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komme mir bescheuert vor, aber vor allem bin ich erstaunt darüber, dass er meine Gedanken so gut lesen kann.

       »Kochst du eigentlich gern?« Er schnappt sich eine Handvoll Gemüse und schiebt es sich stückchenweise in den Mund.

       Ich brauche einen Moment, um seine Frage zu verstehen, und einen weiteren, um mir eine Antwort darauf zu überlegen.

       »Geht so«, bringe ich hervor. »Man muss schließlich hin und wieder etwas essen. Obwohl es besser wäre, ich könnte ganz aufs Essen verzichten.«

       Ich spüre Riks Blick auf mir. Er mustert mich viel zu eindringlich. Instinktiv ziehe ich den Bauch ein. Verdammte Kekse!

       »Du bist doch total dünn«, sagt er kopfschüttelnd.

       Dieses Gespräch ist viel zu peinlich und vor allem viel zu persönlich, als dass ich darauf weiter eingehen möchte. »Nicht im Vergleich zu Kevin«, entweicht es mir trotzdem.

       Rik fängt an, zu lachen. Seine Stimme klingt schön, auch wenn ich nicht verstehe, was so lustig ist.

       »Ihr scheint euch ja prächtig zu amüsieren und der arme Kevin muss ganz allein im Wohnzimmer den Tisch decken.« Kevins Jammern verursacht mir ein schlechtes Gewissen. Zumal mir nicht klar ist, warum Rik lacht.

       Diesmal bin ich es, der den Abstand zwischen uns verringert. Ich schlinge meine Arme um Kevins Hals und küsse ihn sanft auf den Mund. Bevor ich mir die Enttäuschung anmerken lasse, weil er meinen Kuss nicht erwidert, löse ich mich von ihm und hole Teller aus dem Schrank.

      ***

       Das Essen verläuft so, wie ich es erwartet habe: Die beiden reden und ich höre zu. Sie sprechen über ihre gemeinsame Zeit in Hamburg, von Eroberungen, Sexgeschichten… Das Zuhören fällt mir schwer, obwohl ich es auch spannend finde. Noch nie hat Kevin so viel von seiner Vergangenheit preisgegeben.

       Wenn ich darüber nachdenke, weiß ich sehr wenig über ihn. Aber das hier gefällt mir trotzdem nicht. Sie haben viel zusammen erlebt, viel mehr als Kevin und ich. Auch wenn ich mir Mühe gebe, ich kann nichts gegen das eifersüchtige Gefühl machen.

       Aber da ist noch etwas anderes. Etwas, das mir richtig Angst macht. Es sind Riks Augen, die wie blaue Edelsteine glänzen. Es ist das Lachen, das ansteckend ist und so warm und echt klingt. Es ist die Begeisterung in seiner Stimme, wenn er etwas erzählt. Aber vor allem ist es diese Aura, die von ihm ausgeht. Sie ist mir schon in der Küche aufgefallen. Da war ich jedoch selbst beschäftigt. Nun, da ich nur zuhöre, scheint sie fast greifbar zu sein und zieht mich in ihren Bann.

       Kevin reißt mich aus meinen Gedanken, indem er mich auf seinen Schoß zieht. Er schlingt seine Arme um meinen Bauch und legt sein Kinn auf meine Schulter ab. Ich stöhne auf, denn ein grässlicher Schmerz zieht meinen Rücken entlang.

       »Was ist los, Engelchen?«, fragt er. Rik sieht mich ebenfalls an.

       »Rückenschmerzen«, winde ich mich. Es ist nicht gerade der Augenblick, in dem ich die gesamte Aufmerksamkeit auf mich ziehen möchte. Stattdessen mache ich mich los und stehe auf.

       »Ich hole mir eine Tablette«, murmle ich vor mich hin.

       »Das liegt nur an deinem beschissenen Job. Du solltest dir echt was anderes suchen«, ruft er mir hinterher.

       »Ich mag meinen Job!«, erwidere ich trotzig, nehme eine der Pillen aus dem Blister heraus und gehe zurück ins Wohnzimmer.

       »Was gibt es daran zu mögen? Der körperliche Verfall fängt früh genug an, da muss man sich doch keine alten Menschen angucken. Das ist viel zu deprimierend. Genieß lieber meinen festen, knackigen Körper!« Kevin zieht sein Shirt ein Stück nach oben und streicht über seinen Bauch. Er ist so unglaublich flach, selbst nach dem Essen.

       Ich trinke einen großen Schluck Wasser und wünsche mir, dass mein Bauch auch so aussieht. Aber er ist fett. Wenn ich ihn einziehe, muss ich bestimmt kotzen. Ich habe wieder viel zu viel gegessen.

       »Anstatt Pillen zu schlucken, solltest du es mal mit Sport probieren«, schlägt Rik vor.

       Angewidert verziehe ich das Gesicht. »Tolle Idee!«, brumme ich. Ich gehe bestimmt nicht in so ein Fitnesscenter.

       »Hey, ich meine das ernst. Ich gebe im Jugend- und Freizeitzentrum einen Yoga-Kurs. Komm doch mal vorbei. Das ist gut für den Rücken und sorgt zudem für eine innere Balance. Ist doch bei deinem Job ziemlich wichtig, oder?«

       »Mit meinem Gleichgewicht ist alles in Ordnung«, fahre ich ihn heftiger an, als ich eigentlich beabsichtigt habe. Riks rechte Augenbraue schnellt nach oben. Fragend sieht er mich an. Ich kann seinem Blick nicht standhalten und setze mich stattdessen wieder zu Kevin.

       »Du gehst in diesen vergammelten Schuppen?«, mischt er sich ein.

       »Warum nicht?«

       »Gott, Rik! Dieser Laden ist doch echt ekelhaft. Allein die Typen, die da rumlaufen...«

       »Ich finde die Leute ziemlich in Ordnung. Außerdem bieten sie die Kurse kostengünstig an. Davon mal abgesehen gibt es auch einen Verein für Lesben, Schwule und Transgender. Ich hab mich letztens mit dem Referenten für Homosexualität unterhalten, der ist echt engagiert.«

       »So was interessiert mich nicht«, brummt Kevin genervt.

       »Schon klar«, erwidert Rik.

       Die Stimmung zwischen den beiden wird immer gereizter. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Eigentlich bin ich in erster Linie erstaunt darüber, wieso Kevin dieses Freizeitzentrum kennt. Natürlich habe ich auch schon davon gehört, aber ich habe keine Ahnung, wie es dort aussieht. Ich wusste nicht mal, dass es so einen Verein gibt.

       »Für so was hat mein Engelchen ohnehin keine Zeit.« Kevin klingt bestimmt, als wenn es von seiner Seite nichts mehr darüber zu diskutieren gäbe.

       »Für ein bisschen Sport sollte man immer Zeit haben. Es ist ein guter Ausgleich.«, wendet sich Rik an mich. »Die Leute in dem Zentrum sind wirklich nett. Ich habe den Kurs erst angefangen. Vielleicht kommst du einfach mal vorbei und probierst es?«

       »Vielleicht«, nuschle ich. »Wann findet der denn statt?«

       »Immer mittwochs, 20 Uhr.«

       Kevin schiebt eine Hand unter mein Shirt und spielt an meiner Brustwarze. Ich versuche, ihn aufzuhalten, als sein Mund bereits meinen Hals traktiert.

       »Kevin«, seufze ich und versuche, mich von ihm zu befreien.

       »Ich habe den geilsten Kerl der Welt«, raunt Kevin. »Und wenn er so schamhaft ist, macht mich das ganz besonders an.«

       Ich muss nicht hinsehen, um zu wissen, dass Kevin und Rik sich ansehen. Unbehaglich rutsche ich hin und her.

       »Okay, Zeit für mein Bett«, ruft Rik lachend. Sein Lachen klingt anders als zuvor. Angespannt, vielleicht ein wenig genervt. Er nimmt sein Handy.

       »Das war das erste, was ich mir gemerkt habe. Die Nummer eines Taxiunternehmens, nachdem ich mich total verlaufen hatte«, sagt er kopfschüttelnd, dann bestellt er das Taxi.

       Auf der einen Seite ist es schade, dass Rik geht. Im Gegensatz zu den meisten anderen von Kevins Freunden ist er wirklich sympathisch. Auf der anderen Seite bin ich mittlerweile nur noch damit beschäftigt, Kevins Angriffe abzuwehren. Das macht mich verrückt. Ich weiß, dass so was vor Gästen ziemlich schäbig ist. Trotzdem genieße ich es, denn ich bin sicher, wenn Rik erst weg ist, sind es Kevins Hände auch.

       Selbst auf dem Weg zur Tür hält er mich umklammert. Sein Versuch, mich hochzuheben, ist ungeschickt. Fast fallen wir beide hin. Mein Gesicht flammt auf, denn ich weiß, dass er mich tragen kann. Das hat er in der Küche auch geschafft.

       »Ich glaube, ich brauche den Yoga-Kurs«, sagt Kevin und greift sich stöhnend in den Rücken. Es ist nur gespielt, aber es ändert nichts an der Wirkung. Ich schäme mich.

       »Du solltest einfach mal mehr als drei Stück Paprika und zwei Scheiben Möhren zusammen mit fünf Reiskörnern

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