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gegen Gold als Zahlungsmittel anbieten, ergo sie müssen den Steuersatz 1: 1 in Wirtschaftsleistung umwandeln, was Preise schafft und dem Gold seine Wertstabilität verleiht. Da aber nicht alle Wirtschaftssubjekte gleichzeitig genug Gold erwirtschaften werden, um ihre Urschuld und Steuerschuld zum Termin leisten zu können – und zwar nicht allein deshalb, weil sie schlecht gewirtschaftet hatten oder sich das Gold im Kapitalismus systemimmanent in der reichen Schicht konzentriert und deshalb in den unteren Schichten fehlt, sondern weil, wie wir später sehen werden, eine vollständige Tilgung grundsätzlich unmöglich ist – wird es zu Leihgeschäften zwischen Privaten kommen. Derjenige, der Gold zum Termin benötigt, wird sich dieses von jemandem leihen, der es im Überschuss vorrätig hat. Das ist nichts anderes als eine Geldleihe, wie sie etwa auch eine Anleihe darstellt, die ebenfalls am Markt weitergehandelt werden kann. Wer allerdings ein Unternehmen vorfinanzieren will, von dem er sich in Zukunft ein großzügigeres Einkommen in Gold verspricht, wird sich den entsprechenden Kredit wiederum über eine Geschäftsbank besorgen, d.h. durch Belastung von Vermögen des Gläubigers (Geschäftsbank) und des Schuldners. Ein Goldstandard mit 100% Deckung ist in einer Eigentumsgesellschaft (!) deshalb der Garant schlechthin für die Entstehung des von Libertären so verhassten Kreditgeldes, weil es in einem solchen System gar keine andere Ausweichmöglichkeit für Privatpersonen gibt, um an genügend Zahlungsmittel zu kommen – anders als beispielsweise in den Anfängen der Staatenhistorie, wo es nur zarte Ansätze von Privateigentum gab. So lässt sich die einfache Geldleihe in Mesopotamien bereits 3000 v. Chr. belegen, vor allem mit der zunehmenden Bedeutung der Tempelbank spätestens seit dem 2. Jt. v. Chr., die das Abgabengut Silber gegen Zins verlieh (Geldleihe). Die Sicherheit, die der Tempelbank angedient wurde, war, wie bereits dargelegt, meist das Eigentum an sich selbst, d.h. die Schuldknechtschaft im Falle der Nichttilgung. Ob es in Mesopotamien bereits Kredite gab, d.h. privat geschöpftes Geld in Form von Wechseln, ist ein Streitthema weniger Gelehrter weltweit, die sowohl historisch als auch ökonomisch bewandert sind, und zielt vor allem auf die Frage ab, wie es mit der Verteilung des Privateigentums bestellt war, das wohl eher der Oberschicht und den Kaufleuten (Verbindungsmänner zwischen Palast und Welthandel) vorbehalten war. Aber bereits in der griechischen Antike lässt sich das Geflecht aus Eigentum, Vertragsfreiheit und Kredit zweifelsfrei nachweisen, und die Römer verfügten über einen voll ausgereiften Kapitalismus. Die Ironie an der Sache ist, dass ohne den von Libertären so verhassten Staat nicht nur kein von ihnen so geheiligtes Eigentum definierbar ist, sondern dass dieses Eigentum letztlich sogar Ursache und Voraussetzung für die Entstehung des heftig kritisierten privat geschöpften Kredites ist.

      Dieses dem Kapitalismus (Debitismus) inhärente Prinzip aus Abgabenschulden dem Staat gegenüber auf der einen Seite und Kontraktschulden zwischen Privaten auf Basis von Eigentumsrechten auf der anderen Seite ist der Ursprung unseres modernen zweistufigen Bankensystems. Beide Rechtssphären muss man sich getrennt voneinander vorstellen, und daran ändert auch ein Goldstandard nicht das Geringste.1 Muss man sich doch, im Gegenteil, die Frage stellen, wie Gold überhaupt gefördert werden soll, wenn nicht durch eine – notwendigerweise – nicht goldgedeckte Vorfinanzierung der betreffenden Goldmine. Oder wie Martin hierzu in Gewaltmetall Gold erklärt: »Es ist äußerst wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass auch in einem System mit Unter-100%-Golddeckung Banknoten nicht etwa ›als solche‹ verliehen werden, sondern immer nur gegen Pfand (andere ›Ware‹ in relativ stetigem Verhältnis zum Gold) bzw. dem Versprechen als Sicherheit, letztlich in etwas zurückzuzahlen, was in letzter Konsequenz wieder nur Gold sein kann. Man macht sich das am einfachsten klar, indem man auf der einen Seite ein Depot nimmt, das Marken mit 100% Deckung ausgibt und dann 10% zusätzliche Marken an ein Goldbergwerk ausgibt, das als Sicherheit das Versprechen im Depot (in Form eines Wechsels z.B.) hinterlegt, die 10% nach abgeschlossener Produktion zurückzugeben. Dann hat das Depot nach Ablauf des Versprechens 110% Deckung und kann weitere 10% Depositenscheine ausgeben bzw. die zehn Prozent zusätzlichen Metalls direkt ausgeben – als Kredit, der wiederum durch Pfand bzw. ein neues Zahlungsversprechen eines anderen besichert sein muss. Auf einen solchen Vorgang weist die […] vorgestellte Tontafel (Herkunft Mesopotamien, Anm. des Autors) hin, wo der Tempel (Bank) an einen Zalilum 6 Shekel Silber verleiht, wobei der Kaufmann Agaya 5 Ar (»acres«) seines Feldes verpfändet. Abgesehen von der hier zunächst nicht weiter zu interessierenden Zinsfrage zeigt dieser Vorgang deutlich, dass die Hergabe von Silber (man könnte wahlweise einen Depotschein nehmen) seitens eines Depots nur möglich ist, nachdem Pfand geleistet wurde. Dieser Vorgang führt direkt zu Banknoten in heute aktuellen Geldsystemen, die ausschließlich gegen auf Pfandkonten der Notenbank liegende Sicherheiten erfolgt.«

      Um ein Gefühl für die Abläufe zu bekommen, stellen wir uns ein Geldsystem mit partieller Golddeckung, d.h. unter 100%, vor, wie es im klassischen Goldstandard Usus war. Hier haben wir auf der einen Seite die Zentralbank, deren Aufgabe die Emission goldgedeckter Banknoten ist. Bei einer Deckung von 50% hätte die Notenbank die Aufgabe, Bargeld zu emittieren, das zu 50% mit Gold gedeckt ist, welches in den Tresoren der Notenbank schlummert. Will nun eine Geschäftsbank Banknoten (Bargeld), müsste sie sich entweder irgendwo Gold besorgen und es bei der Notenbank gegen Bargeld tauschen, oder aber sie hinterlegt z.B. einen Wechsel mit Rückzahlungsversprechen zu einem definierten Termin und »borgt« sich die Banknoten. Diese Refinanzierungsgeschäfte zwischen Geschäftsbank und Notenbank unterscheiden sich damit kaum von den Geschäften zwischen Kunden und Geschäftsbank. Sieht man vom fundamentalen Unterschied ab, dass eine Zentralbank zwar in bilanzielle Schieflage geraten, aber nicht pleitegehen kann (so genügen Gesetzesänderungen, um die Bonitätsstufe notenbankfähiger Sicherheiten aufzuweichen oder im Krisenfall ganz abzuschaffen; siehe die später vertiefenden Erläuterungen zu »Nettogeld«), besteht eine andere Abweichung darin, dass die Notenbank grundsätzlich nur Bargeld in der Höhe des Pfands (z.B. Wechsel) gewährt, während eine Geschäftsbank heute mehr Giralgeld gutschreibt, als das vom Kreditnehmer hinterlegte Pfand wert ist, was, wie wir später noch sehen werden, systemimmanent passieren muss und auch rechtlich kein Problem darstellt, solange sie genügend Vermögenswerte (Aktiva) vorweisen kann, um für den Ausfall des Schuldners geradezustehen. Ob und welche Pfänder zu welchem Wert der Schuldner hinterlegt, ist allein Sache der Geschäftsbank.

      Fassen wir also noch einmal zusammen, bevor wir uns dem gegenwärtigen Geldsystem zuwenden: Am Anfang steht die Urschuld. Aus einer Not heraus oder dem Drang, die Urschuld dauerhaft zu bedienen, resultiert ein Gewaltakt. Ein Stamm oder Volk wird unterworfen und tributpflichtig gemacht. Das Abgabentilgungsmittel zum Termin wird zu Geld. Erst wenn also eine Schuld (Steuerschuld) zum Termin offen ist, ist Geld definierbar. Um die Steuerschuld zu bedienen, kommt es zum Abschließen von Verträgen zwischen Privaten zur Erwirtschaftung der Abgabe. Aus einer Not heraus oder dem Drang, die Urschuld und Steuerschuld dauerhaft zu bedienen, kommt es zuerst zur Geldleihe und nach Etablierung von Privateigentum zum Kredit, d.h. zu eigentumsgedeckten Schuldtiteln mit Fälligkeit (Termin!), die zediert werden. Auch Giralgeld ist damit nur dadurch definierbar, dass es zum Termin wieder zurückgefordert wird. Es wird dem Kreditnehmer von der Geschäftsbank eingeräumt und muss zum Fälligkeitstermin (monatliche Kreditrate bzw. Kredittilgung am Ende der Laufzeit) wieder zur Bank zurück, wo es im Nichts verschwindet, aus dem es kam, d.h. nach Leistung wertlos verfällt. Giralgeld ist immer eine Forderung auf das Steuertilgungsmittel. Würde ein Kreditnehmer oder Sparer einer Geschäftsbank sein Giralgeld in goldgedecktes Bargeld ausbezahlt haben wollen, so müsste die Geschäftsbank, wenn sie nicht gerade physisches Gold lagernd hat oder Sachwerte gegen Gold verkauft, notenbankfähige Schuldtitel1 (mit Fälligkeitstermin!) bei der Notenbank hinterlegen und dafür Bargeld (mit 50% Golddeckung) in Höhe des Schuldtitels bekommen, um dieses dem Sparer oder Kreditnehmer auszuzahlen. Diese Menge an Bargeld müsste die Bank spätestens einen Tag vor Fälligkeit des hinterlegten Schuldtitels wieder an die Notenbank zurückzahlen, um den Schuldtitel auszulösen. Über den Zinssatz für das Halten des von ihr verausgabten Bargeldes reguliert die Notenbank indirekt die Kreditvergabe der Geschäftsbanken, sodass diese bei steigenden Zinsen die Nachfrage nach Bargeld drosseln. Auf diese Weise soll die Golddeckung nie die 50% unterschreiten. Wichtig ist auch hier, dass das Gold selbst keinen Wert an sich hat, sondern nur als Schuldentilgungsmittel fungiert. Nachgefragt wird das Gold (abgesehen von seiner Verwendung als Schmuck) nur deshalb, weil es der Staat als Steuer verlangt und Kredite damit getilgt werden, aber einen Wert im Verhältnis zu allen anderen Gütern erhält es erst durch die zwingend aus den Schuldkontrakten resultierende Leistung

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