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auf den Schwager. »Er sieht es nicht gern, wenn ich so spät aus dem Hause gehe.«

      »Bitte«, fleht Clermont. »Nur für eine Stunde.«

      Fée sieht ihn groß an. Er war immer höflich und anständig zu ihr. Warum soll sie eigentlich nicht mit ihm gehen? Sie kommt so wenig aus dem Bau. Sie wirft den Kopf etwas in den Nacken.

      »Gut, ich komme mit. Erwarten Sie mich nach Schluß draußen.«

      Er greift nach ihrer Hand und drückt sie leicht. –

      Eine Stunde später!

      Clermont ist abseits hin und her gegangen. Endlich hört er einen leichten Schritt. Fée kommt. Sie hat einen Pelzmantel an, denn die Nacht ist kühl, mondhell und sternenklar.

      Er lehnt am Schlag seines Wagens und raucht. Als sie auftaucht, tritt er die Zigarette aus und geht ihr entgegen.

      »Ich glaubte schon, Sie kämen nicht«, sagt er erfreut und öffnet die Tür.

      Sie mißt ihn mit einem erstaunten Blick. »Ich denke, wir wollen laufen?«

      »Zuerst wollen wir ein Stück fahren. Laufen können wir immer noch«, gibt er zur Antwort.

      Wortlos steigt sie ein und kuschelt sich auf den Sitz neben ihn.

      Er fährt über die breiten Straßen, bis dicht an den Wald heran. Es ist eine kühle, aber zauberhafte Nacht.

      »Sie kommen auf ausgefallene Ideen«, unterbricht sie die Stille.

      »So ausgefallen ist sie nicht. Morgen verlasse ich die Station«, erwidert er, ernster als gewöhnlich. »Ich konnte einfach den letzten Abend nicht allein verbringen.«

      »Sie gehen fort?«

      »Ja, so hat man wenigstens über mich bestimmt.«

      »Mr. Morton?« forscht sie.

      »Indirekt!« weicht er einer Erklärung aus. Er bringt den Wagen zum Stehen und dreht sich ihr zu. »Wollen Sie mit mir gehen?«

      »Sie scherzen!«

      »Es ist mein voller Ernst.«

      Sie schüttelt den Kopf. »Nein!«

      »Und warum nicht?«

      »Weil es mir hier gut gefällt.« Sie nimmt die Zigarette, die er ihr anbrennt und reicht. »Außerdem hat mich meine Schwester sehr nötig.«

      »Sie sollen meine Frau werden.«

      Sie fährt zusammen, macht einen hastigen Zug und sieht an ihm vorbei.

      »Das – das kann ich nicht.«

      »Und warum nicht?« bohrt er weiter.

      »Wollen Sie das unbedingt wissen?«

      »Ja!«

      »Den Mann, den ich heirate, muß ich lieben…«

      »Und mich lieben Sie nicht?« unterbricht er sie erregt.

      »Nein! Ich mag Sie gut leiden, aber zu einer Ehe gehört mehr. Ich möchte weder Sie noch mich unglücklich machen.«

      Schade – überlegt sie – daß er das gefragt hat. Nun werden wir im Bösen auseinandergehen.

      Er grübelt vor sich hin. Wunderschön hatte er sich das vorgestellt. Fée geht mit ihm, als seine Frau. Er wollte ein ganz anderes Leben führen, und sie sollte seine Einsamkeit mit ihm teilen.

      »Ich werde Sie verwöhnen und auf Händen tragen«, verspricht er aus ehrlichem Herzen.

      »Es geht nicht. Es geht wirklich nicht«, wehrt sie ab. »Haben Sie mich deshalb eingeladen, um mir das zu sagen?«

      »Ja – und ich wollte den letzten Abend nicht allein sein, sonst…«

      Er hebt die Schulter. »Ich weiß nicht. Meine Stimmung ist alles andere als rosig.«

      »Das gibt sich wieder«, sagt sie leichthin. Sie kann ihn einfach nicht ernst nehmen. Dabei ist er verzweifelt.

      »Sie geben mir wirklich einen Korb?« fragt er in einem Ton, daß sie den Atem anhält.

      »Leuchten Ihnen meine Gründe nicht ein?«

      »Nein! Ich weiß nur, daß Sie mich nicht mögen. Steht ein Mann dazwischen?« Er beobachtet sie scharf.

      Fée wird es unheimlich unter diesem Blick. Plötzlich beginnt sie sich zu fürchten. Mitten in der Nacht mit ihm allein, weitab von den Häusern der anderen. Hat er sie unter einem bestimmten Vorwand hierhergelockt?

      Gleichzeitig taucht vor ihr ein schmales Männergesicht auf, braungebrannt mit hellen klaren Augen.

      Sie spürt, wie ihr die Röte in die Wangen steigt.

      »Also doch«, stellt er grimmig fest. »Ist es ein Mann aus Santa Fé?«

      Die Frage trifft sie so unverhofft, daß sie es für ratsam hält, die Wahrheit zu sagen.

      »Nein!«

      »Von hier?«

      Sie nickt und denkt dabei an Morton. Sie weiß, daß er ihre Gefühle nie erwidern wird. Er richtet ja kaum das Wort an sie und wenn, dann klingt es spöttisch und gereizt.

      Und sie selbst weiß erst jetzt, daß sie ihn liebt, daß sie sich ihren zukünftigen Mann genauso vorgestellt hat wie Morton.

      »Kenne ich ihn?«

      Wieder nur ein Nicken. Die Tränen sitzen ihr im Hals, weil diese Liebe so aussichtslos ist.

      Und dann kommt ihm ein Gedanke, der ihn beinahe rasend macht.

      »Es ist Alexander Morton, ja?« stößt er atemlos hervor. Darauf findet sie keine Antwort. Clermont weiß jedoch genug. Zorn und Verzweiflung nehmen ihm das klare Denken.

      Er setzt den Wagen in Gang und jagt davon.

      »Wohin?« fragt sie angstvoll.

      »Wenn ich dich nicht haben kann, soll Morton dich auch nicht bekommen.«

      Er ist verrückt geworden! denkt sie.

      Clermont jagt den Bergen zu, die den Talkessel einschließen. Sie kennt diese Gegend nicht, weiß also auch nicht, wohin der Weg führt. Erst als er einen schmalen, serpentinenreichen Weg emporfegt, überkommt sie eine Ahnung. Ihre Gedanken hetzen durcheinander. Was soll sie tun? Schreien? Keiner wird sie hören. Ins Steuerrad fassen? Das wäre ihrer beider Tod.

      »Kehren Sie um, bitte«, fleht sie. »Sie fahren uns in den Tod.«

      »Ja – in den Tod«, keucht er. »Alles verdanke ich Morton, die Versetzung… Alles, was ich mir wünsche, besitzt er: Ansehen, die Liebe und Achtung unserer Leute und nun noch deine Liebe. Die gönne ich ihm am wenigsten.«

      »Mr. Clermont«, weint sie auf. »Kehren Sie um, bitte!«

      »Jetzt wird es lustig«, schreit er, und sie erschauert. Mit geschlossenen Augen lehnt sie im Polster des Wagens. Sie braucht nur nach rechts zu sehen. Unter ihr gähnt der Abgrund.

      Alles bäumt sich in ihr auf. Nein! Nein! Sie ist noch so jung, viel zu jung, um zu sterben.

      Clermont geht etwas langsamer in die nächste Kurve. Da ist Fées Entschluß gefaßt. Es gelingt ihr, den Schlag zu öffnen. Seitlich läßt sie sich aus dem Wagen fallen.

      In diesem Augenblick gibt Clermont dem Steuerrad einen Ruck nach rechts.

      Das Letzte, was Fée hört, ist das Rasen eines Motors, ein Krachen und Splittern, dann wird es Nacht, stockdunkle Nacht um sie.

      *

      Morton kehrt von seinem Rundgang zurück. Er muß an der Bar vorbei. Steeman steht vor der

      Tür.

      »Nanu, John, noch munter?«

      Steeman tritt die Zigarette aus. »Ich sorge mich um Fée«, sagt er unruhig. »Sie

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