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tötete die beiden?«

      »Fürst Zubanoff,« erwiderte er noch leiser.

      Nicht leise genug, denn in der kleinen Verbindungstür zu Weras Kammer stand eine schlanke Gestalt im schwarzen Kimono mit ungewöhnlich bleichem Gesicht …

      11. Kapitel

       »Arme Leute« vom Fluß

       Inhaltsverzeichnis

      … Ich habe meine Schreibarbeit unterbrochen und bin mit Wrangel draußen in den weißen Bergen gewesen, ganz hoch auf den nordöstlichen Abhängen, von wo aus man das Meer sieht, das Rote Meer, – links kann man mit dem Glase auch die Dämme und Bauten des Suezkanals erkennen.

      Gupa sitzt neben mir auf dem länglichen Stein, er wohnt hier in einer der zahllosen Höhlen, das Kloster meidet er, aber wir sehen uns jeden Tag, und jeden Tag bittet er mich, wir sollten doch diese Felswildnis verlassen und zurückkehren in seine Heimat.

      Gupa ist mir das geworden, was mir einst Coy Cala war, – nicht ganz … Aber dieser hühnenhafte Mongole, der doppelt und dreifach sein Leben für mich wagte, ist mir doch Freund und lebendige Erinnerung an einen fernen Traum.

      Gupa gleicht in vielem Wassili Gowin – äußerlich. Vielleicht ist er noch stolzer und hochmütiger. Er hat nichts von der kriecherischen Höflichkeit vieler Asiaten an sich, er spricht von seiner wilden Vergangenheit wie von den selbstverständlichsten Dingen, und wenn ihm auch Gowins überragende Intelligenz fehlt, so ist er in vielem wieder praktischer, urwüchsiger und besitzt nicht jenen anmaßenden Mut, mit dem Wassili damals verachtungsvoll in die Gewehrmündungen starrte.

      Gupa und ich sprechen gern über jene Tage, als wir an einsamen Karawanenpfaden durch die Nordostecke der Wüste Gobi zogen. Vieles, was mir entfallen, frischt Gupa wieder auf. Einzelheiten schälen sich so aus dem wirren Ganzen eines heißblütigen Erlebens heraus. Gupa nahm das alles gelassen hin. Seine Nerven versagten nie.

      »… Sie hat ihn nicht mehr geliebt, Olaf,« meint er außerhalb jeglichen Zusammenhangs und stopfte seine Pfeife aus dem fettigen Lederbeutel. »Es hätte dich ein Wort gekostet, und sie wäre dein geblieben …«

      »Schweig doch …!«

      Er lacht sehr hart. »Schreibst du noch immer von ihr und über sie und reißt dein Herz dabei auf?! Ihr Europäer seid Frauen gegenüber zu schwach.«

      Er blickt mich von der Seite an, und mein Gesichtsausdruck zwingt ihn zu einem warmen »Verzeih, – reden wir von anderen Dingen …«

      Dann gehe ich wieder mit Wrangel zurück zu meiner Klosterzelle, an der äußeren Mauer lächelt mir der Bruder Türhüter zu und im Garten reicht mir ein anderer eine Handvoll Rosinen … –

      Ich bin allein in dem stillen winzigen Gemach und überlese die letzten Seiten.

      Wera hatte alles gehört, und Steenpool hatte sich erhoben und war zu ihr hingegangen. Sie schaute an ihm vorüber ins Leere, sie hörte wohl kaum seine gutgemeinten Worte.

      »… Fürstin, von feigem Mord oder dergleichen kann hier keine Rede sein … Und – mit aller Sicherheit kann auch ich nicht behaupten, daß damals im Dorfe Zubanowo Ihr Gatte in der Nähe war, als Sie mit Mr. Bix die Auseinandersetzung am Flusse hatten und er so niederträchtig gemein zu Ihnen wurde …«

      Wera machte nur eine müde Handbewegung.

      »Es ist gut … Es ist alles ja so gleichgültig … Wenn er nicht gemordet hätte, weshalb floh er vor mir?!«

      Und da gerade kam Gupa in die Kajüte gestürzt …

      »Zwei Motorboote …!« keuchte er … »Hinter uns … Flußpiraten …!!«

      Mit einem Schlage war Fürst Zubanoff vergessen.

      Aber Gupas Augen hingen an Steenpool wie an einem giftigen Gewürm.

      »Wo kommt der her?!« Seine Fratze war bedrohlich. Erst jetzt lernte ich Gupa, den Mongolen, richtig kennen. Daß er, bisher Maschinist auf den Ölfeldern, geistig weit über Tschanli stand, hatte ich schon gemerkt. Nun zeigte er sein wahres Antlitz, und das sprühte vor verächtlichem Haß gegen den englischen Beamten.

      Ich mußte vermitteln. »Mr. Steenpool haben wir nicht weiter zu fürchten, Gupa,« sagte ich scharf. »Er ist mein Gast hier an Bord. – Wie steht’s mit den Booten draußen?«

      Der Riese mit den kleinen harten Augen und der klobigen Stirn ward sofort wieder bescheiden. »Dann ist alles in Ordnung, Mr. Abelsen …« Er sprach ein recht flüssiges Englisch, wenn auch untermischt mit allerlei internationalen Hafenausdrücken.

      Ich eilte an Deck. Wir fuhren in dünnem Nebel dahin, von dem Ufer war nichts zu sehen, nur hinter uns leuchteten drei matte helle Punkte und je zwei rötliche Flecke.

      Gupa zog mich an die Reling.

      »Ich weiß hier Bescheid … Nicht nur die Flüsse in China haben ihre Räuber, Mr. Abelsen … Der Amur ist gerade hier an der Mündung die Zuflucht von armen Leuten. Jeder will leben.«

      Seine geheime Sympathie für diese »armen Leute« war ziemlich eindeutig.

      »Es können auch Zollbeamte sein,« meinte ich etwas vorschnell.

      »Die führen beiderseits Positionslaternen, rot und grün … – Sie sind einer von uns, Mr. Abelsen … Geben Sie das Zeichen … Vielleicht hilft es. Die Leute sind schneller als unser Schoner, und die armen Leute lassen hier niemals einen am Leben, wenn sie Beute machen.«

      Zeichen?! – Das war eine neue Seite des Wang-Bundes, der also auch mit den Flußpiraten in Verbindung stand. – Ich durfte es Gupa nicht merken lassen, daß ich nichts von diesem »Zeichen« wußte.

      »Tu du es, Gupa … Ich habe mit der Fürstin zu reden.«

      Ich blickte ihn dabei gleichgültig an. Eine der Decklaternen schien ihm gerade in das gelbbraune Gesicht.

      »Du erlaubst es also, Missu?« – und sein Flüstern und seine Anrede verrieten eine Vertraulichkeit, die mich erschreckte.

      »Ja …«

      Ich schritt gemächlich der nur angelehnten Kajütentür wieder zu. Steenpool lugte durch den Spalt.

      »Wie steht’s?!«

      Ich trat ein, drückte die Tür zu und sah Wera auf einem Klappstuhl zusammengesunken sitzen und vor sich hin starren. Sie hob den Kopf.

      »Wir haben doch Waffen,« sagte sie nur, und ihr schöner Mund zuckte leicht. »Als Chedee und ich nach Sachalin fuhren, erzählte er mir viel von den »armen Leuten« – den Seeräubern … Es ist das kein Märchen, Olaf. Chedee aber kannte ein Signal, das …«

      »Und wie war das Signal?« fragte ich schnell.

      »Drei lange, drei kurze Lichtblitze einer Laterne …«

      Ich rannte wieder an Deck, wo ich Gupa, Tschanli und die beiden anderen Chinesen am Heck versammelt fand. Mein Erscheinen störte ihre hastige Beratung. Ich ahnte, was sie besprochen hatten. Gupa war mißtrauisch geworden, er glaubte nicht mehr recht an meine Eigenschaft als Tschu-Wang, mein Eintreten für Steenpool mochte ihn schon stutzig gemacht haben, und meine offenbare Unkenntnis des »Signals« hatte den Ausschlag gegeben. Es war höchste Zeit, meine bereits halb verlorene Würde als Tschu-Wang zurückzugewinnen.

      »Weshalb gibst du nicht das Zeichen, Gupa?« fragte ich energisch. – Die beiden Motorboote waren kaum mehr zwanzig Meter hinter uns. Es mußten ganz alte Motoren sein, denn sie knatterten und knallten wie Maschinengewehre.

      Ohne Gupas Antwort abzuwarten, bückte ich mich und hob die Karbidlaterne hoch, die den Kompaß unter einer Haube beleuchtet hatte.

      Ich hielt sie empor, deckte meine Mütze über das Glas, zog die Mütze wieder weg und gab dann die sechs Zeichen: Dreimal lang,

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