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»Wann ist Egon heimgegangen?« fragt Morton hastig.

      »Lange vor Fée.«

      »Ob sie sich mit Clermont getroffen hat?«

      Steeman blickt in die Ferne. »Keine Ahnung, Mr. Morton. Getuschelt haben sie miteinander. Aber Fée hätte es mir bestimmt gesagt, wenn sie sich mit ihm getroffen hätte.«

      Morton macht sich seine eigenen Gedanken darüber. Wortlos steigt er in seinen Wagen und braust davon, dem Wald zu.

      Angst und Sorge um Fée treiben ihn vorwärts. Und richtig – da sieht er die Schlußlichter eines Wagens, der plötzlich losrast. Morton hinterher.

      Das kann nur Clermont sein, und er hat bestimmt Fée bei sich. Er ist verrückt geworden! durchschießt ihn der Gedanke.

      Genau wie Clermont nimmt er mit einem beängstigenden Tempo die Kurven.

      Fée! Fée! denkt er. Hinter der nächsten Kurve wird er Zeuge des Unglücks.

      Er stoppt so plötzlich, daß der Wagen leicht schleudert, und beinahe hätte er Fée überfahren. Er springt heraus und neigt sich zu der reglosen Gestalt hinab.

      Blut träufelt aus einer Stirnwunde. Mit aller Sorgfalt nimmt er sie auf die Arme und bettet sie, so gut er vermag, in die Polster.

      Sie rührt sich nicht. Heiße Angst befällt ihn. Er streicht zärtlich das dunkle Haar aus der Stirn, und dann – er handelt wie unter Zwang – preßt er seinen Mund auf ihre Lippen, als könne er sie damit zum Leben erwecken.

      Sekundenlang öffnen sich ihre Augen. Verständnislos blicken sie ihn an, dann schließen sie sich wieder.

      Vielleicht kann er sie retten?

      Er tritt an den Abgrund heran. An einer Kiefer hat Clermonts Wagen Halt gefunden. Erst Fée in Sicherheit bringen! überlegt er. Er wendet vorsichtig und rast den Weg zurück.

      Vor Dr. Stanfords Bungalow hält er an und trommelt den Arzt heraus. Eine kurze Erklärung. Stanford hat sofort begriffen. Gemeinsam tragen sie Fée ins Haus.

      »Ich muß unsere Leute alarmieren«, sagt Morton kurz zu Stanford. »Clermont ist verunglückt, in den Bergen.«

      Weg ist er.

      Als die Sonne aufgeht, finden sie Clermont. Er ist tot. Erschüttert steht Morton vor Egon, den man in Decken gehüllt hat.

      Er gibt die nötigen Anweisungen und fährt zurück zu Dr. Stanford.

      »Nun?« fragt er mit tiefem Ernst. »Wird sie leben?«

      »Ich hoffe es«, erwidert der Arzt. »Sie hat Glück gehabt. Läge sie im Abgrund, wäre es aus gewesen. Eine böse Wunde am Kopf und Ge-hirnerschütterung. Rätselhaft, daß sie nichts gebrochen hat. Ich werde sie bei mir behalten und dafür sorgen, daß sie die beste Pflege erhält.«

      »Danke, Doktor«, würgt Morton hervor und macht auf dem Absatz kehrt. Verdutzt blickt der Arzt hinter Morton her. Sollte er sich in die junge Frau verliebt haben?

      Tage vergehen. Dr. Stanford läßt nur Morton zu der Kranken. Alle anderen Besucher weist er ab.

      Täglich sitzt Morton jede freie Minute im Krankenzimmer, reglos, ohne eine Frage zu stellen.

      Als Clermont längst in seiner Heimat zur letzten Ruhe gebettet ist, erwacht Fée aus ihrer Bewußtlosigkeit. Lange hat sie gegen dunk-le Gewalten gekämpft, die sie

      immer wieder in ein uferloses Nichts ziehen wollten. Endlich haben sich die Nebel geteilt. Klar und deutlich schält sich Mortons markantes Gesicht aus dieser Finsternis und rückt in die blendende Helligkeit.

      Ihre Lippen bewegen sich, doch man kann nichts verstehen. Mit ein paar Schritten ist Morton bei ihr und ergreift die heiße Hand.

      »Fée!«

      Sie reißt die Augen weit auf. Morton ist bei ihr – nicht Clermont. Er hat sie gerufen.

      »Alexander!« Es wie ein Hauch und hat dennoch Mortons Ohr erreicht. Er taumelt vor Glück.

      »Wird sie leben?« wendet er sich an den Arzt, da Fée die Augen wieder geschlossen hat.

      Stanford nickt nur.

      Seit diesem Tag geht Morton wie im Traum einher. Er hat sich gegen diese Liebe gewehrt, und es hat nichts genützt. Er liebt Fée, und sie scheint ihn auch zu lieben…

      Am Nachmittag kehrt er bei Wattenberg und dessen beiden Damen ein. »Sie ist über den Berg«, sagt er übergangslos. Er sieht richtig elend aus. Wattenberg klopft ihm auf die Schulter.

      »Hat es dich auch gepackt, alter Freund?« sagt er freudig. Bettina reicht ihm die Hand.

      »Sie haben uns große Sorgen gemacht. Mir scheint, nun wird alles gut. Sie waren bisher für Ihre Umwelt verloren und wissen nicht einmal, daß Carmen einen Sohn zur Welt gebracht hat. Dr. Stanford ist kaum aus den Kleidern gekommen.«

      »Oh«, macht Morton überrascht. »Weiß Carmen überhaupt von dem Unglück?«

      Bettina schüttelt lächelnd den Kopf. »Sie hat genug mit sich zu tun gehabt.«

      Wattenberg schenkt dem Freund ein Glas voll.

      »Auf das Wohl Onkel Mortons«, sagt er und schmunzelt.

      »Du weißt?« Morton sieht sich im Kreise um und begegnet überall dem gleichen Ausdruck.

      »Das war nicht schwer zu erraten, Alex. Nur wenn man liebt, sorgt man sich so, wie du es getan hast. Dr. Stanford hat dich mit Gewalt aus dem Krankenzimmer entfernen müssen, sonst hättest du keine Handvoll Schlaf bekommen.«

      Sie schweigen. Mortons Gedanken sind schon wieder bei Fée. In diese Stille fällt Wattenbergs Frage:

      »Kommst du nun mit uns nach Europa?«

      Morton hebt den Kopf. Seine hellen Augen leuchten.

      »Wenn Fée einverstanden ist, und sie transportfähig ist, begleiten wir euch.«

      Vier Wochen vergehen noch. In dieser Zeit hat Morton Fée soweit, daß sie gern einwilligt, seine Frau zu werden.

      »Ich kann es immer noch nicht fassen, daß du mich liebst«, sagt sie und umklammert seine Hand. »Du warst immer sehr unfreundlich zu mir.«

      »Es war Eifersucht, Fée«, gibt er unumwunden zu. »Ich war auf alle und jeden eifersüchtig. Erst als ich dich oben in den Bergen fand, wußte ich, daß ich dich liebe. Wir heiraten noch in Santa Fé, verbringen die Flitterwochen in Deutschland bei Achim Wattenberg und kehren dann wieder hierher zurück. Kommst du gern mit mir?« Sie lehnt den dunklen Kopf gegen seine Schulter. »Wo du bist, ist meine Heimat.«

      *

      Vier Wochen später ist alles zur Abreise bereit. Es ist eine kleine, aber glückliche Gesellschaft, die die Flugzeuge besteigt. Alles, was Beine hat, steht auf dem Flugplatz bereit.

      Mamie läuft schon tagelang mit verweinten Augen umher. Sie hat Bettina so liebgewonnen, daß sie sich für sie in Stücke reißen ließe.

      »Wir kommen wieder, Mamie! Wir kommen bestimmt wieder. Und wir werden zu dritt zurückkehren«, sagt Bettina und streichelt Mamies Wange.

      In deren Augen leuchtet es auf. Das hat sie noch nicht gewußt. Nun hat sie etwas, worauf sie sich freuen kann.

      Drei Flugzeuge erheben sich in die Luft mit Kurs auf Santa Fé.

      Generalkonsul Oppenheim hat bereits alles zur Trauung vorbereitet, so daß wenig Zeit verlorengeht.

      Blaß, aber vom Glück wie verklärt, gibt Fée dem stattlichen Mann an ihrer Seite ihr Jawort.

      Eine kurze, würdige Feier schließt sich an. Noch einmal trägt Bettina das Traumkleid aus Spitze und Duchesse und dazu den kostbaren Schmuck.

      Sie überstrahlt alle anwesenden Damen, ohne es zu wissen. Wattenberg ist verliebt in seine Frau wie vom ersten Tag an. –

      Anfang September

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