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schniefte diese und verdrehte genervt ihre Augen. Empört pustete Samanta die Wangen auf, legte den Kopf in den Nacken und hob den Blick zum Himmel. Oder – richtigerweise gesagt – natürlich zur Höh-lendecke.

      Dabei schaute sie geradewegs in das hässliche Gesicht eines Ungeheuers, das mit ausgebreiteten Flügeln langsam und lautlos aus der Höhe herabschwebte.

      Das Monster war etwa so groß wie eine Dogge und damit ein ganzes Stück größer als das Füchslein, das nebenan immer noch irgendetwas zu erzählen hatte. Es raschelte nur leise, als das Ungetüm neben den Kindern landete.

      Samanta stieß einen spitzen Schrei aus und kippte um. Tim fuhr herum und konnte das ohnmächtige Mädchen, bevor es mit dem Kopf auf dem steinigen Boden aufschlug, gerade noch auf-fangen. Behutsam setzte das Füchslein die kleine Gazelle, die langsam wieder zu sich kam, auf und lehnte sie mit dem Rücken an einen der großen Stuhlsteine. „Geht es wieder?“, fragte er besorgt.

      „Könnte besser sein“, tönte eine Stimme hinter ihm.

      Tim wirbelte herum und blickte entsetzt in ein Gesicht, das ihn aus runden Augen mit schwarzen Pupillen neugierig an-starrte. Im halb geöffneten Mund blitzten zwei messerscharfe Schneidezähne. Zwei riesige trichterförmige Ohren machten das Wesen auch nicht sympathischer. „Das ist eine Super-Vampirfledermaus, wahrscheinlich die größte der Welt“, schoss es Tim durch den Kopf.

      „Was ist das hier für ein übler Radau?“, beschwerte sich die gefährlich aussehende Erscheinung in gut verständlichen Wor-ten. Das Fleder-Monster gähnte herzhaft. „Ihr habt uns ge-weckt“, bemerkte es vorwurfsvoll.

      Es raschelte erneut in der Höhe.

      Wie auf Kommando sahen die Kinder gleichzeitig nach oben. An der Decke des Höhlengewölbes klebten in der Art großer Beutel dunkle Gestalten. Einige lösten sich, entfalteten lautlos ihre Flügel und schwebten zu ihrem schon am Boden befindli-chen Gefährten herab. Schließlich sahen sich der Fuchs und die Gazelle von acht dieser großen Vampirfledermäuse umringt.

      Das zuerst gelandete Ungeheuer, offenbar Chef und Wortfüh-rer der spitzzahnigen Gesellen, sah Tim im grünlichen Licht der Grotte mit leblos wirkenden Augen an.

      „Wer seid ihr überhaupt, und wie kommt ihr in unsere abso-lut geheime Schlafhöhle?“, wollte das offensichtliche Geschöpf der Nacht wissen.

      „Na ja, eigentlich ist mir das im Moment ziemlich egal“, fuhr die riesige Fledermaus fort. „Wach sind wir ohnehin alle“, wandte sie sich an ihre herumstehenden Gefährten. „Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, ich muss mich jedenfalls erst mal stär-ken. Vor allem habe ich einen riesigen Durst, einen richtigen Brand sozusagen.“

      Unseren zwei unfreiwilligen Höhlenforschern drohte bei die-sen Worten das Herz stehenzubleiben.

      Der Fuchs stellte sich mutig vor die kleine Gazelle, die bereits vor Angst zu bibbern begann.

      „Wir wissen ganz genau, was euer böser Plan ist. Ihr wollt uns in den Hals oder sonst wohin beißen und Blut aussaugen“, sagte Tim mit zittriger Stimme zum Anführer der grausigen Vampirfledermäuse.

      „Aber so einfach, wie ihr denkt, wird das nicht! Wir werden uns wehren“, schrie der Fuchs plötzlich los. Er ballte seine zuge-gebenermaßen nicht sehr eindrucksvollen Fäuste. Samanta kramte in ihrem nassen Rucksack. Dann zog sie die Sonnencremetube hervor, hielt sie mit dem Mut der Verzweiflung der Oberfledermaus als Pistole vor die Nase. „Zurück, du alter Blut-sauger, oder es knallt“, keuchte sie.

      Das Flederwesen, das im grünlichen Dämmerlicht nicht be-sonders gut sehen konnte, zog vorsichtshalber den Kopf ein. Ohnehin sehen Fledermäuse die Welt nur in Schwarz-Weiß-Bildern.

      „Blut aussaugen, spinnst du? Wem um alles in der Welt sol-len wir so viel Blut aussaugen? Dir vielleicht, Kleiner?“, regte sich die Gestalt im Halbdunkel der Höhle auf. „Mann, Füchslein, kapier’s doch“, hörte man den Chef der Riesenfledermäuse wei-ter schimpfen. „Wir trinken kein Blut und verletzen niemanden. Tollwut übertragen wir auch nicht, falls du es genau wissen willst. Bei uns täuscht der Name ‚Vampirfledermaus‘ gründlich. Wir sind etwas anders als unsere gewöhnlichen kleinen Na-mensvettern. Sind sozusagen verändert worden. Unsere Ernäh-rung ist eine völlig andere. Wir essen oft und gerne Gemüse fast aller Art. Außer Zwiebelgemüse! Zwiebeln, Porree und Lauch kommen nicht auf den Tisch. Knoblauch schon gar nicht. Dafür essen wir ganz viel Wurzelgemüse wie Yams und Süßkartoffeln, die es hier in Südafrika reichlich gibt, und natürlich Rote Bete. Ansonsten Kohl aller Art, Rüben, Bohnen, Erbsen… Auch Spinat steht oft auf dem Speiseplan. Der enthält reichlich Vitamine, Eisen fürs Blut und andere Mineralstoffe sowie Eiweiß. Das gibt Power, sag‘ ich dir.

      Der Dicke hier, das ist unser Dogo. Der isst besonders gerne nahrhafte Avocados, was man ihm inzwischen auch ein wenig ansieht.“

      Dogo grinste. „Kräftig, nicht dick“, bemerkte er vornehm. Dann flatterte er ein paar Meter seitlich davon, bückte sich und zog hinter einem der Stuhlsteine eine dort verborgene große graue Holzkiste hervor. „Kürbis für alle“, krähte er fröhlich, klappte den Deckel hoch und schnappte sich eine gelb-orange Frucht aus dem Kasten.

      Tim, der sich mit Samanta den Fledermäusen zugesellt hatte, sah genauer hin. Die Kiste war randvoll mit Kürbissen gefüllt, offensichtlich eine Delikatesse für die geflügelten Vegetarier in der Höhle. Alle acht versammelten sich rasch um die Kiste und stopften sich bis zum Geht-nicht-mehr mit Kürbis voll.

      Auch der Chef der großen Flatterfritzen schlug krachend sei-ne kräftigen Zähne in eines der Gemüseteile und mampfte ge-nüsslich.

      „Das hat gutgetan“, seufzte die Riesenfledermaus schließlich und warf die Schalen im hohen Bogen ins Halbdunkel der Höh-le.

      „Umweltferkel“, bemerkte der Fuchs vorwurfsvoll.

      „Weiß schon, soll man nicht machen. Ist nur so eine alte An-gewohnheit. Pass bloß auf, dass du nachher nicht drauf aus-rutschst und mit dem Kopf auf die Steine knallst“, sagte der Fle-dermaus-Anführer selbstkritisch.

      „Kann man auch wieder aufheben“, maulte Tim und bekam vornehmes Schweigen als Antwort.

      Schließlich räusperte sich sein geflügelter Gesprächspartner: „Fruchtgemüse wie Kürbisse, Honigmelonen, Tomaten und Gurken essen wir jedenfalls am liebsten. Eigentlich könnte man uns als ‚Gemüse-Fledermäuse‘ bezeichnen. Das klingt im ersten Moment zwar zugegebenermaßen etwas blöd, trifft aber den Nagel so ziemlich auf den Kopf. Trink-Blut ist für uns nicht mehr nötig! Schau dir ruhig an, wie groß und kräftig wir durch rein pflanzliche Kost geworden sind.“

      „Mich laust der Affe“, entfuhr es Tim und Samanta neben ihm bekam vor Staunen den Mund nicht zu. Angst hatten die beiden vor den seltsamen Flügel-Wesen nun erst mal keine mehr.

      „Um auf meine Frage von vorhin zurückzukommen: Würdet ihr uns nun bitte sagen, wer ihr seid und wie ihr diesen verbor-genen Ort gefunden habt? Wie ich schon erwähnt habe, ist das hier unsere Schlafstätte. Wenn uns nicht gerade irgendwelche Krawallamseln stören, pennen wir hier tagsüber. Bei Einbruch der Nacht verlassen wir die Höhle und gehen bis zum Morgen-grauen unseren Geschäften nach.

      Und jetzt möchte ich mich euch erst einmal vorstellen: Ich bin Mahiri, der Älteste der Gruppe, und von unserem Herrn und Meister zum Anführer des Trupps bestimmt. Den hier, unseren Dogo, kennt ihr schon.“

      Dann stellte die Oberfledermaus Tim und Samanta den Rest ihrer kleinen Schar vor.

      „Sehr angenehm“, sagte das Füchslein höflich bei jedem neu-en Namen, der auf ihn im Schnellverfahren einprasselte.

      „Nun zu uns“, fuhr er fort. „Das ist Samanta; ich heiße Tim und komme aus Good old Germany, also aus dem fernen Deutschland.

      Ich bin in Südafrika zu Besuch bei meiner Omama und habe einen Schulauftrag zum Pflanzensammeln. Mit Samantas Pfad-findergruppe machen wir heute eine Wanderung zum Falken-berg. Dann habe ich ja unbedingt nach Tigerfischen Ausschau halten müssen und bin leider in den kleinen See der Flussklamm gestürzt. Samanta hat

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