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unendlichen Allmacht. So betrachtet darf man sagen, daß ein Ketzer nur der sein kann, der die göttliche Allmacht nicht anerkennt. In welcher Form er an sie glaubt, ist ganz gleichgültig. Die Konfessionen begehen einen großen Irrtum, da sie den Menschen zu einer jeweils einzigartigen Anschauung, zu einem Glauben zwingen, der niemals und in keiner Konfession die Wahrheit bedeutet.

      Sehr viele Menschen haben sich schon ein selbständiges Urteil darüber gebildet, haben aber nicht den Mut, damit herauszutreten. Insbesondere diejenigen, die sich der Verbreitung der kirchlichen Lehren widmen. Geistliche, Nonnen, Prediger etc, sie haben alle nicht den Mut, ihre eigene Meinung zu sagen, gegen die Irrtümer der Kirche offen aufzutreten. Ganz bescheidene Anfänge sind in dieser Richtung vorhanden. Wer aber mit aller Kraft zu kämpfen bereit ist, wird von den Behörden der kirchlichen Organisationen allsogleich unterdrückt und abgeschafft. Die Mehrzahl dieser Helfer ist aber von der Richtigkeit ihrer Vorstellungen so überzeugt, daß sie gar nicht daran denkt, in irgendeiner Weise Kritik zu üben oder die ihnen eingefleischten Lehrsätze zu prüfen. In geradezu kindlichem Glauben, unselbständig und, ich möchte sagen, aus großer Bequemlichkeit, huldigen sie widerspruchslos allem, was von ihnen verlangt wird. Man kommt ja so am unangefochtensten zur Vollendung im kirchlichen Sinne. Man glaubt, eine reine Seele zu haben, weil man in keine Gefahr kommt, sie zu schädigen. Das ist nicht der Sinn und Zweck des Lebens. Ernsthafte Geistliche, denen jedoch der erweiterte Horizont fehlt, weil sie eben von Kindesbeinen an schon in der kirchlichen Atmosphäre gelebt haben, steigern sich mit vollster Überzeugung in die Glaubenslehren hinein, bilden sich dementsprechend ihre Vorstellungen von Gott, Christus und dem heiligen Geist und sind überzeugt, daß es eine Hölle gibt, vor der zu bewahren ihre große Aufgabe ist.

      Wenngleich auf diese Weise sicher viel Gutes an der leidenden Menschheit geleistet wird, muß leider gesagt werden, daß die heutige kirchliche Auffassung weit entfernt ist von der Wahrheit. Ich will hier nicht religiöse Vorträge verankern, dazu sind andere berufen, und es gibt schon genug mediale Mitteilungen, die den Zweck verfolgen, die Menschen aufzuklären und sie der Wahrheit näher zu bringen.

      Es gibt aber auch mediale Mitteilungen von verhältnismäßig hochstehenden Geistern, die immer noch im Irrtum verharren und, durch ihren Fanatismus gezwungen von der irdischen Auffassung nicht loskommen.

      Mein Freund Viktor, der mich in den Genuß des medialen Schreibens gebracht, mich und Grete darin geschult hat, ist in seinem irdischen Dasein Geistlicher gewesen. Er ist vor mehr als zwanzig Jahren herübergekommen, nachdem er im Leben ernst und mit voller Überzeugung der Kirche gedient hatte. Er war ein sehr fortgeschrittener Geist, aber durch Milieu und Erziehung irregeführt. Er hat nun Zeugnis darüber abgelegt, wie qualvoll die Zeit des Umlernens für ihn gewesen sei, die Erkenntnis, daß er auf einem falschen Weg gewandelt war.

      Man kann sich das ein wenig vorstellen, wenn man zum Vergleich einen Idealisten im irdischen Dasein nimmt, der zu der Überzeugung gebracht wird, daß das, was er sich zum Ideal erkoren hat, weit davon entfernt oder sogar das Gegenteil ist. Viktor hätte seinen Irrtum wahrscheinlich auch im materiellen Leben erkannt, wenn es ihm gegönnt gewesen wäre, ein höheres Lebensalter zu erreichen.

      Man sieht aber daraus, daß es ganz gleichgültig ist, wo der Geist sich weiterbildet, vielleicht aber nicht einmal das, weil im Jenseits die Erkenntnis viel leichter reift als auf der materiellen Welt.

      Nun muß aber bedacht werden, daß nicht jeder, der herüberkommt, gewillt ist und die Kraft aufbringt, alle Vorurteile und eingefleischten Glaubenssätze einfach über Bord zu werfen und, ich möchte sagen, bescheiden von vorn anzufangen wie Viktor. In materieller Lebensauffassung verfangen, wollen viele ihren Rang nicht ablegen, den sie im Irdischen eingenommen haben. Höhere und höchste Priester, ja auch Päpste, bleiben daher oft darauf beharrlich stehen, und ihre Äußerungen sind dann noch den irdischen Glaubenslehren angepaßt oder sogar identisch. In ihrer Verbohrtheit sehen sie nicht nach oben, wollen die Wahrheit nicht erkennen und beharren auf allem, was sie ihrer Meinung nach richtig erkannt haben.

      Um die Verkehrtheit dieser Einstellung zu erkennen, haben wir ein untrügliches Zeichen – ihre Ausstrahlung. Die Menschen aber nehmen ihre Mitteilungen als das einzig Wahre auf, ohne zu bedenken, daß keines dieser Geistwesen in der Lage ist, Gott zu sehen, in höchste Sphären Einblick zu gewinnen. Was sie mitteilen ist auch nur Glaube und nicht Wissen.

      Trotzdem darf nicht geleugnet werden, daß unter ihnen gute, fortgeschrittene Geister sind, die auch die Erlaubnis haben, Mitteilungen aus dem Jenseits zu vermitteln. Sie sind oft – aber nur sehr wenige von Ihnen – die von der göttlichen Allmacht auserwählten Diener, die, wie es die Kirche im Irdischen tut, ihren Segen erteilen, wenn ein göttlicher Auftrag gegeben ist. Ich will nicht mißverstanden werden und in den Verdacht geraten, jede kirchliche Betätigung abzulehnen und die Menschen, die sich dieser hohen Aufgabe geweiht haben, zu verurteilen und in ihrem persönlichen Wert zu schmälern und herabzusetzen. So wie es in jeder Wissenschaft fortgeschrittene und weniger reife Gelehrte gibt und unsere irdische Auffassung von Wert und Unwert ihrer Leistungen oft nicht gleichbedeutend ist mit der Bewertung im Jenseits, so ist es auch mit den Dienern der Kirche. Auch hier kann ein kleiner Geistlicher weit höher stehen als ein großer Kirchenfürst.

      Ich will also in diesem Zusammenhang nur betonen, daß auch religiöse Mitteilungen nicht immer von hohen Geistwesen vermittelt werden und daß sie nicht unterscheiden zwischen Glauben und Wahrheit. Mitteilungen aus dem Jenseits dürfen nicht auf Glauben, sondern nur auf Wissen aufgebaut sein.

      Darum können wir nur sagen: Wir haben noch nicht die Höhe erreicht und können noch nicht so hoch sehen, daß wir erkennen könnten, wo Gott wohnt und wie wir ihn uns vorstellen sollen. Kein jenseitiger Geist wird anderes berichten können, denn die letzte Wahrheit, und dazu gehört der letzte Himmel, wenn ich es so nennen darf, ist so weit entfernt von der irdischen Welt, daß eine Vermittlung von dort direkt nicht möglich ist.

      Die menschliche Existenz und das Jenseits, von dem wir bestenfalls zu sprechen in der Lage sind, sind so winzig klein und unbedeutend, daß es eine Anmaßung wäre, von allerhöchsten Wesen und Sphären, von der göttlichen Allmacht eine Gestalt zu wählen oder vorzustellen, die im Irdischen einen Vergleich zuließe.

      Bleibt mit allem Denken und Trachten im materiellen Leben nur der Tatsache bewußt, daß es eine unendliche Allmacht gibt, die, wie ich schon an anderer Stelle sagte, alles in Liebe, in allumfassender Liebe lenkt und leitet. Fühlt euch verpflichtet, getreu dieser Tatsache in Dankbarkeit dem Guten zu leben und zu wirken und den ernstlichen Wunsch nach Fortschritt und höherer Entwicklung in die Tat umzusetzen. Damit genug für heute.

      36. Notwendige und zu erwartende Reform in Wissenschaft und Rechtsleben

      Wir sprachen zuletzt von medialer Tätigkeit und den Irrtümern, die im Verkehr mit der Geisterwelt entstehen können und das auch dann, wenn die Verbindung echt und nicht imitiert oder vorgelogen ist. Wie im Leben nicht alles der Wahrheit entspricht, auch wenn es von sogenannten guten oder hochstehenden Menschen kommt, so ist es auch im Verkehr mit den Geistwesen, wenn noch so in guter Absicht, die doch noch in Irrtümern verfangen von ihrer nun einmal gefaßten Meinung nicht abgehen wollen.

      Das ist ja auch der Hauptgrund, weshalb die Wissenschaft sich mit den neuen Lehren nicht befassen will. Die Umwälzung ist zu groß und erfordert eine ganz neue Einstellung, will man ehrlich sein und wahrhaft Erfolg erzielen. Darum müssen wir Geduld haben. Der Fortschritt auf diesem Gebiet ist nicht aufzuhalten und vor allem dann nicht, wenn ernstzunehmende Wissenschaftler sich der Sache annehmen werden. Und solche werden sich finden. Die Umstellung wird nicht nur an einer Stelle der kultivierten Welt erfolgen und in die Wege geleitet. An verschiedenen Stellen, zur ungefähr gleichen Zeit, wird die Erkenntnis reifen.

      Die Erfahrung lehrt, daß zum Beispiel Erfindungen, neue Entdeckungen in der Naturwissenschaft oder Technik nicht nur von einem Menschen gemacht werden, sondern innerhalb einer kurzen Zeitspanne ohne gegenseitige Kenntnis von verschiedenen Gelehrten und Praktikern auf der ganzen Welt. Das ist kein Zufall, sondern der ewige gesetzmäßige Ablauf, die Auswirkung der unendlichen Gesetze ohne Willkür in unumstößlicher Reihenfolge. Das kann die Menschheit wohl erst im Nachhinein feststellen, also nach Bekanntwerden des Neuen, noch Unbekannten auf der materiellen

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