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verloren. Nur noch auf einem Bein ste-hend, machte er eine halbe Drehung um die eigene Körperachse.

      In diesem Moment sprintete Samanta los. Flink und gelenkig wie ein Wiesel sauste sie mit eingezogenem Kopf in einer flie-ßenden Bewegung unter der Holzbarriere durch. Das tapfere Gazellenmädchen erreichte Tim und packte ihn am Hemd. Aber es war bereits zu spät. Mit weit aufgerissenen Augen vollendete der Fischbeobachter seine Pirouette in der Luft. Dann verlor er vollends das Gleichgewicht und stürzte mit einem wilden Schrei über den Rand der Schlucht. Samanta, fest an den Fuchs ge-klammert, wurde mit in die Tiefe gerissen.

      Den auf dem Weg zurückgebliebenen Pfadfindern blieb fast das Herz stehen, als sie hilflos mit ansehen mussten, wie ihre Freunde über den Rand der Klamm stürzten und plötzlich nicht mehr zu sehen waren. Es war totenstill, keiner konnte zunächst auch nur ein Wort sagen. Dann rannten alle los, duckten sich unter dem Geländer durch und blieben am Abgrund stehen.

      Die Mädchen beugten sich, gehalten von Pieter und Malusi, soweit es ging vor und starrten hinunter auf den Fluss. Da war nichts zu sehen. Kein Tim aus Deutschland und keine Samanta. Ruhig, als wäre nichts geschehen, folgte der Fluss seinem Lauf.

      Die Jungs zogen Anele und Mandisa zurück. Die Zwillings-mädchen begannen zu weinen.

      „Ich muss da runter“, rief Pieter verzweifelt. „Die können doch nicht so einfach ertrunken sein.“

      Der Büffeljunge nahm ein festes Seil, das zu seiner Ausrüs-tung als Pfadfinderführer gehörte, von der Schulter. Er knotete es fest um den Stamm eines dürren Baums, der hier auf steini-gem Grund ein kümmerliches Auskommen hatte. „Du, pass‘ bloß gut auf, dass das hier nicht abgeht und ich auch noch im Fluss lande“, wies er Malusi an. „Am besten, du hältst den Strick auch mit fest.“

      „Geht klar, Chef“, antwortete das große Zebra, das sich wie-der ein wenig beruhigt hatte, und schnappte sich vor dem Baumstamm das Seil.

      „Also, Leute, ich klettere jetzt hier runter“, sagte Pieter mit belegter Stimme und stellte Rucksack und Botanisiertrommel ab. „Außerdem brauchen wir Hilfe. Anele, du und deine Schwester, ihr ruft jetzt sofort mit der Nummer 10111 die Polizei und mit der 10177 den Rettungsdienst an. Nehmt dazu mein Handy.“ Der Büffel fischte aus seinen tiefen Taschen ein modernes Smartphone und warf es dem verheulten Antilopenmädchen zu. „Ab geht die Post“, hörte man ihn ausrufen, und schon kletterte Pieter über den Rand der Klamm. Gekonnt rutschte der trainier-te Pfadfinder, das Seil um ein Bein gewickelt und zwischen die Füße geklemmt, am straff gespannten Strick in die Tiefe. Knapp über dem Wasser kam er zum Stillstand und schaukelte über der spiegelnden Fläche sanft hin und her.

      „Niemand da, hier schwimmt keiner. Auch sonst ist nichts zu sehen. Keine Ausrüstungsgegenstände, gar nichts“, schrie Pieter entsetzt nach oben.

      Mit weichen Armen und letzter Kraft kletterte der Büffeljunge wieder hinauf. „Habt ihr Hilfe geholt?“, fragte er, nun ebenfalls mit Tränen in den Augen, die Antilopen-Zwillinge.

      „Wir haben ununterbrochen versucht, die Rettung oder die Polizei anzurufen, sind aber nicht durchgekommen. Leider gibt es hier in den Bergen oft keinen Handyempfang. Die Felsen schirmen die Funkwellen ab“, antwortete Mandisa und schniefte durch die Nase.

      „Das habe ich befürchtet! Wir müssen ohnehin auch selbst weiter den Fluss absuchen, denn möglicherweise sind Tim und Samanta trotz der geringen Strömung hier im kleinen See fluss-abwärts getrieben. Ich habe da einen Plan“, erklärte Pieter seinen Gefährten. „Wir rennen jetzt alle los, weiter den Weg entlang. In etwa fünfhundert Metern führt ein Steg auf die andere Seite der Klamm. Malusi und ich, wir beide überqueren diese kleine Brü-cke. Drüben, das weiß ich, geht auch ein Pfad am Fluss entlang. Von dort aus haben wir gute Sicht auf das Wasser und die Fels-brocken im Fluss. Anele und Mandisa, ihr holt Hilfe. Bleibt auf dieser Seite der Klamm und geht hier den Weg weiter entlang. Guckt zum Fluss hin, so gut ihr könnt, aber beeilt euch trotzdem. Denkt an die Abzweigung zum Falkenberg. Es ist nicht mehr allzu weit bis dahin. Sie ist manchmal mit Pflanzen zugewach-sen und schwierig zu erkennen! Trotzdem dürft ihr sie keines-falls verpassen. Wenn ihr bei Biko auf dem Berg seid und dort auch kein Handyempfang ist, soll er mit dem Funkgerät aus dem Notfallkoffer das Rettungsamt und die Polizei anrufen. Hat das jeder verstanden? Gibt es noch Fragen?“

      Man schüttelte nur stumm den Kopf und packte die Riemen der Rucksäcke fester. Pieter trug dazu noch Tims Botanisier-trommel mit der Wunderblume darin.

      Der Trupp setzte sich in Bewegung. Bald sausten die Pfadfin-der den steinigen Weg entlang Richtung Brücke. Dorthin, wo das Wasser in der Klamm wieder rauschend und gurgelnd über die Felsen im Fluss sprang.

      Was aber war mit den beiden Abgestürzten geschehen? Wa-ren Samanta und Tim tatsächlich im Flusskessel ertrunken oder flussabwärts zwischen die Felsen ins rauschende Wasser gespült worden?

      Erinnern wir uns zurück: Tim hatte, direkt am Rand der Klamm stehend, das Gleichgewicht verloren und war in den Fluss gefallen. Samanta, die kleine tapfere Gazelle, hatte ihn im letzten Moment vor dem Absturz bewahren wollen. Leider kam der Rettungsversuch einen Augenblick zu spät. So plumpsten beide, eng aneinander geklammert, ins Wasser.

      Man sagt, dass einem in der letzten Sekunde des Lebens noch einmal vieles wie in einem Film durch den Kopf geht. Tim ging während des Sturzes gar nichts durch den Kopf. Sch…ade, konnte er gerade noch denken. Dann platschten er und neben ihm Samanta auch schon wie Steine ins recht kühle Nass. Gott sei Dank war das Wasser hier tief und es bestand keine Gefahr, mit dem Kopf auf einem Stein aufzuschlagen. Eine Wasserfon-taine spritzte fast bis zum Rand der Klamm empor, dann waren das Füchslein und die Gazelle fürs Erste von der Bildfläche ver-schwunden. Der kleine Vampirjäger und falsche Forschungsrei-sende hielt die Luft an und riss unter Wasser weit die Augen auf. Unmengen von Luftblasen blubberten an seinem Körper vorbei. „Bloß gut, dass wir Füchse einigermaßen schwimmen können“, dachte Tim. „Hoffentlich trifft das auch auf die Gazelle zu.“ Dann wurde es heller um ihn herum, und er durchstieß die Wasseroberfläche. Prustend und hustend schnappte der Rot-fuchs nach Luft. In diesem Moment tauchte neben dem seinen wild schnaufend der Kopf der abgestürzten Pfadfinderin auf. Tims Sorge um Samanta war völlig unbegründet gewesen: Wenn es sein muss, schwimmen Gazellen genauso gut wie Flaschen-korken.

      „Bist du verletzt, geht es dir gut?“, rief Tim seiner Wasser-nachbarin zu.

      „Alles ganz prima, ich nehme hier bloß mal wieder ein erfri-schendes Vollbad“, antwortete Samanta verständlicherweise etwas schnippisch.

      Der Fuchs atmete auf, der Gazelle war außer dem unfreiwilli-gen Badevergnügen offenbar nichts Schlimmeres geschehen.

      Trotz ihrer misslichen Lage im Wasser konnte Samanta, der beim Sturz in die Klamm wirklich nichts passiert war, nun auch schon wieder schmunzeln. Froh, dass sich der Fuchs ebenfalls nicht verletzt hatte, winkte sie dem nassen Bruder Leichtsinn sogar zu. Ihren schmalen Rucksack hatte das Mädchen immer noch auf dem Rücken. Aber der störte oder behinderte es an-scheinend überhaupt nicht.

      Tim sah sich nach einem festen Ufer um. Schwimmend blickte er in die Runde. Steil stiegen ringsum die Felswände der Klamm direkt aus dem Fluss in die Höhe. Allein wäre es sehr schwierig, hier wieder hochzuklettern. Aber die Freunde oben würden ih-nen natürlich dabei helfen, war sich der Fuchs sicher.

      Ganz plötzlich verspürte er einen heftigen Schmerz in seiner linken Hinterbacke.

      TIGERFISCHE, jetzt hat mich einer erwischt, schoss es Tim siedend heiß durch den Kopf. Ab heute bin ich vielleicht der einzige Fuchs auf der Welt mit nur einer Pobacke. Im günstigs-ten Fall! Wenn es noch schlimmer kommt, fressen mich diese Viecher bis auf die Knochen ab, und der armen Samanta wird es nicht anders ergehen.

      Die Gazelle neben ihm im Wasser grinste plötzlich breit über beide Wangen.

      „Das arme Mädchen hat die Gefahr, in der wir schweben, noch gar nicht erfasst“, dachte Tim und schrie warnend auf: „TIGERFISCH-ALARM!!!“

      „Nö“, sagte Samanta lachend. Dann zerrte sie geschickt einen dicken, dornigen Ast unter dem Füchslein hervor. Dieses Treib-holz, stachelig wie ein Seeigel,

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