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      Grit schnappte nach Luft. Aber Bettina ließ sie nicht zu Wort kommen.

      »So, da wären wir«, sagte sie und führte ihre Schwester in die gemütliche Bibliothek, in der im Kamin ein munteres Feuer prasselte und Wärme und eine wohlige Atmo­sphäre verbreitete.

      Holger war beim Eintritt der Frauen aufgestanden, er starrte seine Noch-Ehefrau geradezu entsetzt an. Oder war es gar Erschütterung, die in seinem Blick lag?

      »Guten Tag, Grit«, sagte er, nachdem er sich einigermaßen gefaßt hatte.

      Er wollte auf sie zugehen, um sie zu umarmen, doch sie wich zurück. Er ließ seine Arme fallen, schaute sie traurig an.

      »Setz dich doch, Grit«, bot Bettina ihr einen Platz an. »Möchtest du etwas trinken? Einen Kaffee? Einen Tee oder etwas Anderes?«

      Grit setzte sich, stellte ihre Beine schräg nebeneinander, zupfte an ihrem Rock herum. Ihre kerzengerade Haltung war so ungemütlich, sah so unbequem aus, daß man eigentlich schon vom Ansehen Rückenschmerzen bekam.

      »Hast du Champagner im Haus… nun wahrscheinlich nicht.«

      »Hab’ ich«, erwiderte Bettina. »Auch Prosecco, falls dir der lieber ist.«

      Grit winkte ab.

      Ihre Brillis an ihren dürren Fingern blitzten, die schweren Gold­armbänder klirrten aneinander.

      Es war grotesk!

      Holger setzte sich wieder, und Grit sagte: »Ach, bring irgendwas, aber bitte richtig gekühlt.«

      Bettina ging hinaus und lehnte sich draußen erst einmal an den Türrahmen.

      Es war gruselig, was aus Grit geworden war und ebenso gruselig war ihr Verhalten. Sie war ein Kunstgebilde und fand sich auch noch schön.

      Sie atmete tief durch, dann beeilte sie sich, an ihren Kühlschrank zu kommen, sie mußte schnell wieder zurück sein, ehe die Stimmung eskalierte.

      Grit und Holger hatten sich nichts mehr zu sagen, denn zwischen ihnen lagen mittlerweile Welten. Daß Grit dennoch mit ihm verheiratet bleiben wollte lag nicht daran, daß sie ihn liebte, sondern einzig und allein daran, daß sie den Status des Verheiratetenseins aufrechterhalten wollte.

      Als Bettina wieder in die Bibliothek kam, hörte sie auch schon Grits keifende Stimme:

      »Und wenn du dich wirklich darauf verstehst, die Scheidung durchzuziehen, weil du vielleicht diese russische Schlampe heiraten willst, dann wird dich das sehr teuer zu stehen kommen… ich wiederhole, sehr teuer.«

      »Champagner für dich«, sagte Bettina und stellte das wunderschöne Kristallglas mit dem sprudelnden Getränk vor Grit ab.

      Die griff nach dem Glas, trank einen kleinen Schluck.

      »Hm, geht«, sagte sie, und das war wiederum eine Unverschämtheit. Hierbei handelte es sich um allerbesten Jahrgangschampagner, den sie mit ihrem Robertino sicherlich nicht alle Tage trank. Aber es war Bettina einfach zu dumm, das zu kommentieren.

      »Wollt ihr allein sein, um euch auszusprechen?« erkundigte sie sich stattdessen und machte schon Anstalten, den Raum wieder zu verlassen.

      »Meinetwegen nicht«, sagte Grit. »Er wird dir doch hinterher ohnehin brühwarm erzählen, worüber wir gesprochen haben. Da kannst du auch gleich bleiben.«

      Sie trank noch einen kleinen Schluck, wobei sie ihre aufgepolsterten Lippen wie kleine Saugnäpfe vorschob. Aber vielleicht ging es ja auch gar nicht anders…, auf jeden Fall sah es merkwürdig aus.

      Bettina setzte sich.

      Grit sah ihren Ehemann an.

      »Also, mein Lieber, kommen wir zur Sache. Es gibt nur zwei Möglichkeiten für dich. Entweder zu ziehst dein lächerliches Scheidungsbegehren zurück, oder…«, ihre Augen hatten einen so kalten, berechnenden Ausdruck, daß Bettina fröstelte.

      Grit machte eine kurze wirkungsvolle Pause.

      »Oder ich beanspruche das Haus.«

      Ungläubig blickte er sie an.

      »Grit, das ist mein Elternhaus. Ich besaß es schon vor unserer Eheschließung.«

      »Das interessiert mich überhaupt nicht… ich will es haben, sonst kennst du ja die Alternative.«

      »Grit, tickst du nicht mehr richtig?« mischte Bettina sich ein, die sich normalerweise aus solchen Disputen heraushielt. Aber jetzt konnte sie nicht anders, weil die Forderung ihrer Schwester einfach zu ungeheuerlich war. »Das machst du nur aus lauter Schikane.«

      »Nein, ich hänge an dem Haus.«

      »Du hängst an dem Haus? Daß ich nicht lache. Du hängst an überhaupt nichts. Warum wohl hast du sofort unser Elternhaus verscherbelt, kaum daß es dir gehörte. Dieses Haus wirst du doch auch sofort wieder zu Geld machen, kaum daß es dir gehört. Oder irre ich mich da?«

      Grit fühlte sich ertappt, sie wurde puterrot im Gesicht.

      »Na und?« entgegnete sie schnippisch. »Das ist ja wohl meine Sache.«

      Bettina hätte gern etwas erwidert, aber die Sache ging sie nichts an, sie hatte sich schon viel zu sehr eingemischt.

      »Wenn dein Seelenfrieden davon abhängt, kannst du das Haus haben, und ich bekomme die Scheidung. Nach dem Trennungsjahr kannst du ohnehin nichts dagegen machen. Doch wegen der Kinder möchte ich keine schmutzige Wäsche waschen, sondern mich mit dir friedlich einigen.«

      »Mußt du auch, sonst würde ich diese russische Schlampe ins Spiel bringen.«

      Sie war so bösartig, und Bettina bewunderte die Ruhe ihres Schwagers.

      »Grit, laß bitte Irina aus dem Spiel, sie ist weder Russin, was im übrigen auch kein Makel wäre, sondern Kanadierin russischer Abstammung, und sie hat mit der ganzen Sache nichts zu tun. Vielleicht darf ich dich daran erinnern, daß du zunächst einmal deine Liebhaber gewechselt hast, wie andere Leute ihre Wäsche, ehe du schließlich bei diesem Italiener gelandet bist, der dir wichtiger ist als deine Kinder, für den du deine Familie aufgegeben hast.«

      Sie trank etwas von ihrem Sekt, besser gesagt, sie nippte daran.

      »Es hat sich gelohnt, Robertino ist eine Granate, in jeder Hinsicht, was man von dir nicht behaupten kann.«

      Holger schüttelte nur traurig den Kopf, ihm war anzusehen, daß er die Frau, mit der er so viele Jahre verheiratet war, mit der er zwei Kinder hatte, nicht verstehen konnte.

      Bettina schnappte nach Luft wie ein Fisch, den man an Land geworfen hatte. Sie wollte etwas sagen, hielt sich dann aber zurück.

      Das betretene Schweigen schien Grit unbehaglich zu werden.

      »Also bekomme ich das Haus? Kannst du das deinen Anwälten mitteilen, daß sie eine notarielle Überschreibung vorbereiten?«

      »Ja.«

      »Holger, das kannst du nicht machen«, mischte Bettina sich nun doch ein. »Was Grit da von dir verlangt, ist geradezu sittenwidrig.«

      Holger winkte ab.

      »Laß sie es haben, Bettina. Es sind nur Steine.«

      Er blickte Grit an, die Frau, die er einmal so sehr geliebt hatte, mit der er auch glücklich gewesen war, zumindest hatte er das geglaubt. Wie sehr hatte sie sich verändert. Was war aus ihr geworden!

      »Hast du sonst noch Forderungen?« wollte er wissen, »oder geht es so in Ordnung, wie es im Schriftsatz steht?«

      »Ja, das andere kann bleiben«, bestätigte sie, dabei blickte sie nervös auf ihre Armbanduhr, die voll mit Brillanten besetzt war, etwas, was Grit früher niemals getragen hätte. Sie hatte edle, schlichte Teile bevorzugt.

      »Tja, wann kommen die Kinder denn zurück?« erkundigte sie sich.

      »Das dauert bestimmt noch drei Stunden.«

      »Tja,

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