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sie die perfekte Bestatterin war. Gott schafft Männer und Frauen für verschiedene Aufgaben im Leben, und sie hätte nichts anderes sein können als das, was sie war. Skelettös, groß, knochig mit farbloser Haut und hervorstehenden wässrigen Augen, sah sie genauso wie ihr Vater aus. Lediglich die unscheinbaren grauen Kleider und der straffe Dutt, in den ihr glanzloses Haar gezogen war, wiesen darauf hin, dass sie eine Frau war. Ihre Stimme war tief und samtig, ihr Gesicht hart und schmal. Unverheiratet, wie sie war, lebte sie über dem Bestattungsinstitut mit einer anderen Frau zusammen – und die Gerüchteküche stellte darüber ihre eigenen Vermutungen an.

      Fast automatisch vollzog Claussen über dem Leichnam die religiösen Riten.

      Die Worte flossen mit perfekter Betonung und Atemkontrolle wie Wein von seinen Lippen, aber das bemerkte er nicht. Er sah nur das gerupfte, zerschlitzte und zerhackte Ding, das vor ihm lag und mit bleichen, blutleeren Augen in die Höhe starrte.

      Er beendete das Ritual mit ein paar Gebeten und einem Amen. Dann drehte er sich um und wandte sich Lauters mit einem seltsamen Ausdruck der Verachtung in seinem rosigen Gesicht zu. »Die Mitglieder meiner Gemeinde wollen, dass etwas passiert, Sheriff. Sie verlangen die Aufklärung dieser Verbrechen.«

      Ohne mit der Wimper zu zucken, starrte Lauters ihn an. »Wir machen, was wir können.«

      »Tun Sie mehr! Tun Sie es, im Namen Gottes!«, rief der Reverend gottesfürchtig aus. »Die Toten verdienen Gerechtigkeit! Und die Lebenden Schutz!«

      Dr. Perry verschränkte die Arme und wandte sich ab, um sein Lächeln zu verbergen.

      Wynona lehnte sich vor. Ihre leblosen Augen wirkten so interessiert, als würde sie ein unbekanntes Insekt betrachten.

      »Wir tun unser Bestes«, war der einzige Kommentar, den Lauters dazu abgab. Es war offensichtlich, dass er vor Wut zitterte – er war kein Mann, dem man sagte, wie er seine Arbeit zu erledigen hatte.

      »Es sieht so aus, als wäre Ihr Bestes nicht gut genug«, sagte Claussen.

      Lauters lief rot an. »Jetzt hören Sie mal zu, Reverend. Meine Mutter hat mich dazu erzogen, die Geistlichen zu respektieren. Gott weiß, dass ich mir Mühe gebe. Aber wagen Sie es nicht, mir zu diktieren, wie ich meine Arbeit machen soll«, sagte er und stach mit dem Zeigefinger auf die Luft ein. »Ich sage Ihnen nicht, wie Sie zu beten haben, also sagen Sie mir nicht, wie ich hier das Gesetz zu hüten habe.«

      Getrieben von religiösem Eifer und selbst ernannter Heiligkeit trat der Reverend näher an ihn heran. »Aber vielleicht sollte das jemand machen.«

      »Passen Sie mal auf, Sie kleines Arschloch! Ich hab die Schnauze jetzt gestrichen …«

      »Ihre lästerlichen Worte fallen auf taube Ohren. Nur ein schwächliches Denkvermögen führt zur Äußerung derartiger Dinge.«

      Lauters packte ihn am Arm, jedoch nicht allzu fest. »Das reicht, Claussen. Bewegen Sie Ihren überheblichen Weihraucharsch sofort zur Tür da raus, bevor ich Ihnen Ihre gottesliebenden Zähne so tief in die Kehle trete, dass …«

      »Sheriff«, sagte Perry und warf ihm einen warnenden Blick zu.

      Claussen, dem die Augen vor Angst fast aus dem Kopf quollen, hastete aus dem Zimmer, als hätte ihn etwas in den Hintern gebissen.

      Wynona kicherte. »Meine Güte.«

      Perry seufzte. »Das war keine gute Idee, Bill. Wenn Sie ihn wütend machen, kann er seine ganze Gemeinde gegen Sie aufbringen.«

      Lauters brüllte vor Lachen. »Ein Mitglied davon hat er schon gegen mich aufgebracht – meine Frau.«

      Damit drehte er sich um und ging.

      »Herrje, was für eine Aufregung!«, rief Wynona. »Noch nie ist hier so viel passiert. Ich komme mir vor, als ob ich plötzlich in einem Schundroman gelandet bin. Ts, ts.«

      »Sie sind seltsam, Madam«, entgegnete Perry.

      Und das war sie auch. Perry konnte nicht verstehen, wie eine Frau Bestatterin werden wollte. Aber so sehr er es versuchte, er konnte sie sich bei keiner anderen Beschäftigung vorstellen. Selbst ihre Bewegungen – die langsame, steife Gestik ihrer skelettösen Finger, das zu einem Totenschädelgrinsen verzogene hagere Gesicht – waren die eines Arbeiters, der mit dem Tod und Gräbern zu tun hatte. Sie sah den Leichen ähnlich, die sie für die letzte Ruhe präparierte, und war auch nicht viel lebhafter. Während sich die meisten Frauen mit Parfüm betupften, roch Wynona immer leicht nach Chemikalien und getrockneten Blumen.

      »Ich kann noch immer nicht verstehen, was Sie an diesem Beruf reizt«, meinte Perry und schüttelte den Kopf. »Aber ich nehme anhand Ihrer besonderen Talente an, dass Sie sich gut dafür eignen.«

      Wynona lächelte, als sei dies ein Kompliment. »Der Sheriff sollte sein Temperament beherrschen«, sagte sie ernst. »Für einen Mann seines Alters ist das gar nicht gut.«

      Perry zog die Augenbrauen hoch. »Er ist noch keine fünfzig, Madam.«

      »Er sieht aus wie siebzig«, stellte Wynona fest. »Ich befürchte, dass er hier eines baldigen Tages als Kunde auftauchen wird.« Sie seufzte und schaute auf Del Vecchios Leiche. »Na ja, wir werden uns darüber freuen, nicht wahr?«

      Perry warf ihr einen finsteren Blick zu. »Er ist wirklich nicht gerade kerngesund. Letztes Jahr ist es mit ihm bergab gegangen. Muss an seiner Arbeit liegen.«

      »Stress. Daran gehen die Besten zugrunde. Das können Sie mir glauben.«

      »Seit sie diesen Indianer gelyncht haben«, sagte Perry, »ist er einfach nicht mehr derselbe.

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