Скачать книгу

retten, und da standen die Aussichten eigentlich nicht so schlecht. Um Geld herauszuschlagen, viel Geld, würde man schon alles tun.

      Bettina trat an den Counter heran, die Gewaltblonde würdigte sie keines Blickes.

      »Das Tier bleibt hier«, sagte Bettina, die sich ein leises Lächeln nicht verkneifen konnte, weil das Verhalten dieses Kunstgebildes geradezu grotesk war. »Nehmen Sie bitte alle Formalitäten auf, und dann werde ich eine Anzahlung von tausend Euro leisten.«

      Die Nennung des Betrages ließ sie gleich freundlicher werden.

      Bettina füllte das ihr gereichte Formular aus, man verlangte das Übliche, doch dann zögerte sie.

      Der Name des Hundes?

      Sie blickte die Blondine an, die sich wieder auf ihren chromblitzenden Stuhl gesetzt hatte.

      »Könnten Sie bitte herausfinden, ob es sich um einen Rüden oder eine Hündin handelt?«

      »Warum wollen Sie das wissen?«

      »Damit ich einen Namen eintragen kann.«

      Die Blonde winkte ab.

      »Ach, das ist doch nicht so wichtig.«

      »Doch, das ist es … Für mich ist es wichtig, selbst wenn das Tier stirbt, möchte ich es mit einem Namen in Erinnerung behalten und nicht als den Hund, den ich aufgelesen habe.«

      Die Blonde zuckte die Achseln, stand aber immerhin auf. Der Blick, den sie Bettina zuwarf, verriet, dass sie glaubte, Bettina habe ohnehin nicht alle Tassen im Schrank. Für einen Straßenköter so viel Geld auszugeben, überstieg bei weitem deren Vorstellungsvermögen.

      Sie seufzte.

      Wie ungerecht das Leben doch war, diese Verrückte schien Kohle genug zu haben und gab sie so sinnlos aus. Ach, was würde sie sich für das Geld nicht alles kaufen …

      Wieder stockelte sie davon, um kurz darauf wiederzukommen.

      »Es ist eine Hündin«, sagte sie knapp.

      Bettina musste an Lady denken, ihre kleine Hündin, die man schwerverletzt aus einem Brunnenschacht geborgen hatte und die von Martin operiert worden war. Lady war wieder gesund geworden und würde heute noch leben, wenn dieser bösartige Koller sie nicht vergiftet hätte, sie und Hektor.

      Sollte dieser fremde Hund, auch eine Promenadenmischung wie Lady, auf ihren Weg kommen, um Lady zu ersetzen?

      Für Hektor hatte Jan ihr einen Ersatz mitgebracht, Max, ebenfalls einen Labrador und nun …

      »Sind Sie fertig?«, durchdrang die Stimme der Blonden ihre durcheinanderwirbelnden Gedanken. »Dann können Sie die Anzahlung leisten. Wie zahlen Sie? Mit EC oder Credit Card?«

      Das war wichtig, das zählte. Sie würde sich doch jetzt nicht unter Druck setzen lassen.

      Das Tierchen würde überleben, genau wie damals Lady, dachte Bettina, und es hatte auf ihren Weg kommen sollen. Im Tierheim hatte sie keinen Ersatz für Lady gefunden, weil es noch nicht an der Zeit gewesen war. Aber jetzt …

      Bettina überlegte.

      Es war schwierig, sie kannte das Tier nicht, wusste nicht, ob es ruhig oder lebhaft war, sie sah vor sich nur das blutige Bündel Fell … Wie war es noch gewesen? Braun, ja, braun, leicht gekringelt.

      Goldie …

      Ja, das passte, dieser Name war ihr, wie seinerzeit bei Lady, zugeflogen.

      Und wie Lady überlebt hatte, würde es auch Goldie, dessen war Bettina sich auf einmal absolut sicher.

      Goldie …

      Mit schwungvollen Buchstaben schrieb sie den Namen in die noch offene Rubrik, dann schob sie das Formular über den Counter und holte ihre Bankkarte heraus, um die geforderte Anzahlung zu leis­ten.

      *

      Wenn sich Bettina eines sicher sein konnte, dann der Zustimmung der Hofbewohner, wenn es darum ging, Gutes zu tun, Tiere zu retten.

      Nachdem sie nach Hause gekommen war und die unglaubliche Geschichte erzählt hatte, war Leni in Tränen ausgebrochen. Toni und Arno hatten sich sofort bereit erklärt, einen Teil der Kosten zu übernehmen, und selbst Inge Koch wollte ihr Schäflein dazutun.

      Es war so schön zu wissen, von Menschen umgeben zu sein, die herzlich waren, hilfsbereit …

      Nach einigen bangen Tagen war Goldie über den Berg. Auch wenn Bettina vieles an dieser Klinik gestört hatte, wenn die Gier nicht zu übersehen gewesen war, das war jetzt alles vergessen.

      Vergessen war auch, dass man ihr mehr als dreitausend Euro abgenommen hatte.

      Goldie war gerettet, sie hatte diesen schweren Unfall überlebt.

      Arno hatte es sich nicht nehmen lassen, gemeinsam mit Bettina das total verängstigte Tier in der feudalen Tierklinik abzuholen. Und es war merkwürdig, wie auch schon Max, fasste Goldie sofort Vertrauen zu ihm. Tiere spürten instinktiv, wer es gut mit ihnen meinte, und Arno war halt jemand, der ein ganz besonders großes Herz für Tiere hatte, mehr noch als alle anderen.

      »Ein schönes Tier«, sagte er, als sie wieder im Auto saßen und zum Fahrenbach-Hof fuhren. »Gut, dass du sie gerettet hast, Bettina, wäre wirklich schade um sie gewesen … Ist immer schade um jedes Tier, das durch die Rücksichtslosigkeit von Menschen sterben muss.«

      »Was meinst du, Arno, wird sie sich mit Max verstehen? Damals bei Hektor und Lady, das war ja wohl der absolute Glückstreffer, die beiden waren ja sofort ein Herz und eine Seele.«

      »Ja, das waren sie … Ich muss so oft an die beiden denken, die so sinnlos sterben mussten, nur weil dieser gräßliche Mensch dir eins auswischen wollte.

      Da muss man doch wirklich erst mal drauf kommen, Tiere zu vergiften, um einem Menschen zu schaden.«

      »Dabei habe ich diesem Koller überhaupt nichts getan, er war nur sauer, weil ich ihm keinen Liegeplatz für sein Boot gegeben habe und kein Jagdrevier. Ich führe doch nur das fort, was Papa vor mir getan hat … Wir haben noch niemals Jagdreviere verpachtet, und es ist doch genau festgelegt, wie viele Boote auf dem See sein dürfen.«

      »Mädchen, jetzt beruhige dich mal, du musst dich doch für dein Tun nicht rechtfertigen. Du hast richtig gehandelt, und selbst wenn du es nicht getan hättest, so ist das doch noch lange kein Grund, Tiere zu vergiften. Aber ihn wird es einholen, davon ist die Leni fest überzeugt, und ich bin es auch. Solche Freveltaten lässt der liebe Gott nicht zu.«

      »Dein Wort in Gottes Ohr«, seufzte Bettina.

      Sie hatten den Parkplatz des Hofes erreicht, stiegen aus. Max kam ihnen entgegengeschossen. Als er das Hündchen auf Arnos Arm entdeckte, blieb er stehen, begann zu knurren. Das war auf jeden Fall eine andere Begrüßung als damals zwischen Hektor und Lady.

      Bettina blickte angstvoll von Arno mit Goldie auf dem Arm zu Max. Sie wusste nicht, was sie machen sollte, aber Arno war ziemlich unbeeindruckt.

      »Na, na, mein Junge«, sagte er, »was ist das denn für eine Begrüßung, du verschreckst unsere neue Mitbewohnerin ja, indem du ihr Angst machst. Das meinst du doch nicht so, oder?«

      Arno langte in seine Jackentasche, holte ein paar Leckerli hervor, die er immer parat hatte, beugte sich zu Max herunter, tätschelte ihn, ehe er ihm die Leckerli gab.

      »So, und nun hörst du mit der Kasperei auf und begrüßt die kleine Goldie, die hat nämlich Schlimmes hinter sich und braucht dringend einen Beschützer.«

      Er hielt ihr Goldie entgegen, die angstvoll zu jaulen begann, Max beschnupperte sie neugierig, dann wandte er sich ab und lief auf den Hof.

      »Und was bedeutet das jetzt?«, wollte Bettina wissen.

      »Er wird sich an sie gewöhnen, pass mal auf, in zwei, drei Tagen werden die beiden die allerbesten Freunde sein.«

      »Ja, ich weiß nicht«, zweifelte Bettina, um dann aber fortzufahren. »Dein Wort in Gottes Ohr.«

Скачать книгу