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miteinander führen. Wann hatten wir das zum letzten Mal? Ich kann mich nicht daran erinnern.«

      Sie lachte spöttisch.

      »Und worüber sollen wir uns unterhalten? Holger und ich haben uns schon seit langem nichts mehr zu sagen. Und du und ich? Tut mir leid, Bettina, zu deiner ländlichen Idylle hier habe ich keinen Zugang. Und fang nicht wieder davon an, daß du mir deine Ferienappartements zeigen willst. Entschuldige bitte, das interessiert mich so wenig wie Schmutz unter dem Fingernagel.«

      »Das Wetter ist schön, die Sonne scheint, wir könnten zum Friedhof fahren, damit du dir Papas Grab wenigstens einmal ansiehst.«

      »Sorry, auch diese Nummer hatten wir schon. Friedhöfe und Gräber interessieren mich nicht. Ich bin überzeugt davon, daß du alles bestens machst.«

      War diese Person, die das sprach, wirklich ihre Schwester?

      »Grit, alles was du hast, verdankst du Papa. Schon aus lauter Dankbarkeit solltest du wenigstens einmal in deinem Leben sein Grab besuchen.«

      »Das habe ich bei der Beerdigung getan, allerdings ehe du die spinnerte Idee hattest, ihn umbetten zu lassen… auch so ein kompletter Schwachsinn. Tot ist tot, oder glaubst du, er weiß, daß er nun auf dem Fahrenbacher Friedhof liegt?«

      »Er liegt hier, weil er hierher gehört, weil es auf jeden Fall ein Fehler war, ihn anderswo zu beerdigen.«

      »Das Anderswo ist der Ort, an dem er lange gelebt hat, an dem er erfolgreich war.«

      »Aber hier sind seine Wurzeln. Mir bedeutet es etwas, an sein Grab zu gehen, im Gegensatz zu dir und Frieder, und auch Jörg macht sich nicht so viel daraus, aber immerhin hat er Papas Grab besucht, als er hier war.«

      »Jörg war hier? Weswegen denn, um seine versoffene Ehefrau zu treffen? Macht sie Schwierigkeiten?«

      »Doris ist clean, sie trinkt nicht mehr, und Schwierigkeiten gab es auch keine. Diese Scheidung ist reibungslos über die Bühne gegangen. Jörg wollte sogar mit Doris durch Neuseeland reisen, aber sie hat es sich anders überlegt.«

      »Wieso Neuseeland? Was will er dort?«

      »Es ist die erste Station seiner Weltreise.«

      »Warum weiß ich davon nichts?«

      »Grit, Jörg ist erwachsen, er kann tun und lassen was er will.«

      »Ist diese Französin mit ihm unterwegs?«

      »Nein, sie haben sich getrennt, und es wird auch keine Events mehr geben.«

      »Und was wird aus dem Chateau?«

      »Das wird Jörg nach seiner Rückkehr entscheiden, aber die liegt erst mal in weiter Ferne.«

      »Ich hoffe, er hat was hinterlassen, was geregelt für den Fall… nun, auf so einer Reise kann allerhand passieren, und sein Besitz ist groß…«

      »Er hat alles geregelt«, beruhigte Bettina ihre Schwester.

      »Na ja, Frieder kann einspringen, bestimmt hat er ihn auch als Testamentsvollstrecker eingesetzt.«

      Wie war Grit denn drauf?

      »Grit, Jörg lebt, und er wird auch diese Reise überleben. Schließlich ist er nicht der Erste, der eine Weltreise macht. Und Frieder…«, sie wußte selbst nicht, warum sie jetzt der Teufel ritt und sie es sagte, »nein, Frieder hat damit nichts zu tun, du übrigens auch nicht. Falls Jörg etwas passieren sollte – Gott möge ihn davor bewahren – werde ich seine Alleinerbin.«

      Ein Tornado, der Einschlag eines Blitzes, die Detonation einer Bombe, nichts hätte eine erschütterndere Wirkung haben können als Bettinas Worte.

      Grit war aufgesprungen, sie stieß dabei das Glas um, das zerbrach, Champagner lief über den Tisch. Das kümmerte sie nicht.

      Holger sammelte die Scherben zusammen und lief in die Küche, um ein Tuch zu holen.

      »Du hinterhältiges Biest! Papa hast du mit deiner Scheinheiligkeit dazu gebracht, dir gewissermaßen das Sahnestückchen des Besitzes zu erben, wunderbares, teures Bauland…«

      »Das es erst geworden ist, nachdem ich Erbin war… erinnerst du dich, wie sehr ihr mich bedauert habt, weil ich nur diesen alten Bauernhof geerbt habe?«

      Grit winkte ab.

      »Der alte Fuchs hat doch gewußt, daß es Bauland werden würde und hat schnell seiner Lieblingstochter das Feinste vermacht, Millionenwerte…«

      »Die ich nicht realisieren werde, weil die Fahrenbachs noch nie etwas verkauft haben.«

      Grit hatte überhaupt nicht zugehört.

      »Und nun auch noch Chateau Dorleac…«

      Bettina ärgerte sich, daß sie das überhaupt erzählt hatte. Aber hatte sie eine solche Reaktion voraussehen können? Ganz gewiß nicht.

      »Grit, komm zu dir, Jörg lebt, dieses Testament hat er doch nur für den Fall der Fälle gemacht. Es hat keine Bedeutung.«

      »Es hat keine Bedeutung? Ach so, ja. Doch wenn der Fall der Fälle eintritt, dann kannst du dir die Hände reiben. Wenn ich Frieder das erzähle…«

      »Grit, bausch es nicht auf.«

      Holger war zurückgekommen, wischte den vergossenen Champagner auf.

      »Grit, ich finde…«

      Er kam überhaupt nicht dazu, seinen Satz zu beenden. Sie unterbrach ihn barsch: »Und du halt dich gefälligst da raus. Das ist eine Familiensache, mit der du nichts mehr zu tun hast.«

      »Entschuldige.«

      Die Stimmung war total aufgeheizt, Grits übertriebene Reaktion konnte unmöglich etwas mit diesem Gespräch zu tun haben. Sie war ein Nervenbündel, und das lag einzig und allein an ihrem Liebhaber, um den sie sich wahrscheinlich schon wieder Sorgen machte.

      Wie recht Bettina mit dieser Vermutung hatte, zeigten die nächsten Worte ihrer Schwester.

      »Ich hab’ keine Lust, hier herumzusitzen… ich komme dann morgen früh, so gegen zehn… das heute bringt ohnehin nichts, wenn die Kinder aus dem Zirkus wiederkommen, werden sie ohnehin über nichts anderes reden. Da werden sie sich für ihre Mutter kaum interessieren, ich hab’ ja schon Mühe, sie für mehr als fünf Minuten am Telefon zu halten.«

      »Meine liebe Schwester, dann frage dich doch bitte einmal, woran das wohl liegt.«

      Sofort fühlte Grit sich angegriffen.

      »Du solltest nicht über etwas reden, wovon du überhaupt keine Ahnung hast. Oder hast du vielleicht Kinder?«

      Grit ging zur Tür, nein, sie stöckelte dorthin auf ihren schwindelerringenden hohen Stilettos.

      »So, und nun bin ich weg. Ihr könnt ja über mich lästern, wenn ich zur Tür raus bin.«

      Bettina sprang auf, eilte ihrer Schwester hinterher, versuchte sie zurückzuhalten. »Grit, bitte bleib noch. So kann es mit uns doch nicht weitergehen. Wir sind Schwestern, stehen uns aber gegenüber wie Feinde… laß uns miteinander reden, das ausräumen, das zwischen uns steht. Früher haben wir uns doch verstanden, das kann doch jetzt nicht alles vorbei sein.«

      »Früher hatten wir auch einen Kaiser. Spar dir die Mühe, wir haben uns in verschiedene Richtungen entwickelt und keine Berührungspunkte mehr, also dann, bis morgen.«

      Irgendwie hatte Bettina das Gefühl, daß Grit froh war, gehen zu können. Wohin, das war nicht schwer zu erraten.

      Ohne sich umzudrehen stolzierte Grit zum Parkplatz und stieg in ihr Auto, einen funkelnagelneuen schwarzen Porsche 911, so einen, wie Frieder ihn auch hatte, nur in silbergrau.

      Seit Grit geerbt hatte das zweite Auto neben dem Alfa Spider, den sie ihrem Robertino geschenkt hatte. War es seine Idee gewesen? Zu Grit paßte das Auto auf jeden Fall nicht. Aber was paßte schon zu ihr? Die neue Grit war ihr so fremd geworden.

      Mit

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