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ohne Cola, sagten Tschüssi ohne Kowski, und auf ihren Klingelschildern stand nicht »Familie Jessen«, sondern »Seb, Caro, Iggi, Fetzifetz, DJ Dödel & Band«. Sie eröffneten bizarre Geschäfte: Waschsalon und Bar in einem, Dessousladen und Frittenbude, Kita und Schlachterei.

      Und dann, plötzlich, kamen sie alle: Bürger, Banker, Besserverdiener, die nicht mehr wie die Maden im Speckgürtel hausen wollten und die Altmieter verdrängten. Wohin, weiß keiner so genau. Hinweise liefern lediglich ein paar messingfarbene »Stolpersteine«, eingelassen in die Gehwege vor den Hauseingängen. »Hier wohnte Günther ›Korni‹ Petersen, geb. 1949. Gedemütigt – vertrieben«, oder Ähnliches steht in winzigen Buchstaben darauf.

Neue Leute, neue Läden

      Und heute? Heute ist mit Eimsbüttel nicht mehr viel los. In den Mülltonnen verwaisen die Pfandflaschen. Im Park randaliert ein unterbeschäftigter Peacekeeper. Zwei Spielhöllen mussten bereits schließen. Im Mösengeschrei bleibt die Kundschaft aus. Der inhabergeführte Familienbetrieb steht kurz vor der Pleite.

      »Wir haben den Laden längst aufgegeben«, gesteht auch der Direktor der örtlichen Hauptschule. Auf dem Schulhof steht die Insolvenzmasse ratlos herum. Auch in der Babyklappe herrscht Flaute. Die Nachfrage ist nicht das Problem. Fast stündlich sieht man eine gepflegte Endvierzigerin gegen die Scheibe hämmern. Doch es mangelt an Angebot. Selbst um den Ein-Euro-Laden steht es schlecht. Als Grund nennt der Geschäftsführer die wirtschaftliche Situation: »Die Menschen haben hier immer mehr in der Tasche«, ächzt er.

      Wer hier als Händler überleben will, muss sich auf die neue Klientel einstellen. So wie Rita G., Kioskinhaberin in der dreiundzwanzigsten Generation. Sie hat kurzerhand ihr Sortiment umgestellt: Mehrlagiges Klopapier und Ritalin-Drops für die Kleinen gehen weg wie warme Semmeln. Im Fachgeschäft für Arbeitskleidung baumeln jetzt Richterroben, Doktorhüte, Dirigentenstöcke und Escort-Strings in gedeckten Farben. Auch Ali, der Lebensmittelhändler, hat die Zeichen der Zeit verstanden: Statt türkischer Grobkost vertreibt er jetzt deutsche Feinkost. »Man muss flexibel sein, sich anpassen«, weiß auch Fiete Paulsen. Der einst gefeierte Arbeiterdichter hat auf Bürgerliche Trauerspiele umgeschult.

      Flexibel sein – das weiß auch Rotraud F. Dreißig Jahre stand sie hinterm Tresen des legendären Prollmops. Bis sich die Pforten schlossen. Seitdem sieht man das Eimsbüttler Urgestein mürrisch durch die Gassen schlurfen: mit blonden Zöpfen, rosa Lippgloss, den üppigen Busen unter einer raffinierten Wickelbluse kaschiert. Heute ist sie Trudy, dass Au-pair-girl. »Als Ungelernte givt dat hier heut keen anners Arbeit«, knurrt sie mit rauchiger Stimme.

Hitzige Debatten

      Die Gentrifizierung zieht in Deutschland immer weitere Kreise. Inzwischen sieht auch die Politik nicht mehr tatenlos zu. Erst kürzlich hat Olaf Scholz ein Carloft in Hamburg-Ottensen erstanden, Ronald Pofalla hat sich in Berlin-Kreuzberg eine Maisonette unter die abgeknabberten Nägel gerissen. Auch im Bundestag ist das Phänomen Gegenstand hitziger Debatten. »Wer arbeitet, muss besser wohnen als derjenige, der nicht arbeitet!«, befeuert Guido Westerwelle die Diskussion. Und legt, seinem abgewählten Idol Sarkozy nacheifernd, nach: »Was Deutschlands Städte wirklich brauchen: ein paar Hochdruckreiniger mit integriertem Gesindelfräser!«

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      1

      Der Begriff »Gentrification« kommt übrigens aus dem Englischen vom Wort »gentry«, deutsch: niedriger Landadel.

      2

      Hartmut Häußermann, Dieter Läpple, Walter Siebel: Stadtpolitik. Frankfurt: Suhrkamp 2008. S. 242.

      3

      Andrej Holm: Wir bleiben alle! Gentrifizierung – Städtische Konflikte um Aufwertung und Verdrängung. Münster: Unrast Verlag 2010. S. 31.

      4

      ebd. S. 32.

      5

      alle Zitate: ebd. S. 33.

      6

      Mark Greif, Kathleen Ross, Dayna Tortorici, Heinrich Geiselberger: Hipster. Eine transatlantische Diskussion. Frankfurt: Suhrkamp 2012.

      7

      Beide Zitate: ebd. S. 174.

      8

      Beide Zitate: Wir bleiben alle!. S. 30.

      9

      Christoph Twickel: G entrifidingsbums. Oder: Eine Stadt für alle. Hamburg: Edition Nautilus 2010.

      10

      Ebd. S. 69.

      11

      Stadtpolitik. S. 289.

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1

Der Begriff »Gentrification« kommt übrigens aus dem Englischen vom Wort »gentry«, deutsch: niedriger Landadel.

2

Hartmut Häußermann, Dieter Läpple, Walter Siebel: Stadtpolitik. Frankfurt: Suhrkamp 2008. S. 242.

3

Andrej Holm: Wir bleiben alle! Gentrifizierung – Städtische Konflikte um Aufwertung und Verdrängung. Münster: Unrast Verlag 2010. S. 31.

4

ebd. S. 32.

5

alle Zitate: ebd. S. 33.

6

Mark Greif, Kathleen Ross, Dayna Tortorici, Heinrich Geiselberger: Hipster. Eine transatlantische Diskussion. Frankfurt: Suhrkamp 2012.

7

Beide Zitate: ebd. S. 174.

8

Beide Zitate: Wir bleiben alle!. S. 30.

9

Christoph Twickel: G entrifidingsbums. Oder: Eine Stadt für alle. Hamburg: Edition Nautilus 2010.

10

Ebd. S. 69.

11

Stadtpolitik. S. 289.

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