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Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075835246
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Setzen Sie sich, mein Freund …« Ihre Blicke forschten in meinen nicht eben freundlichen Zügen.
Sie wurde unsicher. »Hat also Gupa doch geplaudert …?!«
Ich griff nach ihrer Hand.
»Wera, Sie wollten uns heimlich verlassen!«
Sie erschrak noch mehr.
»Wera, Sie wollten allein nach St. Antonius … Zubanoff ist Copte, und die …«
Sie weinte laut auf und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
Aber solche echt weiblichen Anfälle von schwächlichen Tränenergüssen dauerten bei ihr nie lange an.
Sie trocknete die Augen, und eine zarte Blässe breitete sich über ihr Antlitz, während ihr Mund die charakteristischen Falten eisernen Willens bekam.
»Olaf, seit jener Nacht, als der arme kleine Doktor starb, habe ich nur einen Wunsch gehabt: Der Doktor hätte nie diese Worte gelallt – nie! Ohne diese seine letzten Äußerungen wäre ich … frei gewesen!«
Ich verstand sie.
In dem Moment hätte ich sie an mich reißen mögen …
»Olaf, ja ich wollte heimlich nach dem Kloster. Nun sind Sie doch hinter das Geheimnis dieser allerletzten Worte eines Sterbenden gekommen, der nicht mehr die Kraft fand, mehr zu sagen. Ich selbst kam erst auf die wahre Deutung, als wir den Amur hinabfuhren und ich eines nachts schlaflos da lag und mir die Zeit vor vier Jahren – oder sind es fünf?! – vergegenwärtigte. Damals war ich verlobt … Zubanoff war mein Abgott … Er erzählte mir gern von seiner Familie, er lebte gern in verblaßten Erinnerungen, und … so erfuhr ich, daß er Copte war, christlicher Sektierer. In jener Nacht auf dem Flusse gedachte ich seiner begeisterten Schilderung der ältesten Kulturstätten der Copten. Als Jüngling war er, gleichsam ein Pilger, dort gewesen … Er hatte geradezu geschwärmt von der Weltabgeschiedenheit des uralten Klosters, – alle Russen sind romantisch veranlagt, und in seinem Wesen trat der Hang zur Träumerei besonders stark hervor. Er war ja auch halber Asiate … Die Steppenvölker pflegen schon durch die Einsamkeit der unendlichen Weiten zum Grübeln zu neigen. Vieles trug dazu bei, sein unbewußtes Sehnen nach einem Leben in gänzlicher Abgeschiedenheit zu steigern. – In jener Nacht, in der auch meine Brautzeit mit ihrer rosenroten Seligkeit wie etwas gänzlich Unwirkliches an meinem Geiste vorüberglitt, so, als hätte dies jemand anders erlebt und nicht ich, fühlte ich, wie fremd er mir geworden und wie heftig dennoch mein Sehnen war, ihn zur Rede zu stellen und Aufklärung zu fordern, weshalb er mich so lange ohne Nachricht ließ und vor mir floh …! Ich muß Klarheit haben! – Sollte ich etwa von Ihnen, Olaf, auch das Opfer noch fordern, mich nach St. Antonius zu begleiten?!«
»Ich werde Sie begleiten, Wera …« sagte ich bedrückt.
»Nein, nein …!« Sie lehnte sich an mich. »Olaf, das … soll nicht sein! Ich habe Ihnen … nichts zu geben als Dank für Ihre … Treue.«
Sie wollte »Liebe« sagen …
»Nichts, Olaf …! Vielleicht könnte ich Ihnen etwas geben, wenn Zubanoff … niemals in dem Kloster erschiene … – Würden wir ihn dort aber finden, würde er nach uns eintreffen, würde es ein Wiedersehen geben, dann …« – sie ließ sich in den Sessel fallen und starrte vor sich hin – »dann würde ich … ich … ich weiß nicht, was ich tun würde, und … Ihre Anwesenheit, Olaf, würde alles nur noch … schlimmer machen …«
Sie brauchte nicht deutlicher zu werden.
Sie tat mir unendlich leid, und ich konnte sie durchaus verstehen. Sie mußte Klarheit schaffen zwischen sich und Zubanoff.
»Steenpool,« sagte ich zart, »Steenpool würde sich niemals abschütteln lassen, Wera … Er ist gezwungen, seinen Vorgesetzten einen lückenlosen Bericht über seine geheime Mission zu liefern, und die Lücke »Iwan Zubanoff« füllt er bestimmt aus. Wir reisen zusammen, Wera …«
Dann ließ ich sie allein.
Es war für uns beide besser. –
Wir reisten schneller ab, als wir es gedacht hatten.
Mitten in der Nacht weckte uns der Armenier.
»Sie müssen fliehen …« – er war sehr aufgeregt »Ich habe Nachricht erhalten, daß man Sie alle hier in aller Stille gefangen nehmen und wegschaffen will … Diesmal liegen die Dinge umgekehrt: Die Wangs wollen Sie, weil Sie zu viel wissen, nicht aus der Mandschurei herauslassen …«
Er hatte ein Lastauto bereit, – in wilder Hast mußten wir uns unter halbgefüllten Säcken verbergen, – – es war der letzte abenteuerliche Akkord dieser seltsamen Sinfonie von Erlebnissen … Das Auto ratterte durch die Nacht über fürchterliche Wege bis zu einer Bahnstation … Als der Nachtzug nach Wladiwostok einlief, schlüpften wir in ein Abteil, in dem ein vertrauter Diener des Armeniers uns erwartete.
Vier Tage darauf befanden wir uns an Bord eines chinesischen Küstendampfers …
Unser Ziel war St. Antonius. Steenpool hatte das nötige Geld, uns bis Hongkong auf einem englischen Luxussteamer unterzubringen. Da erst waren wir wirklich in Sicherheit.
Wir sahen im Morgengrauen die felsigen Terrassengestade der Insel Hongkong hinter uns verschwinden … Wera stand neben mir an der Reling … Dschunken, alt wie Methusalem zogen mit prallen Segeln vorüber …
Asien, Ostasien entschwand …
Die Wangs mögen in geringer Zahl noch jetzt zusammenhalten. Die chinesischen Generale haben neun von den Tschu-Wangs ermittelt und geköpft, las ich in einem englischen Blatt. Die phantastische Idee eines Mongolenreiches mit Einschluß Japans dürfte kaum mehr in alter Größe aufleben. Aus dem Reste der Wangs wird wohl ein Bund der »armen Leute« geworden sein: Banditen, Räuber, Flußpiraten!
»Für Europa ist dies nur günstig,« meinte Steenpool in Kairo im Prachtgarten des Mena-House-Hotel und nahm einen neuen Strohhalm für seine Eislimonade und ließ seinen Brillantring blitzen.
Gupa, im weißen tadellosen Tropenanzug vollkommen Gentleman, blickte Steenpool nachdenklich an. »Ich war ein Wang … Es wird ein neuer Doktor Wang-Ho sich finden, und eines Tages wird Asien rein werden von fremden Spekulanten … Asien den Asiaten, Mr. Steenpool! Auch Sie werden die Entwicklung der Dinge nicht verhindern.«
Wera blickte träumerisch in die Kronen der Palmen empor … Am Nebentische lärmten amerikanische Globetrotter, und auf der hellen Straße zog ein Regiment ägyptischer Infanterie mit schmetternder Marschmusik vorüber. Ägypten war nicht mehr englische Kolonie, und die letzten Zeichen englischer Bevormundung würden auch sehr bald verschwinden.
Am nächsten Morgen ritten wir hoch zu Kamel durch die weißen Berge gen Sankt Antonius.
16. Kapitel
Sie kommt …
Es war dunkel, als wir am Tore der äußeren Mauer anlangten. Der Bruder Torhüter hatte unseren Führer allerlei zu fragen, bevor er uns einließ. Die mit weißem Kalkbewurf versehenen Kirchen und Kapellen dieser großen umfriedeten Siedlung hoben sich im Mondlicht scharf von dem tiefen Olivengrün der Palmen ab, die überall den Hintergrund bildeten. Man hatte den Eindruck, als ob man eine ganze Stadt vor sich sähe.
Der Abt des Klosters empfing uns in der Vorhalle, ein Greis mit müdem, weltfernem Blick und von feierlicher Verschlossenheit.
Noch einmal flackerte hier die berauschende Wildheit großen Erlebens auf: Als der Abt jede Auskunft verweigerte, ob Fürst Zubanoff hier weile.
Steenpool sagte schroff: »Er ist hier, mein Vater! Wäre er nicht hier, würden Sie dies ohne Zögern erklärt haben. – Bitte, – kennen Sie Haftbefehl?! Wollen Sie der ägyptischen Regierung trotzen?!«
Wera rief – und auch Gupa und ich waren