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»Und, bist du jetzt wach?«, fragt er grinsend.

       Ich schüttle den Kopf und versuche, mich wieder an seiner Schulter zu verstecken.

       »Los, raus aus dem Bett, Engelchen. Ich war schließlich schon Brötchen holen und habe den Tisch gedeckt.«

       Viel zu schnell springt Kevin aus dem Bett. Seufzend hebe ich meinen Oberkörper ein wenig an, stütze mich mit den Unterarmen ab und schaue ihm dabei zu, wie er sich seine Klamotten anzieht.

       »Wie spät ist es denn?«, frage ich gähnend.

       »Gleich halb zehn.«

       »Halb zehn? Es ist Samstag. Wie wäre es, wenn wir heute den ganzen Tag im Bett bleiben würden? Wir könnten doch auch hier frühstücken.« Ich versuche, ihn verführerisch anzulächeln. »Bitte?«, füge ich hinzu, nur das Augenklimpern erspare ich mir, denn mir ist klar, dass dieser Versuch ins Leere geht.

       »Jetzt sei nicht schon wieder beleidigt«, brummt Kevin, als ich mich frustriert nach hinten fallen lasse. »Ich dachte, dir hätte das eben gefallen.« Seine Stimme klingt ein bisschen zu liebevoll.

       Die Rose landet in meinem Gesicht. Erst jetzt bemerke ich ihren schwachen Duft. Ich schließe die Augen, während Kevin mich mit der Blüte streichelt. Als sie meinen Hals entlangfährt, bekomme ich eine Gänsehaut. Kevin lacht leise.

       »Die Rose braucht Wasser und ich habe Hunger!« Damit beendet er das sinnliche Spiel, steht auf und verlässt das Zimmer.

       Es macht keinen Sinn, darüber nachzudenken, wieso er unbedingt aufstehen will. Ich schiebe die Decke zur Seite und setze mich auf. Keine gute Idee.

       Mit schmerzverzerrtem Gesicht ziehe ich meine Unterhose an und werfe mir ein Shirt über. Ich muss dringend ins Bad. Mein Hintern schreit nach Wundsalbe.

       Als ich an der Küche vorbeikomme, dringt der Duft von Kaffee in meine Nase. Kevin hat wirklich den Tisch gedeckt, sitzt bereits da und scheint nur auf mich zu warten. Die Rose steckt in einer kleinen Vase, die direkt neben meiner Tasse steht. Der Anblick rührt mich.

       »Ich bin gleich da«, sage ich lächelnd. »Muss nur noch schnell ins Bad.«

       »Beeil dich, sonst esse ich alles allein auf«, erwidert er grinsend.

       »Als ob du überhaupt etwas essen würdest«, rufe ich von der Badtür.

       »Oh doch, ich habe echt Hunger.«

       »Okay, gib mir eine Minute.« Lachend schließe ich die Tür und stürme zur Toilette.

       »Die Zeit läuft!«, vernehme ich dumpf.

       Das Lächeln vergeht mir ziemlich schnell, als ich mit einem Waschlappen das Gel von meinem Po entferne. Tausend Nadelstiche lassen mich gequält aufstöhnen. Mit zittrigen Händen greife ich zur Wundsalbe und verteile eine großzügige Menge.

       Beim Händewaschen betrachte ich mich im Spiegel. Ich sehe müde aus. Hektische Flecken bedecken meine Wangen. Bartstoppeln erinnern mich daran, dass ich mich dringend rasieren muss.

       Tatsächlich habe ich einen Knutschfleck an meinem Hals. Tiefrot und blau leuchtet er mir entgegen. Ich fahre mit einem Finger darüber und schließe für einen Moment die Augen. Ich könnte mir einreden, dass es ein Zeichen dafür ist, dass ich sein Freund bin. Aber ich finde es nicht besonders erotisch, so markiert zu sein. Es fühlt sich nicht besonders gut an.

       Wofür steht dieses Mal? Für Liebe, für leidenschaftlichen Sex? Natürlich war es heute Morgen sehr viel besser als gestern. Ich bin gekommen, das ist auf jeden Fall ein Fortschritt.

       Grinsend strecke ich meinem Spiegelbild die Zunge heraus. Ich will auch dieses Feuerwerk, ich will Explosionen, Blut, das wie Lava durch meine Adern fließt… Ich will… ja, was eigentlich?

       »Du guckst zu viele Liebesfilme!«, meckere ich mein Spiegelbild an.

       Dieser ganze Quatsch funktioniert nur in Hollywood oder in irgendwelchen Büchern. Das wahre Leben sieht anders aus. Es gefällt mir, was Kevin und ich haben. Ich bin froh, dass er mit mir zusammen ist. Ich bin dankbar für seine Liebe. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass da noch mehr auf mich wartet, dass Kevin sich eines Tages öffnet. Dafür lohnt sich der Schmerz in meinem Hintern und alles andere auch.

       Meine Haare sind zerzaust. Mit den Fingern versuche ich, sie in Form zu bringen, und greife dann seufzend zum Kamm. Das helle Blond wächst allmählich heraus. Ich sollte es bald nachfärben.

       Wie von einem Geistesblitz getroffen, betrachte ich die Wanne im Spiegel. Wenn wir schon nicht den ganzen Tag im Bett bleiben, dann könnten wir doch wenigstens nach dem Frühstück in die Badewanne gehen. Vielleicht kann ich Kevin sogar zu einem Glas Sekt überreden. Das eben im Schlafzimmer war ein guter Anfang. Es ist Ewigkeiten her, dass er so zärtlich gewesen ist und sich so viel Zeit für mich genommen hat.

       Voller Tatendrang gehe ich in die Küche. Ich ignoriere, dass sich in der Spüle das Geschirr von mindestens einer Woche stapelt und dass der Mülleimer überquillt. Ich ignoriere auch den Geruch, der damit einhergeht. Ich habe nur Augen für Kevin.

       Unsere Küche hat so einen kleinen Vorsprung, in den ganz genau unser Tisch samt zwei Stühlen passt. Die bodenlangen Fenster vermitteln das Gefühl, auf einem Balkon zu sitzen. Die Bewohner der oberen Etagen haben sicherlich eine schöne Aussicht über die Stadt. Wir wohnen ganz unten und haben leider nur den Blick auf ein paar Sträucher und den Spielplatz. Trotzdem sitze ich gern hier.

       Überhaupt mag ich unsere Küche. Zumindest wenn ihr Zustand nicht so verheerend ist wie im Moment. Natürlich könnte ich mich darüber aufregen, aber der Morgen hat so gut angefangen. Ich werde das jetzt nicht zerstören.

       Als ich mich auf meine Stuhl setzen will, springe ich gequält wieder hoch. Augenblicklich verfärbt sich mein Gesicht dunkelrot.

       Ich traue mich nicht, Kevin anzusehen. Es ist wohl besser, wenn ich mir aus dem Wohnzimmer ein Kissen hole.

       »Komm auf meinen Schoss«, sagt Kevin liebevoll und zieht mich am Arm zu sich heran.

       »Ich weiß nicht…«, murmle ich verlegen, »ich bin doch viel zu schwer.«

       »Unsinn! Komm her, süßer Engel.«

       Unsicher klettere ich auf seine Beine und lasse mich vorsichtig nieder. Kevin schlingt die Arme um meinen Bauch und zieht mich dichter an sich heran. Er küsst meinen Nacken. Es ist ein schönes und vertrautes Gefühl. Ich liebe es, wenn er so zärtlich ist, auch wenn sich da diese Anspannung in meinem Inneren breitmacht. Das ist viel zu gut, um wahr zu sein. Ich will ihm ja vertrauen, aber es ist wirklich nicht leicht.

       Um mir nichts anmerken zu lassen, trinke ich einen großen Schluck Kaffee, dann greife ich nach dem Brötchenkorb.

       »Soll ich dir ein Brötchen machen?«, frage ich, drehe meinen Kopf nach hinten und drücke ihm schnell einen Kuss auf den Mund.

       »Nee, lass mal, ich habe Kaffee«, murmelt Kevin.

       »Ich dachte, du hast so großen Hunger?«, frage ich erstaunt.

       »Du kennst mich doch. Großer Hunger ist relativ. Mit dir hier zu sitzen und dir beim Essen zuzugucken, reicht mir vollkommen.« Erneut spüre ich seine Lippen an meinem Nacken.

       Leider bewirkt das genau das Gegenteil, mir vergeht augenblicklich der Appetit. Ich kann nicht essen, wenn Kevin mir dabei zuschaut. Er ist so dünn und ich… Lustlos hole ich das Innere meines Brötchens heraus, forme es zu einer Kugel und stecke es mir anschließend in den Mund.

       »Hast du für heute was geplant?«, frage ich kauend.

       »Hm?«, bekomme ich zur Antwort. Grinsend schiebe ich ihm meinen Ellenbogen in den Bauch. Gespielt keucht er auf und beißt mir in den Hals.

       »Nimm lieber ein Brötchen«, sage ich empört, aber Kevin greift stattdessen nach seiner Tasse.

       »Ich meine, also, wenn du nichts weiter vorhast... wir könnten nach dem Frühstück Wasser in die Wanne lassen…«

      

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