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eine Unverschämtheit.

      Artur Tellkamp sah seine Felle davonschwimmen, und er war wütend auf sich selber. Warum hatte er in seiner Gier auch so maßlos übertrieben.

      »Verehrte gnädige Frau, ich …«

      Rosmarie unterbrach ihn brüsk.

      »Ich bin nicht die verehrte gnädige Frau, sondern ich bin Rosmarie Rückert, und die hat es nicht nötig, sich von einem windigen Juwelier übers Ohr hauen zu lassen.«

      Sie hatte so laut gesprochen, dass man es ringsum auch hören konnte, aber das war ihr egal.

      Nicht einmal den Goldpreis wollte er ihr zahlen!

      Das war schlichtweg eine Unverschämtheit, es machte ihr jedoch auch ganz deutlich klar, was er von ihr hielt. Wäre sie in seinen Augen nicht eine hirnlose Schickse, hätte er ihr niemals dieses enttäuschende Angebot gemacht.

      Er versuchte sie zurückzuhalten, doch Rosmarie schüttelte ihn ab wie ein lästiges Insekt.

      Sie stürmte aus dem Laden, als sei der Leibhaftige hinter ihr her, und sie musste erst einmal ein Stück laufen, ehe sie sich beruhigte.

      Was nun?

      Hier in Hohenborn hatte es keinen Sinn, in die beiden anderen kleinen Läden zu gehen. Dort verkaufte man preiswerten Schmuck und hielt sich in erster Linie vermutlich durch den Verkauf von Batterien und Armbänder für die Uhren über Wasser.

      Es half nichts, dann musste sie eben in die nahegelegene Großstadt fahren.

      Eines hatte sich bei Rosmarie nicht verändert, wenn sie etwas wollte, dann zog sie es auch durch, und das am liebsten sofort.

      Sie hatte keine Lust, jetzt nach Hause zu laufen, um ihr Auto zu holen.

      Wäre sie noch die alte Rosmarie, dann würde sie sich jetzt ein Taxi rufen und damit, koste es, was es wolle, in die Stadt fahren.

      Mittlerweile dachte sie anders.

      Für das Geld, das die Fahrt mit dem Taxi kostete, konnte man gut und gern mehrere Dosen Hundefutter kaufen für die Tiere, die an Trockenfutter nicht gewöhnt waren.

      Es gab zwei Möglichkeiten, Bus oder Bahn.

      Es war nicht schwierig, hier eine Entscheidung zu treffen, denn gerade als sie den Marktplatz überqueren wollte, hielt direkt vor ihr der Bus, mit dem sie in die Stadt fahren konnte.

      Wenn sie nicht so wütend wäre, hätte sie jetzt angefangen zu lachen, zu komisch war die Vorstellung für sie, dass sie mit dem Bus in die Stadt fahren würde. Hoffentlich sah das keiner, man würde sich sonst sehr wundern!

      Bislang war es für Rosmarie unvorstellbar gewesen, kein Auto zu haben, und die armen, armen Menschen, die auf öf­fentliche Verkehrsmittel angewiesen waren, hatten ihr sehr leidgetan.

      Jetzt saß sie selbst in einem Bus, und so schlimm war das gar nicht.

      *

      Offensichtlich waren die meisten Juweliere Schlitzohren, oder aber sie waren knapp bei Kasse.

      Sie war mit ihren teuren Designerstücken bereits in drei Läden gewesen. In einem Laden war man an einem Ankauf nicht interessiert, im anderen Laden bot man ihr an, die Schmuckstücke in Kommission zu nehmen, und der dritte Laden taugte auch nichts, denn dort wollte man zwar kaufen, doch das Angebot war nicht viel besser als das von Tellkamp.

      Rosmarie hätte nicht für möglich gehalten, dass es so schwierig war, Schmuck zu verkaufen.

      Aber noch gab sie nicht auf!

      Erst einmal wollte sie sich allerdings ein wenig stärken, und sie wollte wenigstens einen Kaffee oder einen Tee trinken, und deswegen steuerte sie ein kleines Café an, das sie auf der anderen Seite eines Platzes entdeckt hatte und das einen guten Eindruck machte.

      Sie überquerte den Platz, auf dessen Mitte munter ein Springbrunnen plätscherte.

      Sie konnte sich vage erinnern, irgendwann bereits einmal hier gewesen zu sein, und sie erinnerte sich, dass es auf dieser Straße einige gute Geschäfte gab. An einen Juwelier konnte sie sich allerdings nicht erinnern, aber das mochte durchaus daran liegen, dass sie immer nur auf Läden wie das von Tellkamp fixiert gewesen war.

      Rosmarie hatte ihren Gedanken noch nicht einmal zu Ende gebracht, als sie, ganz in unmittelbarer Nähe des Cafés ein kleines, feines Juweliergeschäft entdeckte. Es besaß nur ein Schaufenster, doch was in der Auslage zu sehen war, gefiel Rosmarie. Wäre sie mittlerweile nicht anderweitig interessiert, hätte ihr das eine oder andere Schmuckstück durchaus gefallen können. Die Preise lagen weit unter denen, die sie gewohnt war. Machte es überhaupt Sinn, in den Laden zu gehen?

      Rosmarie zögerte, doch eine innere Stimme sagte ihr, es zu versuchen. Sie vergaß, dass sie eigentlich etwas trinken wollte, sondern ging in das Geschäft hinein. Es war auch von innen ziemlich klein, aber es war geschmackvoll eingerichtet.

      Hinter der Theke stand ein älterer schlanker Mann mit eisgrauen Haare, und Rosmarie sah, dass er an einer Armbanduhr ein neues Band anbringen wollte. Als er die Kundin bemerkte, legte er seine Arbeit sofort beiseite und begrüßte sie freundlich.

      Hier war sie falsch. Sie holte gar nicht erst ihre Schmuckstücke heraus, sondern erkundigte sich beinahe zaghaft: »Kaufen Sie auch Schmuck auf?«

      Er musterte sie interessiert, aber auch ein wenig neugierig, ehe er sagte: »Es kommt darauf an.«

      Er war nett, und warum sollte sie es nicht versuchen?

      Sie riskierte doch nichts.

      Rosmarie packte ihren Schmuck aus, legte ihn auf die Theke, dann sah sie den Mann erwartungsvoll an. Der gab nicht sofort sein Urteil ab, sondern sah sich alle Schmuckstücke genauestens an. Das hatten die andere Juweliere vor ihm nicht getan. Das war schon mal ein gutes Zeichen.

      Als er fertig war, sagte er: »Es sind ausnehmend schöne Stücke. Von so etwas trennt man sich nicht leichten Herzens. Befinden Sie sich in …, äh …, einem finanziellen Engpass? Bitte entschuldigen Sie, ich will nicht indiskret sein. Das wäre für mich jetzt nur eine Erklärung.«

      Der Mann wurde ihr immer sympathischer.

      »Nein, das ist nicht der Fall, und es ist auch nicht der einzige Schmuck, den ich besitze.«

      Dann erzählte sie dem Juwelier, weswegen sie verkaufen wollte, weil es sich für sie besser anfühle, etwas für Tiere in Not zu tun, anstatt Schmuck im Safe verrotten zu lassen.’

      Er lächelte fein.

      »Schmuck wie dieser verrottet niemals, aber natürlich werden Sie niemals mehr den Preis erzielen, den Sie für alles bezahlt haben. Und es war ein hoher Preis, nicht wahr?«

      Rosmarie nickte, er wandte sich erneut dem Schmuck zu, sah sich alles an, legte es auf die Waage, prüfte die Diamanten und anderen Edelsteine.

      »Es ist alles von höchster Qualität. Ich würde den Schmuck gern kaufen, weil ich dafür auch bereits Kunden im Auge habe, die dafür infrage kommen. Aber bitte, halten Sie mich jetzt nicht für unverschämt, wenn ich Ihnen mein Angebot mache. Es ist seriös ausgerechnet. Sie müssen mit großen Abschlägen rechnen, und ich muss etwas aufschlagen, weil ich auch etwas verdienen muss.«

      Er entschuldigte sich beinahe für seine Worte, und Rosmarie fragte sich, ob er wohl noch unter dem Angebot bleiben würde, das Artur Tellkamp ihr gemacht hatte. Sie hielt den Atem an, versuchte bereits Entschuldigungen für ihn zu finden. Er würde es nicht aus lauter Gier oder mit Böswilligkeit machen, sondern weil er mit solch hochpreisigen Schmuckstücken nicht umgehen konnte.

      Es war ihm peinlich, ihr die Summe zu nennen, und als er es schließlich doch machte, glaubte Rosmarie zunächst, sich verhört zu haben.

      Es war ein Höchstgebot, mit so viel Geld hatte Rosmarie nicht gerechnet, und er traute sich kaum, es auszusprechen? Was für ein netter Mensch.

      »Ich mache es«, rief Rosmarie erfreut.

      Er konnte es nicht

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