, liebes Kind… ehe ich hierher kam, habe ich mich natürlich bei allen Firmen erkundigt, mit denen Sie zusammenarbeiten – allen Lieferanten und einigen Großkunden, aber auch bei dem einen oder anderen kleinen Kunden… alle haben Sie über den grünen Klee gelobt… allerbeste Referenzen…«

      Sie hatte es ihm vorgeschlagen, und es war sein gutes Recht gewesen, sich zu informieren.

      Er trank noch einen Schluck Kaffee.

      »Er ist ganz ausgezeichnet… nun, ich habe hier einen Vertragsentwurf mitgebracht, sehen Sie sich den an, und wenn wir mit den Modalitäten übereinstimmen, können wir unterzeichen.«

      Das hätte Bettina am liebsten sofort gemacht, aber er würde schon zu seinem Wort stehen, nachdem er jetzt zugesagt hatte.

      Bellert stand auf.

      »Ich muß jetzt leider weg, sonst hätte ich mir gern Ihr Anwesen näher angesehen, eine prachtvolle Hof­anlage, aber das war ja auch der Ort, an dem Hermann sich am liebsten aufhielt, schade, daß er das Alter hier auf dem Hof nicht genießen konnte, sondern so früh verstorben ist.«

      »Ja, Papa war gern hier, und ich bin es auch.«

      »Aber sie sind doch hier

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