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Bauernsohn zusagen: er hielt etwas auf ein ansprechendes Aeußere und wegen seiner Sorgfalt in der Kleidung nannten ihn sogar seine Gegner tadelnd einen „feinen Hofmann“, denn er trug „Hemden mit Bändelein“, hatte einen Fingerring und gelbe Stiefel[129].

      Dabei war Luther für alles Schöne in Kunst und Natur eingenommen, ein guter Sänger und „Lautenist“, heiteren Sinnes und fröhlicher Laune.

      Aber noch mehr mußte Luthers Gemütsart einem weiblichen Wesen zusagen: er war bei aller Heftigkeit doch gutmütig, bei aller Halsstarrigkeit lenkbar wie ein Kind, bei aller Derbheit doch sinnig und feinfühlig. Dabei war er „ein frommer (guter) Mann“, der sein Weib herzlich lieb haben konnte, und in dessen Besitz, wie er selber sagte, eine Frau sich als Kaiserin dünken dürfte[130].

      Freilich auch die äußere Stellung, welche Luthers Gemahlin einnahm, mußte einen hochstrebenden Sinn reizen. Das Doktorat war in dieser Humanistenzeit noch höher gewertet als heutzutage die akademische Professur, es stand mindestens dem Adel gleich. Der einfachste Doktor, der vom Bauern- und Handwerkerstand sich emporgearbeitet hatte, wurde von adeligen Jungfrauen als wünschenswerter Ehegenosse begehrt, sodaß eine große Anzahl Professorenfrauen in Wittenberg von Adel waren. Und gar Luthers Gattin zu heißen, des gefeiertsten Mannes nicht nur in ganz Wittenberg, sondern in der ganzen Christenheit, mußte einem Weibe von Selbstgefühl schmeicheln, wenn es sich auch umgekehrt sagen mußte, daß mit der Größe des Mannes auch all der Haß und die Beschimpfung mit in Kauf zu nehmen, welche ihm die Feinde entgegenbrachten. Es war auch ein gewagtes Unternehmen, einen solchen außerordentlichen Mann zu befriedigen, des Gewaltigen ebenbürtige Lebensgefährtin zu werden. Jungfer Käthe hatte den Mut wie das Selbstbewußtsein dazu.

      So weigerte sich Käthe der Annäherung Luthers nicht.

      Die förmliche Bewerbung Luthers ist wahrscheinlich erst Dienstag den 13. Juni geschehen, natürlich im Reichenbachschen Hause. Ein späterer Bericht sagt, daß Käthe überrascht war und anfänglich nicht gewußt, ob es Luthers Ernst sei, dann aber eingewilligt habe. Gleich abends am selben Tage war die Trauung oder „das Verlöbnis“, entweder ebenfalls beim Stadtschreiber oder möglicherweise in Luthers Behausung im Kloster. Auf die Zeit des Nachtmahls lud der Doktor den Stadtpfarrer Bugenhagen und den Stiftspropst Jonas, den Juristen Apel und den Ratsherrn und Stadtkämmerer Meister Lukas Kranach und seine Frau — Melanchthon war nicht dabei — was Jonas ausdrücklich als auffällig hervorhebt: er war so ängstlich über diesen Schritt seines großen Freundes, daß er nicht zu diesem Akt paßte. Auch seinen Freund Dr. Hier. Schurf konnte Luther nicht zu seinem Rechtsbeistand wählen, weil dieser Lehrer des bürgerlichen und kirchlichen Rechts allerlei juristische Bedenken hatte gegen die Priesterehe[131].

      Die Trauung geschah nach den herkömmlichen Bräuchen[132]: der Rechtsgelehrte vollzog die rechtlichen Formalitäten, den schriftlichen Ehevertrag, er (oder Bugenhagen) fragte im Beisein der Zeugen den Bräutigam, ob er die Braut zum Weibe nehmen und die Braut, ob sie den Mann zum ehelichen Gemahl haben wollte. Dann gab der Pfarrer sie beide mit Gebet und Segen zusammen. Darauf folgte ein kleines Abendessen und dann das Beilager: Braut und Bräutigam wurden zum Brautbett geführt, lagerten sich darauf unter einer Decke und damit war die Ehe gültig[133].

      Das war Luthers „Gelöbnis“, wie es in der Wittenberger Redeweise hieß.

       Jonas konnte sich beim Anblick der Verlobten auf dem Brautlager nicht

       enthalten, Thränen zu vergießen, so sehr war er bewegt. Aber auch die

       Gemüter der anderen waren gewiß in großer Bewegung, nicht zum wenigsten

       Luther und Käthe[134].

      Am folgenden Morgen, Mittwoch, gab Luther den Freunden ein kleines

       Mittagsmahl, das damals um 10 Uhr stattfand. Da mittlerweile die

       Vermählung in dem kleinen Wittenberg rasch bekannt geworden war, so

       sandte der Stadtrat einen Ehrentrunk von einem Stübchen (= 4 Maß)

       Malvasier, einem Stübchen Rheinwein und anderthalb Stübchen

       Frankenwein[135].

      „Das Gelöbnis“ war aber nach damaliger Sitte nicht die „Beilage“ oder öffentliche Hochzeit; diese folgte erst später mit öffentlichem Kirchgang und der „Wirtschaft“ (d.i. Hochzeitsschmaus) und feierlicher Heimführung der „Jungfer Braut“. Vierzehn Tage nach der Trauung, Dienstag den 27. Juni, folgte nun bei Luther dieses hochzeitliche Mahl und „Heimfahrt“, denn das junge Ehepaar und seine Freunde wollten nicht nur die Sitte ehren, sondern gerade recht auffällig in öffentlicher Feierlichkeit vor der Welt ihren heiligen Ehestand ehrenvoll bezeugen. Dazu lud der Doktor seine Eltern und seinen Schwager Dr. Rühel in Mansfeld nebst noch zwei Mansfeldischen Räten, Johann Dürr und Kaspar Müller, ferner den Hofkaplan M. Spalatin und den Pfarrer Link in Altenburg, den kühnen Befreier der Nonnen Leonhard Koppe als „würdigen Vater Prior“, den Kurfürstlichen Hofmarschall Dr. Johann von Dolzig, vor allem aber den Superintendenten („Bischof“) Amsdorf in Magdeburg u.a.[136].

      Die mit Scherz und Ernst gewürzten Einladungsbriefe an diese Gäste — außer dem an die Eltern — sind noch vorhanden. Da schreibt Luther an die drei Mansfeldischen Räte: „Bin willens, eine kleine Freude und Heimfahrt zu machen. Solches habe ich Euch als guten Herren und Freunden nicht wollen bergen und bitte, daß Ihr den Segen helft darüber sprechen. Wo Ihr wolltet und könntet samt meinem lieben Vater und Mutter kommen, mögt Ihr ermessen, daß mir's eine besondere Freuden wäre“. An Link: „Der Herr hat mich plötzlich, da ich's nicht dachte, wunderbarer Weise in den Ehestand versetzt mit der Nonne Käthe von Bora…. Wenn Ihr kommt, will ich durchaus nicht, daß Ihr einen Becher oder irgend etwas mitbringt“. An Dolzig: „Es ist ohne Zweifel mein abenteuerlich Geschrei für Euch kommen, als sollt ich ein Ehemann worden sein. Wiewohl nun dasselbige fast seltsam ist und ich's selbst kaum glaube, so sind doch die Zeugen so stark, daß ich's denselben zu Dienst und Ehren glauben muß, und fürgenommen, auf nächsten Dienstag mit Vater und Mutter samt anderen guten Freunden in einer Kollation dasselbe zu versiegeln und gewiß zu machen. Bitte deshalben gar freundlich, wo es nicht beschwerlich ist, wollet auch treulich beraten mit einem Wildbret und selbst dabei sein und helfen das Siegel aufdrücken und was dazu gehört“[137].

      Das Wildbret fehlte nicht; Wittenberg, welches wußte, was die Universität und Stadt an Luther besaß — er hat die kleine Stadt und Universität erst groß und berühmt gemacht — spendete reichliche Geschenke. Der Stadtrat sandte „Doctori Martino zur Wirtschaft und Beilage ein Faß Eimbeckisch Bier und zwanzig Gulden in Schreckenbergern“; und die löbliche Universität verehrte als Brautgeschenk „H.D. Marthin Luthern und seiner Jungfraw Käthe von Bor“ einen hohen Deckelbecher aus Silber mit schönen vergoldeten Verzierungen. Johann Pfister, der zu Ostern den Mönch ausgezogen und zu Pfingsten nach Wittenberg gereist war, um da zu studieren, hat auf D. Luthers Hochzeit das Amt eines Mundschenken versehen. Vielleicht waren jetzt auch die Eheringe fertig, welche die Freunde besorgten. Diese Eheringe soll der Kaiserl. Rat Willibald Pirkheimer in Nürnberg von Albrecht Dürer haben anfertigen lassen und geschenkt haben; desgleichen auch eine goldene Denkmünze mit Luthers Bild. Der Trauring Luthers ist ein zusammenlegbarer Doppelreif mit Diamant und Rubin, den Zeichen von Liebe und Treue; unter dem hohen Kasten sind die Buchstaben M.L.D. und C.V.B. und in dem Reif der Spruch: „Was Gott zusammenfüget, soll kein Mensch scheiden“. Katharinas Ring hat einen Rubin und ist mit Kruzifix u.a. geziert, mit der Inschrift: „D. Martinus Lutherus, Catharina von Boren 13. Juni 1525“[138].

      Daß dabei Katharina in üblichem Brautschmuck erschien, ist selbstverständlich, wenn dieser auch nicht so reich war, als das angebliche Bild Katharinas von Bora im Hochzeitsstaat denken läßt[139].

      So wurde mit den guten Freunden eine fröhliche Hochzeit gefeiert. Freilich werden der unruhigen Zeitläufte wegen nicht alle Eingeladenen erschienen sein — Luther setzte das schon in seinen Briefen voraus. Auch Magister Philipp Melanchthon war nicht dabei, der ängstliche Gelehrte, welcher gegen Luthers Ehe und besonders mit der Nonne war, wäre ein übler Hochzeitsgast gewesen. Von Katharinas Verwandten scheint niemand anwesend gewesen zu sein. Vater und Mutter waren wohl schon längst tot, zwei Brüder im fernen Preußen, der älteste vielleicht auch ferne; den anderen Verwandten war Käthe

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