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waren und namentlich Lene Sorge machte, so daß Luther einmal erklärte, wenn sie nicht gut thun wolle, werde er sie einem schwarzen Hüttenknecht (Bergmann) geben, statt einen frommen und gelehrten Mann mit ihr betrügen. — Schließlich kam zu den zwei Nichten noch eine kleine Großnichte, Anna Strauß, die Enkelin einer Schwester Luthers[188].

      Mit Cyriak Kaufmann war ein andrer Schwestersohn, Hans Polner, als Student ins Haus gekommen, der an Peter Weller anbefohlen wurde. Aber Frau Katharina war aufgetragen zuzusehen, „daß er sich gehorsamlich halte“, und auch sonst mußte sie für ihn sorgen. Dieser Polner wartete als Famulus dem Doktor auf, studierte Theologie und predigte einmal in der Pfarrkirche; die Doktorin meinte, den hätte sie viel besser verstehen können, als D. Pommer, welcher sonst von dem Thema weit abweiche und andre Dinge in seine Predigt mit einführe, oder, wie Jonas sich ausdrückte, unterwegs manchen Landsknecht anspreche[189].

      Noch ein Neffe Luthers, seines Lieblings-Bruders Jakob Sohn, Martin, wurde später zur Erziehung der Doktorsfamilie übergeben und 1539 an der Universität eingeschrieben; ebenso Florian von Bora, der Sohn von Käthes ältestem Bruder. Martin und Florian wurden zusammen mit den Kindern Luthers unterrichtet. Einer der Neffen sollte einmal zu Camerarius auf die Schule kommen; später kam Florian mit Hans nach Torgau[190].

      Schließlich wurden dem Lutherischen Hause noch allerlei Schüler und angehende Studenten anvertraut, welche in dem Kloster wohnten, aßen und unterrichtet wurden.

      Für die eigenen und fremden Kinder wurden nun, bei der großen anderweiten Inanspruchnahme Luthers, „allerlei Zuchtmeister und Präzeptoren“ nötig: ältere Studenten, junge Magister, auch Leute von gesetztem Alter, welche noch einmal die Universität bezogen, um ihre Kenntnisse zu erweitern oder die neue evangelische Theologie zu studieren. Sie waren in Luthers Familie Hausgenossen und Tischgesellen, unterstützten auch etwa Luther in seinen Arbeiten, ja auch (wie z.B. Neuheller) Frau Käthe in der Wirtschaft und Aufsicht über das Gesinde.

      So waren nach und neben einander im Hause als „Schulmeister“ und Luthers Gehülfen die Nürnberger Veit Dietrich (1529-34) und Besold (1537-42), Cordatus (1528-31), die Freiberger Hieronymus und Peter Kelter (1530), Joh. Schlaginhaufen (1531-32), Jodocus Neuheller (Neobulus) (1537-38) aus Lauterburg, Jakobus Lauterbach (1536-39), Schiefer (1539-41), ein Franziskus und zuletzt Rutfeld (1546). Diese Präzeptoren hatten sogar oft wieder ihre eigenen Zöglinge, welche mit im schwarzen Kloster wohnten und aßen oder auch nur dort unterrichtet wurden. Der Unterricht begann oft in sehr frühen Jahren: der junge Hans Luther mußte schon mit vier Jahren tüchtig „lernen“, hauptsächlich wohl lateinisch sprechen — wie es heute mit dem Französischen geschieht.

      Außer den Magistern hatte Luther noch Famuli, nicht nur seinen lebenslänglichen Diener Wolf, sondern auch andere, wie der „fromme Gesell“, welcher „etliche Jahre treulich, fleißig und demütig gedienet hat und altes gethan und gelitten“ und 1532 wegzog. Der Famulus diente bei Tisch, schenkte ein, besorgte Gartengeschäfte, machte Ausgänge, schrieb auch für Frau Käthe Briefe[191].

      Sogar eine Lehrerin wurde nach Wittenberg ins schwarze Kloster berufen: nämlich im Jahre 1527 hat Luther auch eine Mitschwester Frau Käthe's, die ehemalige Nonne und Flüchtlingin von Nimbschen, die „ehrbare, tugendsame Jungfrau Else von Kanitz“ eingeladen auf eine Zeitlang nach Wittenberg zu kommen. „Denn ich gedacht Euer zu brauchen, junge Mägdelein zu lehren und durch Euch solch Werk andern zum Exempel anzufahen. Bei mir sollt Ihr sein zu Hause und zu Tische, daß Ihr keine Fahr noch Sorge haben sollt. So bitte ich nu, daß Ihr mir solchs nicht wollt abschlagen.“ Die Kanitz kam aber nicht. Dafür erscheint jetzt ein Fräulein Margarete von Mochau, wahrscheinlich die Schwester von Karlstadts Frau, im Klosterhause und wird ihre Stelle vertreten haben[192].

      Natürlich fehlte es bei dem großen Haushalt auch an sonstigem Gesinde nicht und da gab es, wie überall gute und schlechte, dankbare und undankbare, getreue und ungetreue Dienstboten. Alle aber wurden zur „Familie“ gerechnet und nahmen an der Hausandacht teil. Und der abwesende Hausvater verfehlte nicht in seinen Briefen, das „gesamte Gesinde“ grüßen zu lassen. Aber er ermahnt es auch, daß sie im Haus kein Aergernis gäben. Oft scherzt er in seinen Briefen über Trägheit und Bequemlichkeit seiner Dienstleute: so wenn er aus Nürnberg Handwerkszeug bestellt, welches von selber geht, wenn Wolf schläft oder nachlässig ist, oder einen Kronleuchter, der sich von selber putzt, damit er nicht zerbricht oder beschädigt wird von der zornigen oder schläfrigen Magd[193].

      Natürlich auch Gäste aller Art verkehrten im Schwarzen Kloster oder wohnten darin in kürzerem oder längerem Aufenthalt, oft monate-, ja jahrelang: vertriebene oder stellenlose Prediger, flüchtige Fremde, entwichene Mönche und Nonnen, Besuche und Festgenossen, „armseliges Gesindlein“ und fürstliche Damen.

      So beherbergte das Lutherhaus 1525 mehrere adlige Ordensschwestern; 1528 einige Monate lang sogar die Herzogin Ursula von Münsterberg, Herzog Georgs eigene Base, die mit zwei getreuen Klosterfrauen dem Nonnenkloster zu Freiberg entflohen war; und zu Pfingsten 1529 wieder drei Adelige aus demselben Konvent. Außerdem kamen auch allerlei Mönche, sogar aus Frankreich, ins Lutherhaus nach Wittenberg, als der allgemeinen Zufluchtsstätte aller religiös Bedrängten. So hat Herzog Georg in begreiflichem Zorn, wenn auch mit unwahren Behauptungen, Luther beschuldigt: „Du hast zu Wittenberg ein Asylum eingerichtet, daß alle Mönche und Nonnen, so uns unsre Klöster berauben mit Nehmen und Stehlen, die haben bei Dir Zuflucht und Aufenthalt, als wäre Wittenberg, höflich zu reden, ein Ganerbenhaus aller Abtrünnigen des Landes“[194].

      Ja, die Wittenberger Freundinnen des Hauses, Bugenhagens und Dr. A.

       Schurfs Frauen, warteten im schwarzen Kloster ihr Wochenbett oder ihre

       Krankheit ab[195].

      Aber auch fürstliche Gäste suchten das gastliche Haus der Luther'schen

       Eheleute auf.

      Die Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg hatte sich, besonders durch den Einfluß ihres evangelisch gesinnten Leibarztes Ratzeberger, der Reformation zugewandt, während ihr altgläubiger Gemahl Joachim I. streng darauf sah, daß das Lutherische Gift nicht über die sächsische Grenze herüberkäme. Da mußte er von seiner 14jährigen Tochter Elisabeth zu seinem Schrecken erfahren, daß seine eigene Gemahlin im Berliner Schlosse heimlich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt genommen habe. Er sperrte die Kurfürstin ein; das Gerücht ging, er wolle sie einmauern lassen. Da entwich sie mit Hilfe ihres königlichen Bruders Christiern, der damals landflüchtig in Deutschland umherirrte, samt Dr. Ratzeberger (März 1528) und floh zu ihrem Oheim Kurfürst Johann nach Sachsen. Ihren Wohnsitz erhielt sie auf Schloß Lichtenberg, hielt sich aber oft in Wittenberg auf und verkehrte viel im Klosterhause mit Luther und Frau Käthe; sie stand sogar zu einem der Kinder Gevatter[196].

      Auch der Fürst Georg von Anhalt wollte im schwarzen Kloster Aufenthalt nehmen, um Luthers Umgang und Geist recht zu genießen. Aber sein Vizekanzler mußte ihm davon abraten, da das Haus zu voll sei.

      So wurde „das Haus des Herrn Doktor Luther von einer buntgemischten Schar studierender Zöglinge, Mädchen, alter Witwen und artiger Kinder bewohnt. Darum herrschte viel Unruhe darin“[197].

      Da begreift es sich, daß, als der junge Hans anfangen sollte ernstlich zu lernen, er der größeren Muße wegen aus dem Hause gethan wurde — vielleicht nach Torgau. Zu Neujahr 1537 ist der elfjährige Sohn irgendwo auf der Schule, wo er durch seine „Studien“ und lateinischen Briefe dem Vater Freude machte. Dieser erlaubt ihm, namentlich auf Bitten von Muhme Lene, zu den nächsten Fastnachtsferien nach Hause zu kommen zu Mutter und Muhme, Schwestern und Brüdern[198].

      Zu allen Haus- und Tischgenossen im Kloster kamen nun noch die täglichen Besuche und Gäste von Bekannten, Freunden, Verwandten, Amtsgenossen und Mitbürgern: so aus der Ferne die Geistlichen Amsdorf und Spalatin, Hausmann und Link, die Hofherren und Ritter Taubenheim und Löser, Bruder Jakob oder Schwager Rühel von Mansfeld, Käthes Bruder Hans, Abgesandte aus aller Herren Länder, Staatsmänner und Kirchenbeamte aus England und Frankreich, aus Skandinavien und Böhmen, Ungarn und Venedig; Stadträte und Bürger von allen sächsischen und deutschen Städten, wandernde Magister und fahrende Schüler. Aus Wittenberg selbst verkehrten als liebe und häufige Gäste vor allem Magister Philipp (Melanchthon) und Frau; die Gärten der

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