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– ein anderer Ausgang wäre mir lieber gewesen. Dieser Mensch da, der nun den Torstensen kommandierte, war kein zu verachtender Gegner. Ich würde mit ihm ein schweres Spiel haben … Nun – abwarten …! Die Hauptsache, man würde uns hier nicht entdecken, denn daß dieses Gelaß so geschickt in den Kutter eingebaut war, daß nicht einmal die Zöllner in Panama und die Soldaten in Punta Garras es gefunden hatten, wußte ich: es war der geheime Raum, den ich längst vermutet hatte, Jörnsens Waffenkammer … Meine Linke war vorhin an der Wand entlanggefahren und hatte da die Kolben von sechs in Gestellen festgeklemmten Büchsen berührt. –

      In der Kombüse wurde es nun still. Man hatte auch die Leichen der Erschossenen weggeschafft. Auch Gerda war ruhiger geworden. »Ich werde ein Zündholz anreiben … Wir müssen vor die Tür eine Decke hängen …« – das Flämmchen flackerte … Ich schaute mich um. Der kleine Raum war etwa drei Meter lang und anderthalb Meter breit. Außer zwölf Büchsen sah ich noch verschiedene Kisten am Boden stehen, die sämtlich durch Gleitleisten vor dem Rutschen gesichert waren.

      Das Hölzchen erlosch. – »In der gelben Kiste sind zwei kleine Scheinwerfer und eine Menge Taschenlampen und Batterien, Olaf … Ich werde ein zweites Hölzchen anreiben … Öffne die Kiste … Ich habe auch dies schon ausspioniert! Ich weiß an Bord gut Bescheid …«

      »Du warst, nachdem wir uns gesprochen hatten, gar nicht auf den Fünfmaster zurückgekehrt?«

      »Nein …«

      Das Hölzchen knisterte. Ein Blick über Gerdas Gestalt … Sie trug über dem Badeanzug einen Ölmantel – nichts weiter … Ihre Füße waren nackt…

      Ich bückte mich. Rasch hatte ich aus der gelben Kiste eine der Taschenlampen herausgesucht, eine Batterie hineingeschoben und die Lampe eingeschaltet …

      »Dort liegt die Decke, Olaf … Vielleicht hat sie Ringe zum Aufhängen … Hier sind die Umrisse der unsichtbaren Tür … Oben vier Haken …«

      Die dicke schwere Decke hatte Ringe. Sie hing nun glatt herab.

      Gerda setzte sich nun matt auf die nächste Kiste.

      »Olaf, vielleicht findest du etwas Trinkbares. Ich fühle mich so elend …«

      Ich fand: Kognak – zwölf Flaschen, auch Konservenbüchsen, und hinter der größten Kiste eine kleine Zinktonne mit einem Messinghahn: Trinkwasser! –, auch Aluminiumbecher, ein paar Bestecke, vieles andere, zum Beispiel sechs Mauserpistolen mit überreichlich Munition.

      Mein verrostetes Taschenmesser hatte einen Korkenzieher. Ganz langsam öffnete ich eine der Kognakflaschen, wie ich mich überhaupt aufs vorsichtigste bewegte, denn jetzt waren ein paar der Feinde auf der anderen Seite im großen Laderaum zu hören. Wahrscheinlich suchten sie Proviant.

      Gerda trank in kleinen Schlucken. Ich hatte mich neben sie gesetzt und die Lampe auf den Gewehrständer gelegt und die Linse mit einem Fetzen Papier umhüllt, damit der Lichtschein gedämpft würde.

      »Das Schicksal treibt ein merkwürdiges Spiel mit uns,« sagte ich flüsternd aus tiefem Sinnen heraus.

      Gerda reichte mir den Becher … »Trink’ aus, Olaf … – Wir selbst sind unser Schicksal. Wer sich vom Leben treiben läßt, ist ein Schwächling. Du bist es nicht, Olaf, und ich auch nicht … Wir sind beide durch eine harte Schule gegangen.«

      »Was weiß ich von dir, Gerda, – nichts! Aus dem lieben kleinen Mädel ist eine junge Dame geworden … Achtzehn Jahre, Gerda, fast zwei Jahrzehnte … Nein, ich kenne deine Lebensschule nicht. Und ich darf nicht fragen …«

      Ich trank. Der Kognak duftete. Und Feuer rann mir ins Blut …

      Gerda saß da, die Unterarme auf den Knien, den Kopf gesenkt und schwieg. Ich sollte nicht fragen. Das war Unnatur …

      »Gerda!«

      »Olaf?« Sie schaute vor sich hin …

      »Begreifst du nicht, daß unsere Lage gegenseitige Offenheit verlangt?«

      »Gewiß … – Wir werden den Kutter zurückerobern … Was ich beantworten darf, was also mit dem zusammenhängt, worauf unsere ferneren Pläne abzielen, werde ich beantworten. Wenn du Schweigen gelobt hättest, würdest du dein Wort brechen?«

      Nebenan wurde es immer lebhafter. Auch in der Kombüse schien nun ein neuer Koch mit einem Gehilfen eingezogen zu sein. Geschirr klapperte. Ein Kerl, der als Kunstpfeifer hätte auftreten können, pfiff einen Foxtrott. Im Laderaum kreischten die Nägel der Kistendeckel.

      Ob ich mein Wort brechen würde? – Ich sah die Szene wieder vor mir, wie Holger Jörnsen mir mit der Pistole das Versprechen abgezwungen hatte, nichts von dem Kabinettbild zu erwähnen.

      »Allerdings nicht, Gerda … Es muß etwas geben, das für jeden anständigen Menschen wie ein Schwur ist. Ich werde nichts fragen, obwohl mir unendlich viel geradezu unbegreiflich bleibt. Was tatest du auf dem Fünfmaster? Wie kamst du nach Punta Garras? – Das sind keine Fragen, Gerda … Mir wird der Kopf wirr, wenn ich zu denken beginne. Jörnsen hat uns schon Rätsel aufgegeben. Du bist ein ganzes Rätselbuch, – so würde Boche Boche sich vielleicht ausdrücken. Kamerad! Wenn sie ihn umgebracht haben, dann gnade ihnen Gott! Gerade er hätte es verdient, noch einmal glücklichere Tage zu sehen. Kennst du sein trostloses Geschick?«

      »Ja … Seit dieser Nacht … Das Ehepaar Jörnsen sprach über ihn. Sein Gedächtnis ist tot. Für manchen wäre das ein Glück, Olaf.«

      »Für dich?«

      Ich sah ihr schwach beleuchtetes Profil, ihr schmerzliches Lächeln. »Vielleicht … vielleicht … Wenn man in die Zukunft schauen könnte, würde ich dir bestimmter antworten. Die nächsten Wochen bringen die Entscheidung … – Wie vergnügt der Neger pfeift …! Es ist ein Neger. Diese Wurstigkeit gegenüber dem, was war, und dem, was kommen mag, bringt nur ein Nigger auf. Sie sind wie Kinder – grausame Kinder … Heute mittag wären sie gehängt worden, die ganzen fünfundzwanzig Farbigen vom »Pierpont Morgan«. Sie hatten den Kapitän und die Schiffsoffiziere erwürgt und eine Schaffarm geplündert.«

      »Und du warst mit dabei?«

      Keine Antwort. Sie gähnte nur.

      »Du bist müde, Gerda …«

      »Sehr müde …«

      »Wenn wir nur ein paar Decken hätten. Du kannst doch nicht auf den bloßen Dielen schlafen. Lege dir wenigstens hier meine Jacke unter. Vielleicht kann ich uns nachher eine Decke stehlen, wenn die Kerle zur Ruhe gekommen sind …«

      Sie nahm meine Jacke mit Dank an, rollte sie als Kopfkissen zusammen und streckte sich zwischen den Kisten aus. So wurde ich Wächter ihres tiefen Erschöpfungsschlafes, so saß ich stundenlang, selbst gegen die Müdigkeit verzweifelt ankämpfend, zuweilen auch flüchtig einnickend, sofort wieder aufschreckend.

      Die kleine elektrische Lampe, deren Batterie sich rasch verbrauchte, glühte nur noch als mattes Pünktchen unter dem Papierfetzen. Es war dunkel um uns her. Draußen mußte es längst Tag sein. Aber ich hörte den Regen noch immer in schweren Tropfen auf das Deck klatschen. Der Torstensen bäumte sich zuweilen. Brecher kamen über Bord. Wind pfiff in der Takelage.

      Im Laderaum und in der Kombüse jetzt alles still. Die Meuterer hatten gegessen, waren wohl bis auf die Wachen in die Kojen gekrochen.

      Ob ich’s wagte? – Es blieb ein gefährliches Spiel. Wurde ich außerhalb unseres Schlupfwinkels abgefaßt, – was würde dann aus Gerda?!

      Dennoch: Gerda brauchte Kleidung, Schuhe, Strümpfe …

      Ich erhob mich. Ich tappte zur Waffenkiste. Zwei Mauserpistolen, die Hosentasche voller Patronen: das war besser als eine halbe Flasche Kognak! Ich wollte wissen, was aus Boche Boche und den beiden Jörnsens geworden. Gerdas Andeutungen vorhin ließen vermuten, daß Jörnsens nicht mehr lebten. – Wie unbegreiflich Gerda war! Weshalb hatte sie mir nicht wenigstens über diesen Punkt Aufschluß gegeben?!

      Ich schlich zur Tür. Betastete die beiden Riegel, hielt die Wolldecke hoch, schob die

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