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      Wir trafen auf unseren Missionen auf vielfältigste Kreaturen. Barbarisch waren sie alle und die meisten von ihnen erwiesen sich als hartnäckige Feinde des Glaubens. Geschöpfe, die riesigen Spinnentieren glichen und es für spirituell erbauend hielten, sich die Gehirne ihrer gefangenen Feinde einzuverleiben, waren ebenso darunter wie anderes gottloses Gewürm, das einen sogar daran zweifeln lassen könnte, dass Gott tatsächlich der Schöpfer aller Dinge ist. Denn kann er wirklich etwas so hässliches und abgrundtief Böses erschaffen haben, wie es das Beispiel illustriert, von dem ich gerade erzählt habe?

      Das Universum ist voller Plagen für den Gläubigen, aber die Göttliche Ordnung wird seine Wonne sein!, so sagen uns die Schriften des Ersten Aarriid.

      Man muss sich manchmal an diese Aussage erinnern, man muss sie mehrfach vor sich hinbeten, wenn man nicht irgendwann den Glauben daran verlieren will.

      Dann berichtete ich von den Dingen die ich aus den Aufzeichnungen meines Großvaters erfahren hatte und so mancher Schnabel unter meine Zuhörern blieb offen vor Grauen und Entsetzen.

      Niemand hätte nach dieser Konferenz noch bezweifelt, dass wir ein gutes Werk taten, wenn wir die Menschen aus dem Tau Ceti System vertrieben. Wir waren die Kampfkralle der Gerechtigkeit des Herrn und ein Strom der inneren Kraft, gespeist aus finsterer Wut und heiligem Grimm, erfasste jeden von uns.

      Es gab nichts, was den Völkermord entschuldigen konnte, den die Menschheit im Tau Ceti System begangen hatte – auch wenn man ehrlicherweise zugeben muss, dass dieser letztlich nicht der Grund unseres Eingreifens war.

      Aber wurde hier nicht auf eindrucksvolle Weise illustriert, wie wichtig es war, dass Gottes auserwähltes Volk die Ordnung im Universum verbreitete? [Die Original-Aufzeichnungen von Nirat-Son dem Großvater sind ursprünglich beigefügt und verlinkt worden. Der Link wurde jedoch kurz nach der Publikation wieder entfernt. In einem vertraulichen Gespräch, das ich mit Nirat-Son dem Sohn zu dieser Sache bei passender Gelegenheit führte, gab er zu, dass die Herausnahme dieser Daten auf Druck der Regierung des Predigers Ron-Nertas geschah. Man befürchtete wohl eine Belastung des brüchigen Bündnisses zwischen dem Heilige Imperium und den Humanen Welten. – Der Übersetzer.]

      5

      Die Phase des Zwischenraumflugs verlief ohne besondere Vorkommnisse. Da uns genaue astronomische Daten des Zielsystems vorlagen, hatten wir die Möglichkeit, einen optimalen Punkt für den Eintritt ins Normaluniversum auszuwählen.

      Dieser Punkt lag etwa fünfzig AE von Tau Ceti III entfernt.

      Die SCHNABELWEISER wurde mit einer Geschwindigkeit von zwei Fünfteln der Lichtgeschwindigkeit in den Normalraum geschleudert.

      Normalerweise wäre nun ein Bremsmanöver eingeleitet worden. Aber da es unserer Order entsprach, uns dem Zielobjekt der Mission im Schleichflug zu nähern, waren jegliche Brems- oder Beschleunigungsmanöver vollkommen tabu.

      Die Gefahr, dass unsere Feinde die dabei unweigerlich auftretenden elektromagnetischen Emissionen als Signaturen zu identifizieren vermochten, war einfach zu groß.

      Unterschätze niemals den Feind. Das ist eine Weisheit, die zwar nicht die höheren theologischen Weihen hat, die mit einer Aufnahme in den Kanon der Heiligen Schriften verbunden ist, sondern stammt aus einer vergleichsweise profanen Quelle. Der Handbuchdatei der Tanjaj nämlich.

      Nichtsdestotrotz ist sie wahr.

      In diesem Fall hieß das, dass wir davon ausgehen mussten, dass die Menschheit die letztem zwei Jahre sehr intensiv dazu genutzt hatte, wirklich jedes Signal und sogar jede unbeabsichtigte Emission unserer Schiffe genauestens aufzuzeichnen und penibel zu analysieren.

      Wir haben schließlich umgekehrt mit ihren Schiffen und anderen technischen Geräten dasselbe getan.

      Ich bin mir nicht sicher, ob wirklich alles davon zu substantiell verwertbaren Erkenntnissen geführt hat. Aber wir wussten gut genug über irdische Raumschiffe und die von dieser Spezies bevorzugte Technik Bescheid, um sie mit Sicherheit identifizieren zu können.

      Auf dem Panorama-Schirm der SCHNABELWEISER war die gelbe Sonne zu sehen, die das Zentralgestirn dieses Systems darstellte.

      20 Planeten gehörten zu diesem System, wovon die Nummern I bis IV die Lebenszone bildeten. Wirklich optimale Bedingungen zur Besiedlung herrschten allerdings nur auf dem dritten Planeten. Kein wunder, dass die ersten menschlichen Siedler diese Welt nach der Urheimat der Menschheit Second Earth nannten.

      Wir hatten das aus den abgehörten Funkdaten erfahren, die unser Geheimdienst in unermüdlichem Fleiß gesammelt hatte.

      Allerdings spiegelt der Name Second Earth wohl eher die Euphorie der ersten irdischen Siedler wieder, als dass er die tatsächlichen Verhältnisse wirklich widerspiegeln würde.

      „Kommandant, wir brauchen eine Kurskorrektur um zwei Grad“, erkläre mir der Rudergänger. „Soll ich sie vornehmen?“

      Normalerweise hätte ich auf den größeren Sachverstand des Rudergängers vertraut. Wenn er also die Notwendigkeit sah, eine hoffentlich letzte und kaum zu ortende Kurskorrektur vorzunehmen, so hätte ich keinen Anlass gesehen, das in irgendeiner Form zu bezweifeln.

      Aber das war nicht irgendeine Mission und ich war mir ihres besonderen, ja herausgehobenen Charakters sehr wohl bewusst.

      Und so tat ich etwas, was ich sonst sicher nie getan hätte.

      Ich sagte: „Ich möchte die Projektion sehen!“

      „Jawohl, Kommandant“, bestätigte der Rudergänger.

      Auf einem Nebenbildschirm erschien die Kursprojektion. Die Korrektur war unerlässlich. Auf größere Entfernungen konnten bereits wenige Grad in der Ausrichtung darüber entscheiden, ob man zumindest in die Nähe gelangte oder vielleicht sogar mehrere astronomische Einheiten [Umgerechnet in die von der irdischen Astronomie gebräuchlichen Einheiten. Eine Astronomische Einheit entspricht dem mittleren Abstand zwischen Erde und Sonne. Im Original wurden die entsprechenden qriidischen Einheiten verwendet. – Der Übersetzer] an ihr vorbei flog.

      Ich gab also den Befehl, die Korrektur durchzuführen.

      Jetzt, bei dem vergleichsweise großen Abstand zu den Einheiten des Feindes, war das Risiko, durch Identifizierung einer Signatur geortet zu werden, geringer als wenn man erst damit wartete, bis man sich ihnen genähert hatte.

      Tatsache aber blieb, dass vor uns eine Mission lag, bei der wir so gut wie gar nicht manövrieren konnten. Der Schwung, mit dem wir aus dem Zwischenraum ausgetreten waren, schleuderte uns auf den Feind zu. Das war die einzige Energie, die uns zur Verfügung stand.

      „In fünf Stunden wäre eine letzte Kurskorrektur möglich“, erklärte der Rudergänger. „Dann werde wir uns nämlich voraussichtlich im Ortungsschatten von Planet XIII befinden.“

      „Hoffen wir trotzdem, dass wir diese Korrektur nicht nötig haben werden“, erwiderte ich.

      „Sie ahnen nichts davon, dass wir hier sind“, sinnierte der Erste Offizier. „Und wenn sie es begreifen, wird es zu spät sein!“

      Viertes Kapitel: Gelobtes Land Second Earth

      Wie unwirtlich erschien uns doch der Anblick eines erdähnlichen Planeten auf den Panorama-Schirmen unserer Raumschiffe. Ich bin mir sicher, dass man auf all den Schiffen des Ersten Konvois dasselbe Empfand. Rührung. Vielleicht sogar das Gefühl, gesegnet zu sein. Auserwählte waren wir. Ob nun von Gott, einer sonstigen höheren Macht, dem Schicksal oder einfach nur der eigenen Tatkraft geschuldet, mag jeder nach seiner eigenen Facon für sich entscheiden.

      Tau Ceti III hieß die Welt, auf der wir leben würden.

      Wir aber nannten sie Second Earth.

       Arthur Rollins I, Kommandant des Ersten Konvois, Persönliches Logbuch; Datums- und Uhrzeitansage nicht aktiv, Aufzeichnung entstand im Jahr 2126

      Für

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