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Ein Buch für Keinen. Stefan Gruber
Читать онлайн.Название Ein Buch für Keinen
Год выпуска 0
isbn 9783347043282
Автор произведения Stefan Gruber
Жанр Афоризмы и цитаты
Издательство Readbox publishing GmbH
1. In Form eines »Lastenausgleichs«, wie er 1952 in Deutschland stattfand. Hierfür werden Eigentümer gezwungen, ihr Eigentum zu belasten.
2. In Form einer direkten Enteignung Vermögender, zu welcher der Staat (alter Machthaber oder neuer Machthaber durch Putsch) in der klassischen Revolutionsphase gezwungen ist, um sein Machtmonopol zu behalten.
3. Wenn die Nachschuldnerfindung durch wirtschaftliche Expansion (Globalisierung) keine weiteren Erträge abwirft, werden Kriege geführt – zum Erzwingen von Nachschuldnern (Sklavenhaltung oder der Verliererstaat besteuert den Siegerstaat), zur Eigentums- und Rohstofferbeutung, um im Land einen inflationären Impuls gegen die Deflation zu setzen und nicht zuletzt, um den Zusammenhalt im Inneren durch einen äußeren Feind zu gewährleisten.
4. Indirekt durch einen von Krieg zerbombten Staat, der eine neue, breiter gestreute Eigentumsverteilung möglich macht.
Der Kapitalismus ist letztlich ein modifiziertes Monopoly-Spiel, mit der neuen Spielregel, dass niemand mit einem Startkapital beginnen darf, sondern sich dieses erst leihen muss. Ziel des Spiels ist es, den Konkurrenten tiefer in die Verschuldung zu treiben, um selbst solvent zu bleiben bzw. Geld oder Geldforderungen zu horten, mit denen hernach Eigentumstitel gekauft werden können. Wenn am Ende einige wenige alles besitzen und die große Mehrheit heillos verschuldet ist, ist der Durchlauf beendet. Der letzte debitistische Durchlauf im Leben einer Kultur wird nicht mehr abgewickelt, sondern durch die dann auftretenden Imperatoren so lange wie nur möglich durch Staatsverschuldung, Nettogeld-Spritzen, Teil-Währungsreformen, Imperialismus, Enteignung von politischen Kontrahenten und Gläubiger-Morde gedehnt. Die betreffende Volkswirtschaft findet dann, selbst nach einer vollständigen Währungsreform, nie wieder zu alter Stärke, weil eine großflächige Enteignung von Eigentum mit anschließend breit gestreuter Verteilung aufgrund der Komplexität des betreffenden Wirtschaftsraumes weder politisch noch ökonomisch durchsetzbar ist. Wir kommen später im Detail darauf zurück. Halten wir vorerst fest: Betrachten wir die Gesamtverschuldung der Bevölkerung und die Verschuldung des Staates bzw. reziprok dazu das Gesamtguthaben als eine einzige Bilanz, dann darf es in dieser zu keiner längerfristigen Bilanzverkürzung kommen. Die Gesamtschuldenmenge und spiegelbildlich die Guthaben müssen stetig wachsen.
Nun sind diesem Kreditwachstum aber im Goldstandard Grenzen gesetzt, nämlich durch die vorhandene Goldmenge, mit der die Notenbank die Nachfrage der Geschäftsbanken nach Bargeld begrenzt, was indirekt auch die Kreditvergabe der Geschäftsbanken drosselt. Sobald die Grenzen des Kreditwachstums im Goldstandard erreicht sind – also die letzten Kredite nicht mehr durch neuerliche, noch höhere Kredite abgelöst werden –, kommt es zum deflationären Kollaps. Da die Schulden (plus Zinsen) des letzten Schuldners nicht durch neuerliche Verschuldung bedienbar gehalten werden, tilgt dieser nun seine Schulden mit dem vorhandenen Geld (bzw. Forderungen auf Geld), das nun folgerichtig den anderen Schuldnern zur Bedienung ihrer Kredite fehlen muss. Der von Martin so bezeichnete »Kettenbrief« reißt und es beginnt ein Kampf um das Schuldentilgungsmittel »Geld«. Nun laufen alle gemeinsam zum Ausgang. Jeder versucht seine Schulden mit dem noch existierenden Geld zu tilgen. Geld wird knapp und es wertet auf oder debitistisch formuliert: Der Produzent kann aufgrund der fehlenden Nettoneuverschuldung seine Produkte nicht mehr am Markt absetzen und senkt sukzessive die Preise, um sie überhaupt noch loszubekommen. Immer mehr Schuldner geraten in diesem Kettenbrief der Kredite unter Druck – den Letzten beißen die Hunde. Die beschriebene deflationäre Spirale aus fallenden Preisen greift um sich. Die ausstehenden Sicherheiten werden neu bewertet, was den Druck auf die übrigen Kreditnehmer erhöht, ihre Kredite schneller zu begleichen oder mit weiteren Sicherheiten zu unterfüttern. Niedrigere Löhne und Arbeitslose befeuern die Entwicklung weiter und da immer mehr Kredite notleidend werden, kommen auch die Banken unter die Räder und stehen kurz vor der Pleite. Die Sparer stürmen daraufhin die Bank, um ihre Forderungen auf goldgedecktes Bargeld (gesetzliches Zahlungsmittel) geltend zu machen. Die Bank kann aber aufgrund ihrer im Preis gefallenen Aktiva nur einen Teil des Giralgeldes bei der Notenbank in Bargeld umwandeln, danach ist sie pleite. So gilt auch hier: Den Letzten beißen die Hunde. Durch die fallenden Preise auf breiter Front sind auch überlebende Banken besonders restriktiv bei der Kreditvergabe und achten auf besonders hohe Bonität ihrer neuen Kreditnehmer. Doch selbst diese wollen in einem Umfeld fallender Preise keine neuen Kredite, sondern beginnen die alten zu tilgen bzw. sparen ihre ständig im Wert steigenden Nominalforderungen (Bargeld unter dem Kopfpolster) und warten auf wirtschaftlich stabilere Zeiten. Durch die fallenden Preise bricht auch bei den Betuchten der Konsum ein, nach dem Motto: Warum soll ich heute Anschaffungen leisten, wenn sie morgen noch viel billiger sind? Das Gleiche gilt für die wenigen, die grundsätzlich bereit wären, Kredite aufzunehmen: Warum heute Kredite aufnehmen, warum nicht morgen, wo die Zinsen noch niedriger sind? So wird ohne Nettoneuverschuldung, die notwendig wäre, um die Schulden zu stemmen, ein Schuldkontrakt nach dem anderen fällig und die Deflationsspirale dreht sich gnadenlos, theoretisch bis zu dem Punkt, wo alle Kredite vernichtet sind und damit kein Buchgeld mehr existiert bzw. alles Geld (in welcher Form auch immer) zum Emittenten zurückgekehrt ist. Praktisch bricht dagegen nur das Kreditgeschäft der Banken zusammen, d.h. der Markt für Forderungen auf das gesetzliche Zahlungsmittel. Die Deflation bucht damit Schulden aus, die uneinbringlich sind und korrigiert die der Deflation vorangegangene Inflation. Übrig bleiben die Steuerforderungen, d.h. das echte Geld, das weiterhin nachgefragt und damit gegen Verschuldung geschöpft werden muss. Würde diese Forderung in einem Gedankenexperiment wegfallen1 und würden wir uns in einer isolierten Volkswirtschaft mit ausreichend Grund und Boden für jedermann befinden, dann würde sich die Gesellschaft, nach einem jahrzehntelangen Intermezzo der für krisengeschüttelte Machsysteme typischen Tausch-Geschäfte (Zigaretten gegen Nahrung etc.), wieder zu Stämmen mit Subsistenzproduktion zurückentwickeln, das Abgabengut, in unserem Fall Gold, würde zu seinem inneren Wert zurückkehren (Schmuckwert, der besonders in einer Krise äußerst niedrig und in Stämmen de facto wertlos ist) und Eigentumstitel könnten nicht mehr bepreist werden.
Deflationäre Phasen sind alles andere als angenehm. Es kommt zu Revolten, Regierungsstürzen und Instabilitäten im Staat. Sowohl Volk als auch Staat fürchten sich vor einer deflationären Schuldenbereinigung wie der geschilderten. Was hat also zu geschehen?
Um das Funktionieren des Kapitalismus weiter zu gewährleisten, beginnt man ganz einfach die Golddeckung aufzuweichen, von 30 auf 10%, von 10 auf 3% usw. Auf diese Weise versucht man, den inhärenten Zwang des Kapitalismus zur Aufschuldung zu gewährleisten. Es soll nie wieder dazu kommen, dass Unternehmen keinen Kredit bzw. nur einen Kredit unter teuren Konditionen bekommen, weil den Notenbanken das Gold dazu im Tresor fehlt. Nun funktioniert die Aufschuldung wieder. Durch die Fluten an neuen Krediten steigen Aktien, Immobilien, Rohstoffe und Konsumgüter – je nachdem, welches Segment mit den Unmengen an Geld eben gerade nachgefragt wird. Weil alles im Preis steigt, wird fleißig investiert, und die Kredite werden den Banken nur so aus der Hand gerissen. Nun kommt aber selbst die geringste Golddeckung irgendwann an ihre Grenzen. Ein weiterer Crash wartet mit gestiegener Fallhöhe – d.h. noch viel mehr Kredite, noch viel mehr Zerstörungskraft, noch viel mehr Potential für inner- und außerstaatliche Instabilität. Wieder können weder Volk noch Staat die Deflation zulassen und so beginnt man die Golddeckung ganz abzuschaffen, die ohnehin nie mehr war als ein künstlich geschaffenes Element zur Begrenzung des Kreditwachstums; bzw. hatte Gold nach Gunnar Heinsohn und Otto Steiger früher überhaupt nur den Vorteil der Fälschungssicherheit gegenüber Banknoten. Dem Staat war die Golddeckung darüber hinaus ohnehin immer ein Dorn im Auge – war er dadurch ja selbst in seiner Kreditaufnahme beschränkt. Mit Gold lässt sich deshalb kein für ein Weltreich notwendiger Imperialismus betreiben, keine Demokratie erhalten (Bestechung des Wählers