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Worte des Tugendwächters mit dem Gnadendorn gingen mir durch den Kopf und wiederholten sich dort in einer Art Endlosschleife. „Willst du eine Belastung für die Gemeinschaft der Gläubigen sein oder deinem Herrn ein letztes Mal dienen?“

      Ich hatte nicht mehr die Herrschaft über meine Gedanken und ich konnte nur hoffen, dass es wirklich eine göttliche Macht war, die von ihnen Besitz ergriffen hatte.

      „Ich will dir etwas erklären“, sagte der Mar Tanjaj mit leiser, fast krächzfreier Stimme. Er trat nahe an mich heran und legte mir eine Krallenhand auf die Schulter, was wohl ermutigend wirken sollte. In Wahrheit wirkte es jedoch nur einschüchternd. Ich hielt die Luft an.

      Ziemlich lange.

      „Bevor du zu den Seraif gehst, solltest du dich als würdig erweisen. Dein Schiff ist bald fertig. Dann wirst du auf eine Mission geschickt.“

      „Eine Mission?“

      „Wir müssen unsere Kräfte für den nächsten Schlag sammeln und du solltest dabei helfen dies vorzubereiten. Das System, das ich meine, liegt mitten im Sternenreich der Menschheit. 14 Lichtjahre von ihrer Urheimat entfernt. Die Katalognummer habe ich vergessen. Aber dort wirst du eingesetzt werden.“

      Dann übergab er mir einen Datenträger.

      „Was ist das?“, fragte ich.

      „Der Bericht deines Großvaters, der denselben Namen trug wie du. Er unternahm vor einem Jahrhundert einen geheimen Kundschafterflug in dieselbe Region und vielleicht sind dir diese Aufzeichnungen von Nutzen… Außerdem enthält der Datenträger natürlich die Befehlsdateien mit geheimen Informationen.“

      16

      Meinen Eigroßvater hatte ich nicht mehr kennen gelernt. Er war zuvor in einer Schlacht gegen irgendwelche spinnenartigen Feinde des Glaubens ums Leben gekommen. In so fern war es auch auf persönlicher Ebene sehr berührend, die Daten abzurufen.

      Sie unterliegen heute nicht mehr der Geheimhaltung. Mit dem Feind von damals sind wir verbündet.

      Noch.

      Das System, das mein Großvater mit seinem Kundschafterflug ansteuerte, wird von den Menschen Tau Ceti genannt.

      14 Lichtjahre von der Erde entfernt.

      Mitten im Territorium der Humanen Welten.

      Ein guter Ansatzpunkt, um der Menschheit militärisch den Gnadendorn-Stoß zu geben.

      Zweites Kapitel: Anschlag im Tau Ceti System

      Seltsam, den Jahreswechsel nicht auf der Erde oder wenigstens im Sol-System zu verbringen!, dachte Commander Willard Reilly. Aber sollte der Captain eines Raumschiffs wirklich so empfinden? Schließlich war es ein integraler Bestandteil des Dienstes im Space Army Corps der Humanen Welten, dass man große, vor noch gar nicht so langer Zeit, schier unüberwindbare Distanzen überbrückte. Eine Kugel mit einem Radius von 50 Lichtjahren rund um Sol beanspruchte das Sternenreich der Menschheit für sich. Hier und da ging sein Einfluss auch leicht darüber hinaus, aber die Welten innerhalb dieser Raumkugel betrachteten die Menschen in gewisser Weise als ihren Besitz. Und dass, obwohl es auch innerhalb dieses Radius Systeme gab, die aber niemand bisher besonders zur Kenntnis genommen hatte und auf denen es allenfalls ein paar Stationen gab. Auch wenn der Nachthimmel auf jedem beliebigen Planeten, dessen atmosphärische Bedingungen es zuließen, ihn anzusehen, den Eindruck erweckte, als sei das Universum ein Ort voller Materie, so war die Wahrheit selbst im Zentralbereich einer Galaxis doch eine ganz andere.

      Das All bestand zum größten Teil aus gar nichts.

      Reilly blicke auf den Panorama-Schirm des Orbiters. Im Vordergrund war der zylinderförmige Schiffskörper des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER zu sehen. Majestätisch groß im Vergleich zum Orbiter, aber nur ein Winzling gegen die CONSTITUTION, ein Schlachtschiff der Dreadnought-Klasse, das zur selben Zeit ebenfalls im Orbit von Tau Ceti III schwebte und gerade im Begriff war an die Werfstation TCSP anzudocken. Letzteres war die Abkürzung für Tau Ceti Spacedock. Die Station war nicht in die Nummerierung der anderen Spacedock-Stationen des Space Army Corps integriert, weil sie tatsächlich schon sehr viel älter war als das Space Army Corps und auch unabhängig davon errichtet wurde.

      Die ersten Siedler hatten Tau Ceti, diesen etwa 14 Lichtjahre entfernten Zwilling der irdischen Sonne – bereits vor mehr als einem Jahrhundert erreicht – in lächerlich langsamen Schiffen. Inzwischen waren die Tau Ceti-Kolonien neben Wega, Sirius, Procyon, New Hope, sowie den Drei Systemen der Genetics zu einem der bedeutendsten Siedlungszentren der Humanen Welten geworden. Vier Planeten und sechs Monde lagen innerhalb der Lebenszone von Tau Ceti und boten für menschliche Siedler Lebensbedingungen, die von hervorragend bis erträglich reichten.

      Der Grund dafür, dass Commander Reilly mit dem Leichten Kreuzer STERNENKRIEGER hier her geflogen war, lag darin, dass nach den zum Teil desaströsen Kämpfen, die das Space Army Corps in den letzen Monaten und Jahren hatte bestehen müssen, ein Großteil der Schiffe dringen instandsetzungsbedürftig waren. Die Werften des Sol-Systems waren allesamt zu über hundert Prozent ausgelastet, obwohl bereits private Kapazitäten beschlagnahmt worden waren.

      Daher mussten die reparaturbedürftigen Einheiten im gesamten Bundesterritorium der Humanen Welten verteilt werden.

      Außer Commander Reilly befanden sich noch der Shuttle-Pilot Moss Triffler, sowie die leitende Ingenieurin Lieutenant Catherine White und der Waffenoffizier Lieutenant Chip Barus in dem Shuttle, das extrem manövrierfähig war. Diese Orbiter wurden vom Tau Ceti Spacedock zur Verfügung gestellt, um Qualitätskontrollen von Außenarbeiten an den Schiffen durchführen zu können.

      „Stellen Sie eine Funkverbindung zu Soldo her“, verlangte Reilly.

      „Aye, aye, Sir“, murmelte Triffler. „Kanal ist offen.“

      „Hier Soldo“, meldete sich der Erste Offizier der STERNENKRIEGER von der Brücke aus. Gesicht und Oberkörper waren auf einem Nebenbildschirm zu sehen. Sein von blondem Haar umrahmtes Gesicht wirkte sehr hell. Die Augenbrauen waren kaum zu sehen. Die strahlend blauen Augen traten dafür umso mehr hervor. Seit einiger Zeit experimentierte er damit, sich einen Bart stehen zu lassen, aber im Moment war er wieder glatt rasiert.

      Reilly musste darüber schmunzeln. Er wird schon noch irgendwann Konturen in seiner Persönlichkeit entwickeln, die völlig unabhängig von solchen Äußerlichkeiten wirken!, ging es dem Commander durch den Kopf.

      „Alles bereit, I.O.?“, fragte Reilly.

      Soldo nickte. „Alles bereit“, bestätigte er.

      Reilly wandte sich an Barus.

      „Ich schlage vor, Sie übernehmen jetzt die Regie.“

      „In Ordnung.“ Chip Barus blickte auf das Kontrolldisplay seiner Konsole. „Ich empfange den Signalstrom.“

      „Dann werde ich jetzt die Geschütze ausfahren!“, sagte Soldo. Er grinste. „Erinnert mich an die Zeit, als ich selbst noch Waffenoffizier war“, meinte er.

      „Dann will ich hoffen, dass Sie nichts verlernt haben“, sagte Reilly.

      Auf dem Hauptschirm war zu sehen, wie sich die Verschlussklappen öffneten und die Außengeschütze ausgefahren wurden. Der ganze Vorgang dauerte nur Sekunden und Soldo meldete Gefechtsfähigkeit.

      „Kann ich nur bestätigen“, gab Barus zurück. „Wiederholen Sie den Vorgang bitte, sobald ich das Signal gebe.“

      „In Ordnung, Barus.“

      Barus nahm ein paar Schaltungen an seiner Konsole vor.

      „Stimmt etwas nicht“, wollte Lieutenant Catherine White wissen. Die kleine, etwas mollige und sehr weiblich wirkende Leitende Ingenieurin hob die Augenbrauen und blickte auf Barus’ Display.

      „Ich weiß noch nicht. Ich würde mir gerne Geschütz 27 noch einmal aus der Nähe ansehen.

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