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auch ihrerseits die Ehe als eine Erniedrigung für ihren hohen Stand. Darum hat Luther nur mit Mühe den Gelehrten Melanchthon zur Heirat vermocht[116].

      Daß aber die eigentlichen Geistlichen, die Priester, heirateten, das war vor Luther, seit Gregor des Siebenten Zeiten, das heißt seit sechsthalbhundert Jahren etwas Unerhörtes. Gerade aber darauf hat nun Luther allmählich in seinen vielen Schriften gedrungen, um zu zeigen daß im Christentum der geistliche Stand nichts Besonderes sei, daß vielmehr alle, die aus der Taufe gekrochen, Bischöfe und Pfarrer wären, und umgekehrt die Geistlichen nichts anders als Christenmenschen. So hat er all seine geglichen Freunde zur Ehe gedrängt und ihnen dazu mit Eifer verholfen; auch den Hochmeister von Preußen und den Erzbischof von Mainz. Er wollte sozusagen für seine Anschauung vom allgemeinen Priestertum und dem hl. Ehestand, wie der falschen Heiligkeit des Cölibats den Massenbeweis mit Tatsachen führen. So mahnt er Spalatin (Ostern 1525): „Warum schreitest Du nicht zur Ehe? Es ist möglich, daß ich selbst dazu komme, wenn die Feinde nicht aufhören diesen Lebensstand zu verdammen und die Klüglinge ihn täglich belächeln!“[117]

      Der Gedanke, daß auch Klosterleute ehelich werden sollten, war Luther anfangs befremdend: galt dies doch nach der Anschauung der Zeit so sakrilegisch, daß die weltlichen Rechte Heiraten von Mönchen und Nonnen mit dem Tode bestraften[118]. Von der Wartburg schrieb Luther (am 6. August 1521): „Unsere Wittenberger wollen sogar den Mönchen Weiber geben? Nun mir sollen sie wenigstens keine Frau aufdringen,“ und mit Melanchthon scherzt er, ob dieser sich wohl an ihm dafür rächen wolle, daß er ihm zu einer Frau verholfen habe? er werde sich aber zu hüten wissen. Doch nach wenigen Monaten hatte er sich überzeugt: „Das ehelose Leben in Klöstern ist auch der geistlichen Freiheit zuwider. Darum, wo du nicht frei und mit Lust ehelos bist und mußt es allein um Scham, Furcht, Nutz oder Ehre willen, da laß nur bald ab und werde ehelich.“ So versorgte er nun auch Mönche und Nonnen in den Ehestand[119].

      Aber wie er selber nur spät, — am spätesten unter den Brüdern — dazu kam, sein Klosterleben aufzugeben, seine Kutte — als die letzte zerschlissen war — im Oktober 1524 mit dem Priesterrock und Professorentalar vertauschte, so erging es ihm auch mit dem Heiraten. 1528 sagte er: „Wenn mir jemand auf dem Wormser Reichstag gesagt hätte, nach 7 Jahren würde ich Ehemann sein, der Frau und Kinder habe, so hätte ich ihn ausgelacht“. Gerade wenn ihm seine Freunde und Freundinnen wie Argula von Grumbach zuredeten oder davon sprachen, er werde doch noch heiraten, erklärte er das für Geschwätz. Noch am 30. November 1524 meinte er, bei seiner bisherigen und jetzigen Gesinnung werde er keine Frau nehmen, sein Gemüt passe nicht zum Heiraten, er fühle sich dazu nicht geschickt. Ja noch Ostern 1525 schreibt er, daß er an keine Ehe denke[120].

      Aber bald nach Ostern wurde er anderen Sinnes.

      Es war gerade die böse Zeit der Bauernunruhen, wo radikale Schwärmer die Sache der Reformation aufs äußerste gefährdeten, die Zeit, wo die Feinde mit gehässiger Schadenfreude auf ihn wiesen, und die Freunde mit ängstlicher Sorge nach ihm schauten; es war damals, da er umherzog die fanatischen Bauernhaufen zu beschwichtigen und dabei zweimal in Fährlichkeiten des Todes gewesen, als er überhaupt dem Tode entgegen sah[121]. Da erklärte er: „Münzer und die Bauern haben dem Evangelium bei uns so sehr geschadet und die Papisten so übermütig gemacht, daß es fast aussieht, als müsse man das Evangelium wieder ganz von vorn predigen.“ Deshalb wollte er's nunmehr „nicht mit dem Wort allein, sondern mit der That bezeugen“. Er wollte mit seinem Beispiel seine Lehre bekräftigen, weil er so viele kleinmütig finde, und so auch dem zaghaften Erzbischof von Mainz zum Exempel voran traben. Er war im Sinne, ehe er aus diesem Leben scheide, sich im gottgeschaffenen Ehestande finden zu lassen und „nichts von seinem vorigen papistischen Leben an sich zu behalten“, und sei es auch nur eine verlobte Josephsehe: auf dem Todbett wollte er sich ein fromm Mägdlein antrauen lassen und ihr zum Mahlschatz seine zwei silbernen Becher reichen. Als er gar von Dr. Scharf das Wort hörte: „Wenn dieser Mensch ein Weib nähme, so würde die ganze Welt und der Teufel selber lachen und er all seine Sach damit verderben“, da entschloß er sich erst recht: „Kann ich's schicken, so will ich dem Teufel zum Trotz noch heiraten, und die Engel sollen sich freuen und der Teufel weinen.“ Endlich drängte ihn auch sein Vater, mit dem er auf seinen damaligen Reisen zusammentraf, seinen größten Lieblingswunsch zu erfüllen, und Luther wollte „diesen letzten Gehorsam seinem geliebenden Vater nicht weigern“[122].

      Und gerade eine Nonne sollte die Erwählte sein, „dem Teufel mit seinen Schuppen, den großen Hansen, Fürsten und Bischöfen zum Trotz, welche schlechterdings unsinnig werden wollen, daß geistliche Personen freien“. Und nicht nur den großen Hansen, sondern auch dem großen Haufen zum Trotz, welcher nach seinem Aberglauben den Sohn eines Mönchs und einer Nonne für den Antichrist hielt. Also wollte er „mit der That das Evangelium bezeugen, zum Hohn für alle, welche triumphieren und Ju, ju schreien, und eine Nonne zum Weibe nehmen“[123]. Diese Nonne aber sollte Katharina von Bora sein.

      Sie war noch immer unversorgt im Reichenbachschen Hause, und er konnte an ihr ein Werk der Barmherzigkeit thun. Sie hatte erklärt, sie werde ihn nehmen, wenn er sie wolle. Und er hatte mittlerweile eine bessere Meinung von ihr gewonnen.

      Daß Käthes außerordentliche Schönheit ihn in Feuer gesetzt habe, sagten ihm seine Gegner in gehässiger Absicht nach. Luther redet nur einmal und in ziemlich später Zeit in einem Brief an seine Gattin, in ritterlich schalkhafter Weise davon, daß er „daheim eine schöne Frau“ habe. Ausdrücklich aber erklärt er, in den ersten Tagen seiner Ehe, daß er nicht verliebt sei oder voll leidenschaftlichen Feuers, aber er habe seine Frau gern. Sie war ja auch gar nicht besonders schön. Von körperlicher Schönheit zitierte Luther den Reim:

      Ist der Apfel rosenrot,

       Ist ein Würmlein drinnen,

       Ist das Maidlein säuberlich,

       So hat's krause Sinnen.

      Und da ihm ein heiratslustiger Freund einmal sagte, er möchte eine Schöne, Fromme, (d.h. Brave) und Reiche, so bemerkte Luther: „Ei, ja, man soll dir eine malen mit vollen Wangen und weißen Beinen; dieselben sind auch die frömmsten, aber sie kochen nicht wohl und beten übel“[124].

      So traf er in der Stille und ohne leidenschaftliche Erregung seine Wahl. Am 16. April scherzt er gegen Spalatin, daß er ein gar arger Liebhaber sei: „Drei Frauen habe ich zugleich gehabt und sie so wacker geliebt, daß ich zwei verloren habe, welche andere Verlobte nahmen, und die dritte halte ich kaum am linken Arme, die mir vielleicht auch bald weggenommen wird“[125].

      Er hatte also doch bestimmte Persönlichkeiten ins Auge gefaßt.

      Schon am 4. Mai, nach einem Besuche bei seinen Verwandten in Eisleben und Mansfeld, redet er in einem vertrauten Briefe an seinen Schwager Rühel zu Mansfeld von „meiner Käthe“, die er nehmen wolle, so er's schicken könne. Und wie seinen Schwager, hat er jedenfalls auch seine Eltern in seine Pläne eingeweiht, und der Vater redete ihm ernstlich zu[126]. In Wittenberg selbst aber vertraute er es nur wenigen Leuten an: dem Maler und Ratsherrn Lukas Kranach und seiner Frau. Gerade seinen Amtsgenossen und übrigen Freunden, vor allem auch Melanchthon, sagte er nichts davon. Die Klugen wollten für ihn gerade nicht, was Luther wollte: eine Nonne, und dachten und redeten über eine Mönchs- und Nonnenheirat „lieblos“. Und ganz besonders war ihnen Katharina von Bora nicht recht; alle seine besten Freunde schrieen: „Nicht diese, sondern eine andere!“ Und wohl um es zu verhindern, brachten „böse Mäuler“ sogar eine boshafte Nachrede auf. Aber gerade das bewog Luther, der Sache rasch ein Ende zu machen, bevor er die gegen ihn aufgebrachten Mäuler zu hören genötigt würde, wie es zu geschehen pflegt, und „weil der Satan gern viel Hindernis und Gewirrs mache durch böse Zungen“[127]. Er „betete zu unserm Herrn Gott mit Ernst“, wie er berichtet, und handelte dann ohne Menschen-Rat und -Bedenken, ja wie Melanchthon klagt, ohne seinen Freunden etwas davon zu sagen[128].

      Mit Katharina hatte sich Luther jedenfalls ins Einverständnis gesetzt: wenn er schon wochenlang schreiben konnte „Meine Käthe“, so mußte sie doch von seinen Absichten wissen.

      Daß Käthe an Martin Luther auch ein rein menschliches Gefallen fand, begreift sich. Er war wohl schon 42 Jahre alt und 16 älter wie sie selbst. Aber ein Zeitgenosse bezeugt: „Ein fein klar und tapfer Gesicht und Falkenaugen

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