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DAS SCHLOSS DES VAMPIRS. Eric Borna
Читать онлайн.Название DAS SCHLOSS DES VAMPIRS
Год выпуска 0
isbn 9783749735525
Автор произведения Eric Borna
Жанр Учебная литература
Издательство Readbox publishing GmbH
Den Pfadfindern stand vor lauter Staunen der Mund weit of-fen.
„So etwas gibt es doch gar nicht“, brabbelte Malusi. Der Zeb-rajunge hatte die beiden Rucksäcke vor sich abgestellt und machte nun einen unbeholfenen Stolperschritt darüber.
„Wenn’s so ist, dann ist es eben so“, sagte Pieter zum Fuchs auf der Wiese. „Das nenn‘ ich mal eine Weltsensation, wahr-scheinlich wirst du berühmt damit. Vielleicht kann dir die Blume auch mal von großem Nutzen sein. Aber, wie willst du sie ei-gentlich transportieren, wenn du dann gleich unsichtbar wirst? Und nun komm‘ erst mal wieder zu uns auf den Weg zurück. Wir sind schon etwas spät dran und müssen weiter.“
Tim hob die Blume auf – weg war er. Der Unsichtbare stopfte die Pflanze in seine Botanisiertrommel und siehe da, er erschien wieder in voller Lebensgröße auf der Bildfläche. Somit war auch dieses Problem geklärt: Nur, wenn man die Blüte in der bloßen Hand trug, wurde man unsichtbar!
Weiter, immer weiter, marschierte die kleine Gruppe am Fluss entlang. Die Sonne hatte nun fast den höchsten Punkt ihrer Bahn, das nennt man den Zenit, erreicht. Die Wanderer mit ih-rem Gepäck schwitzten weiter tüchtig. Malusi hatte sich wieder beide Rucksäcke umgehängt, was den Fuchs sehr erfreute. Auch sonst war Tim, trotz seiner nassen Schuhe und der weiterhin nervenden Mücken, glücklich. Dazu hatte er auch allen Grund, denn wann findet man schon mal eine Blume, die unsichtbar macht. So vorsichtig wie möglich, trug er die kostbare Pflanze in der Botanisiertrommel vor dem Bauch. Allerdings dachte er na-türlich auch wieder an seine unerledigte Aufgabe, nämlich die Suche nach dem Vampir von Transvaal.
„Halt!“, kommandierte Pieter von der Spitze des Zuges her.
„Alle bitte mal herhören. Noch knapp einen Kilometer müs-sen wir hier am Wasser entlang. Dann zweigt von unserem Weg ein Bergpfad direkt hinauf zum Gipfel des Falkenbergs ab. Diese Abzweigung dürfen wir nicht verpassen, sie ist manchmal mit hohem Gras und Gesträuch zugewachsen. Haltet also ebenfalls die Augen auf, schließlich wollen wir spätestens zum Mittages-sen oben bei den anderen sein.“
Die Wanderer seiner Gruppe nickten zustimmend. Auch sie bekamen langsam Hunger, und so setzte sich die kleine Marsch-kolonne bald erneut in Bewegung.
Man konnte jetzt auch deutlich zügiger ausschreiten. Der schmale, mitunter kaum erkennbare feuchte Pfad ging in einen breiteren, steinigen Weg über. Wiesen gab es keine mehr und der Fluss brauste nun durch eine schroffe, bergige Landschaft. Im Lauf der Jahrtausende hatte sich hier das Wasser tief in die Felsen eingeschnitten und bildete nun eine Klamm. Darunter versteht man eine besonders schmale und tiefe Schlucht im Ge-birge mit Felswänden, die an vielen Stellen nur wenige Meter voneinander entfernt sind und steil zum Himmel ragen. Am Grund einer solchen Klamm rauscht und gurgelt das reißende Wasser des in das harte Felsgestein eingezwängten Flusses.
Der Weg an der Seite der Klamm, ausgebaut und strecken-weise mit Holzgeländern gesichert, war hier so breit, dass zwei Personen bequem nebeneinander gehen konnten.
„Schöne Gegend, was?“, fragte Pieter. „Das letzte Mal war ich voriges Jahr mit meinem Vater hier zum Fischen. Wir haben zwar kaum etwas gefangen, aber viel Spaß gehabt und schöne Fotos gemacht.“
Tim zwängte sich zwischen den Büffeljungen und Samanta, die kurz stehengeblieben waren, um das eindrucksvolle Natur-schauspiel zu bewundern.
„Ja, ganz prima“, bestätigte der Fuchs und nickte mit dem Kopf. „Aber nun sag‘ doch endlich mal ehrlich, ob da irgendet-was dran ist an den Spukgeschichten, die man über euer Hoch-land so hört. Mir hat jedenfalls ein Vögelchen gezwitschert, dass es hier sogar Vampire geben soll.“
So, so, ein Vögelchen also“, wunderte sich Pieter und grinste. „Aber ein klein bisschen Wahres könnte an diesen Geschichten schon dran sein. Manche wollen hier in der Gegend morgens und abends in der Dämmerung riesige Fledermäuse gesehen haben. Passiert ist zum Glück noch niemandem etwas. Aber es ist doch ganz erstaunlich, von vernünftigen Leuten so etwas zu hören. Auch soll es versteckt in den Bergen ein altes Schloss ge-ben. Man weiß nicht, woher solche Berichte kommen – gesehen hat es wohl noch keiner. Aber, ich geb‘s gerne zu, gruselig hört sich das Ganze schon an. Außerdem verschwinden immer wie-der …“
„Arglose Reisende“, stöhnte Tim entsetzt.
„Quatsch“, antwortete der Büffel vergnügt, „massenweise Früchte und Gemüse von den Bäumen und Feldern. Aber nun Schluss mit den Spukgeschichten, wir müssen uns auf den Weg konzentrieren und dürfen dann keinesfalls die Abzweigung zum Falkenberg verpassen.“
Die Pfadfinder und Tim setzten also ihre Tour entlang des Flusses fort. Dieser war nun etwas breiter und das Wasser rauschte nicht mehr ganz so schnell und gurgelnd am Grunde der Klamm dahin. An einer Stelle konnte man unter den Felsen sogar so etwas wie einen kleinen See erkennen, auf dessen Ober-fläche sich erstaunlicherweise kaum eine Welle rührte.
Tim war baff. Die anderen Wanderer blieben ebenfalls über-rascht stehen und schauten in das glasklare Wasser.
„Wie sieht’s aus, Pieter, hier gibt es sicherlich die größten Fi-sche“, tönte neugierig der Fuchs.
„Ja, Papa und ich haben genau an dieser Stelle schon einiges gefangen“, ließ die Antwort nicht lange auf sich warten. „Es gibt im Fluss viele Fische, die du sicherlich auch aus Deutschland kennst. Vor allem kann man hier ganz prima Forellen angeln, aber auch Barsche und an breiteren Stellen sogar Karpfen. Die sind dir gewiss am besten bekannt“, setzte der große Büffeljunge seine Rede fort. Dann grinste er und machte mit zum O geform-ten Lippen Mundbewegungen wie ein solcher Karpfen auf dem Trockenen.
„Und noch etwas“, ergänzte der Häuptling der Pfadfinder: „Füchslein, fall‘ bloß nicht ins Wasser. Es gibt nämlich sogar einzelne Exemplare des Afrikanischen Tigerfisches, die es bis hierher geschafft haben. Und die heißen nicht bloß Tigerfisch, die sehen auch so aus. Zwar sind sie nicht gestreift, aber ziem-lich groß und sichtbar mit Zähnen wie Dolche ausgestattet. Mensch, die Biester springen aus dem Wasser und fangen die Schwalben mitten im Flug. Eh du dich versiehst, hat dich einer am Hosenboden. Und dann gibt es kein Entrinnen, du wirst un-weigerlich bestes Fischfutter. Also, sieh dich bitte gut vor!“
Leider war Tim neugieriger als ängstlich.
Eine solche schwimmende Bestie musste er unbedingt sehen! „Halt‘ mal bitte “, sagte der Fuchs zu Pieter, der neben ihm stand.
Verblüfft nahm dieser die Botanisiertrommel in Empfang.
„Nö, alles gut, ich möchte hier bloß nicht das Gleichgewicht verlieren und zu den gefährlichen Fischen im Fluss stürzen.“ Leichtsinnig verließ der angehende Vampirjäger den Weg und kroch unter einem Holzgeländer durch, das hier die Spaziergän-ger vor dem Abgrund schützen sollte. Mit vorsichtigen, kleinen Schritten tippelte er quer über das Geröll zur Klamm und ver-suchte von dort aus, einen Blick aufs Wasser zu erhaschen. Lei-der versperrte ihm gerade an dieser Stelle ein überhängender Felsblock die Sicht nach unten. Ganz langsam schob sich das Füchslein bis direkt an den Rand der Felsenschlucht. Es beugte den Oberkörper vor und spähte in die Tiefe. Endlich hatte Tim freien Blick. Im Wasser des aufgeweiteten Flussabschnitts konn-te der Fuchs nun die schlanken Schatten von Fischen hin und her huschen sehen.
„Sei bloß vorsichtig, komm‘ wieder her!“ – Samanta blieb fast das Herz stehen, als sie ihre Reisebekanntschaft direkt am Rande der Schlucht sah.
Tim drehte sich zu den Pfadfindern um. „Keine Sorge, hier habe ich einen bombensicheren Stand“, rief er lauthals und winkte seinen Wandergefährten fröhlich zu. „Jetzt muss ich aber noch mal ganz genau gucken, ob es da unten nun diese blöden Tigerfische tatsächlich gibt.“ Damit wandte er sich wieder zur Klamm, beugte sich weit hinüber und starrte erneut angestrengt auf das hier nur langsam dahinfließende Wasser.
„Nichts Großes mit scharfen Zähnen in der Brühe zu erken-nen“, hörte man den Fuchs gegen den aufkommenden Wind brüllen. Und das, obwohl hier das Wasser doch wirklich sauber und fast so durchsichtig wie Glas war.
Plötzlich