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Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel
Читать онлайн.Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Год выпуска 0
isbn 9788075835246
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Es waren Bedenken, Befürchtungen, die ich längst gehegt hatte. »Gupa und ich werden Choto zunächst allein besuchen,« erklärte ich. »Sie, Fürstin, und auch Steenpool sind für ein solches Unternehmen, bei dem von Ohr, Auge und Hand schnellstes Zusammenwirken verlangt wird, nicht geeignet. Ich bin Abenteurer, Gupa war noch mehr als das, nehme ich an, und mit ihm zusammen würde ich auch des Teufels Großmutter in der Hölle meine Aufwartung machen. – Wir werden sofort aufbrechen.«
Steenpool legte mir die Hand auf das Knie. »Immer gemach, Abelsen, … Sie reden wie ein Weiser oder wie Howard Steenpool, – die Banditen, falls sie in dem Neste stecken, sind schlimmer als des Teufels Großmutter, mein Lieber … Ich weiß nicht, ob sie einer chinesischen Massenhinrichtung beigewohnt haben … Ich ja … Bei solchem Volksschauspiel lernt man erst das Gesicht Asiens richtig kennen. Es ist kein schönes Gesicht nach unserem verweichlichtem Geschmack, Abelsen. – Ich werde Gupa begleiten, denn mein Paß, meine Papiere würden auch dem fanatischsten Gelben Respekt einflößen. Bisher hat man hier noch immer einige Angst vor Englands schwimmenden Bügeleisen, die so wunderbare 32-Zentimeter-Granaten spucken – pardon …«
Es war ein edler Wettstreit. Jeder wollte seine Haut zu Markte tragen, Steenpool ließ nicht locker und zum Schluß mengte sich auch noch Wera ein.
»Sie beide wollen sich für mich opfern, auch Gupa würde es tun, – ich lehne das ab.« Sie sprach mit einem Nachdruck, der keinerlei Widerspruch duldete. »Ich werde allein reiten, dabei bleibt es … In meinem Reisesack habe ich noch die Verkleidung, die ich als Mongolin in Zubanowo trug, dazu Perücke, Schminken … Eine alte Bettlerin hält niemand an, – ein Mann fällt hier überall auf, und …«
»Sie haben recht,« brach ich diese zwecklose Erörterung ab und stieß dabei Steenpool vielsagend mit dem Ellbogen in die Seite. »Noch ist es zu früh, Fürstin … Außerdem müssen wir erst näher an das Dorf heran …«
Mein Plan war fertig. Steenpool ahnte meine Absicht und schauspielerte wie ich.
Eine halbe Stunde darauf ritten wir weiter. Diesmal war ich Vorhut, ich hatte das beste Fernglas, und meine Pampaserfahrungen übertrafen auch Gupas vielseitige dunkle Abenteuer an lehrreichen Einzelheiten.
Diese Nacht, kühl wie die gestrige, nur fast zu hell und klar, goß mir wieder das lebendige Feuer einer hohen Verantwortung in die Adern. Es erging mir wie stets: War ich allein auf mich angewiesen, verdoppelten sich meine Instinkte, – nichts lenkte mich ab, und mein Wrangel, den ich vor mir an der Leine hatte, war mir wertvoller als ein Dutzend mit dieser Wüste vertraute Nomaden.
Ein bewaldeter Hügelrücken lag hinter mir. Im Sternenlicht erkannte ich durch das Glas große Herden, zumeist Fettschwanzschafe, einige Umzäunungen mit Pferden und Kamelen, drei Jurten, aus denen Qualm emporstieg, und ganz fern im Dämmer der ersten Berge eine Anzahl heller Pünktchen, links davon eine blanke weite Fläche. Das mußte der See von Choto sein.
Ich hatte also wirklich das Tal vor mir, ich sah auch die schroffen Abhänge der Talwände, – hinter dem Dorfe brannten ein paar gewaltige Feuer zum Schutz gegen die Wölfe, die aus den Wäldern des Gebirges nachts herabkamen.
Von hier oben merkte ich mir genau die Richtung, die ich einzuschlagen hatte, um die Herden und ihre Wächter zu meiden. Dann trabte ich weiter, ich fand ein ausgetrocknetes Bachbett, das mir genügend Deckung bot, und nach einer Viertelstunde hatte ich das Dorf erreicht. In einer leeren offenen Stallung, deren Filzwände man jetzt im Sommer entfernt hatte, lagen noch Haufen von Reisstroh und Laub, – ein besseres Versteck konnte es nicht geben, zumal gleich rechter Hand die felsige Talwand aufstieg, die zahlreiche Gestrüppgruppen, Terrassen und Geröllhalden besaß. Im Notfalle konnten wir dort nach oben, und die nahen Berge boten die beste Möglichkeit zur Flucht.
Als meine drei Gefährten mit den Packpferden eintrafen, drückte Wera mir stumm die Hand. Steenpool meinte anerkennend, daß auch er die Sache kaum besser erledigt hätte, und Gupa tat das Klügste und häufte das Stroh derart in fast geschlossenem Kreise auf, daß unsere Gäule sogar für einen zufällig Vorüberkommenden verborgen blieben.
Die ersten Häuser der langgestreckten Ortschaft waren von dem Stall etwa dreihundert Meter entfernt. Es gab da Lehmhütten, Steingebäude, Jurten, braune Leinwandzelte und allerlei Wirtschaftshäuser, Ställe, Bretterspeicher, plumpe Backöfen …
Der Ort war größer, als wir gedacht hatten. Aber zwischen den Baulichkeiten zeigte sich selten eine menschliche Gestalt. Es mochte jetzt elf Uhr sein, und die Mongolen sind Frühaufsteher und lieben die nächtliche Kühle nicht. Das Dorf schlief.
Leider aber, und das warf eigentlich alle Pläne über den Haufen, trieben sich überall die ruppigen mageren Köter herum, von denen man allerlei Unangenehmes zu erwarten hatte. Sie sind schon aus Selbsterhaltungstrieb sehr wachsam, denn das Chingan-Gebirge und dessen Randgebiete beherbergen nicht nur Wölfe, sondern auch einige Arten von Pantherkatzen, dazu Bären und Tiger.
Gupa mit seinem starren Mongolengesicht blickt über das Dorf hin und scheint zu überlegen, wie man die Hunde weglocken könnte.
»Komm, Gupa,« sage ich. »Wir holen einen Hammel …«
Er versteht sofort.
Aber Steenpool und Wera fordern lange Erklärungen.
Wir kriechen zur nächsten Hürde, – leider ist nun auch noch der Mond erschienen –, und ein dicker Fettschwanzwidder, der sich stolz abseits hält, findet einen schnellen Tod. Gupa stößt nur einmal zu, und dann schleifen wir das tote Tier am Riemen hinter uns her, die Böschung empor, von Terrasse zu Terrasse, schleichen oben am Talrand dahin, bis wir etwa die Mitte des Dorfes hinter uns haben, und schleudern den ausgeweideten Kadaver in die Tiefe, ebenso die inneren Teile …
Der Erfolg bleibt nicht aus. Die nächsten Hunde wittern den seltenen Braten, der Blutdunst breitet sich aus, und in kurzem balgen sich etwa zwanzig gierige Köter um die leichte Beute.
Gupa kniet neben mir hinter einem Strauche. Er nimmt mein Fernglas und äugt nach den hellen großen Feuern hinüber, die ich für Hirtenfeuer gegen die Bestien der Berge hielt.
»Blicken Sie hin,« sagt er gepreßt …
Ich höre es seiner Stimme an, daß da irgend etwas nicht stimmt.
Ich stelle das Glas ein …
Es sind vier Riesenfeuer … Und zwischen ihnen bewegen sich Menschen … Eine Menschenmauer steht außerhalb des hellen Vierecks …
Ich springe auf …
Wir laufen geduckt gen Westen, wir rennen wie die Hirsche, wir fiebern … auch Gupas Gleichmut ist dahin.
Dann sind wir auf einer Höhe mit den mächtigen flackernden Holzstößen …
Wir sehen …
Sehen alles ganz deutlich …
Vor ein paar Felsen stehen zwei Männer, die Arme über der Brust gefesselt, im Munde Knebel mit Schnüren, die im Genick enden …
Gowin …
Chedee …
Gowin, hoch aufgerichtet, ein verächtliches Lächeln auf dem Gesicht …
Chedee stumpf, den Kopf gesenkt.
Ihnen gegenüber zehn der chinesischen Banditen in Khaki, Gewehre im Anschlag … Neben diesen ein Kerl mit einem Säbel … Wohl ein Offizier des Rebellengenerals …
Und seitwärts ein dritter Mann, eine schlanke Gestalt, fast zu schlank, ein feines, weiches, zu weichliches Gesicht …
Auch gefesselt und geknebelt.
Ich hatte Fürst Iwan Zubanoff noch nie gesehen, nicht einmal ein Bild von ihm, aber eine innere Stimme sagte mir es, der ist es, und er mußte es auch wohl sein … –
Geschehnisse können sich in die winzige Zeitspanne von Sekunden zusammendrängen … Unser Hirn ist imstande, in Bruchteilen von Sekunden äußere Eindrücke