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Arbeit ist beendet. Nun werde ich nach dem Kameraden suchen … Ich steige in die Back hinab, in die Verschläge … Nichts … In unserer Kajüte liegt in meinem Schränkchen der Bernsteinrahmen mit meinem Kinderbilde. Eine Anzahl der gelben Perlen fehlen. Ich erinnere mich, daß ich in den Ohrläppchen einiger der toten Neger gelben Ohrschmuck gesehen habe. Die Bernsteinperlen schwimmen jetzt mit den Leichen zugleich in der Strömung irgendwohin – irgendwohin …

      Zuletzt durchsuche ich noch den Heckverschlag, in dem der Vierzylinder steht. Auch hier nichts.

      Armer Kamerad!!

      Und wie ich nun achtern an der Reling lehne und die schlafenden Jörnsens betrachte, wie in meiner Erinnerung die Schreckensbilder der letzten Stunde wieder aufleben und ich krampfhaft an der langentbehrten Zigarre sauge, da entgleitet sie mir plötzlich und rollt in eine der Kaffeelachen …

      Der Meutererkapitän!!

      Wie war’s nur möglich, daß ich ihn bisher vergessen hatte – ihn, den einzigen Weißen, den einzigen, den ich nicht als Leiche gefunden?!

      Wo war dieser Mann geblieben?!

      Und meine Augen prüfen mißtrauisch die düstere Umgebung …

      Entflohen?!

      Und Gerda?!

      Er verschwunden – sie verschwunden …

      Hat Gerda nur geheuchelt, als sie so voller Haß ihn einen erbärmlichen Menschen nannte?! War Gerda nicht auf dem Fünfmaster gewesen – und hatte nicht der Weiße die bereits zum Tode Verurteilten befreit?!

      Meine guten Zähne pressen sich in die Unterlippe. Jenes böse, verächtliche Lächeln, das mir, dem Verbitterten, vor Gericht damals vor zehn Monaten alle Sympathien dieser satten Spießer von Geschworenen verscherzt hat – nicht ein Mann war darunter, der mein ehrliches Aufbegehren zu würdigen wußte! – dieses Lächeln eines Ausgestoßenen verzerrt meine Züge … Ich fühle es …

      Weiber – – alle gleich!

      Gerda mit dem Anführer auf und davon – Gerda, Komödiantin – – genau wie jene, die den Meineid vor Gericht schwor – – Meineid, – meine Braut …!

      Und doch – es schmerzt. Es war Liebe – war! Jetzt ist es Verachtung …

      Gerda und er, – nun haben sie wohl Jörnsens Geheimnis ausspioniert, nun brauchten sie die Schwarzen nicht mehr … Gift – weg mit dem lästigen Anhängsel! Tote reden nicht …

      Jörnsens Geheimnis!

      Jörnsen schläft …

      Darf ich jetzt noch länger schweigen?!

      Nein, – – und ich bin schon neben dem Liegestuhl, rüttele den Alten … flüstere ihm zu …

      »Leise! Ich muß dich allein sprechen, Käpten. Ich trage dich nach vorn …

      Und samt den Decken nehme ich ihn in die Arme, setze ihn auf die Luke, lehne ihn an die kleine Ankerwinde. Der kurze Schlaf hat ihn sichtlich erquickt. Er hört aufmerksam zu, nickt zuweilen …

      Und als ich fertig, als ich eine Gegenäußerung erwarte, als ich ungeduldig frage:

      »Willst du noch immer nicht mit der Wahrheit heraus, Jörnsen?« da sagte er nur, indem er mir fest die Hand drückt:

      »Denke an unseren Vertrag, Abelsen …! – Wir wollen den Kutter besser mitten im Kanal verankern. Man kann nie wissen …«

      Mir schießt das Blut zu Kopfe …

      »Habe ich das verdient!« – und meine geballten Fäuste reden ihre eigene Sprache. »Habe ich das verdient?! Jörnsen, was würdest du an meiner Stelle tun?!« Ich fauche ihm ins Gesicht. »Rede!! Würdest du dich so behandeln lassen?!«

      »Ich … würde gehorchen, Abelsen …« und er nickt mir zu … »Gehorchen, Abelsen …! Das ist keine Schande! Wir alle sind Sklaven. Auch ich. Ich ein Sklave besonderer Verhältnisse, du desgleichen …«

      Er steht auf …

      »Wirf die Taue los …! Der weiße Schurke lebt, und wir müssen vorsichtig sein!«

      Seine ruhige Freundlichkeit, der Blick seiner Augen entwaffnet mich.

      Der Torstensen gleitet von der Steinmole ins offene Wasser des etwa achtzig Meter breiten Kanals. Die Ankerketten rasseln … –

      Eine Stunde drauf wirtschaftet Frau Jörnsen schon wieder in der Kombüse umher. Der Alte und ich sitzen am Steuerrad, neben uns die Repetierbüchsen – für alle Fälle … Jörnsen erzählt.

      »… Der Angriff der Meuterer kam ja so vollständig überraschend. Meine Frau und ich waren in der Heckkajüte. Wir besprachen gerade den Besuch der drei Patagonier. Es waren keine Araukaner, Abelsen. Boche Boche hat sich geirrt. Es ist ja auch schwer, die Urbewohner des südlichsten Amerikas der Rasse nach heute noch auseinanderzuhalten. Indianer, Patagonier und Feuerländer sind durch zahlreiche Mischehen um die Charaktermerkmale und die äußeren Kennzeichen ihrer Volkszugehörigkeit gekommen. Ob meine Patagonier reinblütig sind, weiß ich nicht. – Die Meuterer drangen also in die Kajüte ein. Ich konnte noch die Pistole ziehen, hatte sie aber leider gesichert. Ich wurde niedergeschlagen. Meine Frau stieß noch einen Hilferuf aus. Dann hatten diese Unholde sie schon bei der Kehle. Erst als man uns in der Kammer auf den Betten festgebunden hatte, erschien der weiße Anführer und begann mit seinen Drohungen …« Jörnsens Gesicht, das bereits wieder Farbe hatte, wurde steinern. Er drehte plötzlich seine Hände um und zeigte mir die Innenflächen. »Da, Abelsen, – mit glühenden Schraubenschlüsseln hat man mich gemartert …«

      Ich konnte kein Wort hervorbringen. Diese entsetzlichen, eiternden Wunden, diese Stellen, an denen die weißen Handknochen durchschimmerten. – »Wie haben Sie das ertragen können!« murmelte ich, und unwillkürlich kam mir wieder einmal das respektvollere Sie über die Lippen.

      »Eiserner Wille vermag alles … Ich denke, Abelsen, du bist auch einer von denen, die Herr über Geist und Leib …«

      »Nicht wie Sie, Jörnsen, nein, nicht wie Sie …«

      »Laß diese Anrede … Wir sind bessere Freunde, als du glaubst, und dich selbst unterschätzt du …«

      »Dann … dann wollen wir doch erst deine Hände verbinden, Käpten … Du mußt doch …«

      »… Später,« unterbrach er mich. »Seewasser ist das beste Mittel, dann ein leichter Verband und Handschuhe darüber. In zwei Tagen spüre ich nichts mehr. – Sie marterten mich … Sie vermuteten dasselbe wie ihr: Gold!! Meine Bücher und ein Säckchen Goldkiesel, ein Andenken an früher, waren ihnen Beweis genug. Der Anführer …« – er stockte – »… du kennst ihn übrigens, Abelsen … Du hast ihn bisher dreimal gesehen …«

      »Nein, ich hörte hier nur seine Stimme,« erklärte ich kopfschüttelnd.

      »Du hast ihn dreimal gesehen … Das letzte Mal in Panama. Es ist ein schlauer Schuft … Er hat meine Fährte nicht verloren gehabt …«

      Ein Blitz des Begreifens da … Urplötzlich die Erkenntnis: der Mann mit dem scharfen Profil war derselbe, den ich aus Gerdas Schlafzimmer hinausbefördert hatte!

      »Wer ist der Mensch, Jörnsen? Wer ist’s?« Und die Erregung in mir wuchs zu fiebernder Ungeduld. »Wer ist’s? Ich sah ihn zum ersten Male in Gerdas Schlafzimmer, dann auf dem Trajekt, dann auf dem dänischen Dampfer in Panama …« Und verwirrt strich ich mir über die heiße Stirn … »Gerda, – – und sie soll jetzt mit diesem Manne verbündet sein?! Rede, Jörnsen! Da sind Widersprüche, die mich peinigen. Ich möchte Gerda nicht Unrecht tun … Vielleicht ist alles falsch, was ich mir da über ihr Verschwinden von Bord zusammengereimt habe … Du hast dich dazu nicht geäußert … Rede, Jörnsen!«

      Er betrachtete still seine entstellten Hände.

      »Schließlich ließen sie von mir ab, als sie merkten, daß bei mir auf diese Weise nichts auszurichten war …« fuhr er in seiner

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