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diesem Moment wurde die Tür schwungvoll aufgerissen, und ein junger Arzt trat herein.

      »Frau Burgner?« fragte er, und nachdem Silvia genickt hatte, fuhr er fort: »Es tut mir leid, daß Sie so lange warten mußten, aber wir hatten einen Notfall. Scheibler ist übrigens mein Name.«

      Er reichte Silvia die Hand, dann konzentrierte er sich auf das Überweisungsschreiben, das Dr. Daniel seiner Patientin mitgegeben hatte.

      »Kommen Sie bitte mit.« Er ging Silvia voran in einen Untersuchungsraum und legte den Brief auf dem Schreibtisch ab. »Würden Sie sich bitte freimachen?«

      Rasch kam Silvia dieser Aufforderung nach. Sie wollte das Ganze endlich hinter sich haben.

      »Ich entnehme dem Schreiben Ihres Arztes, daß Sie vorerst nicht stationär bei uns bleiben wollen«, fuhr Dr. Scheibler fort.

      Silvia kämpfte mit den Knöpfen ihrer Bluse. Warum war sie denn nur so verdammt nervös?

      »Das ist richtig«, brachte sie mühsam hervor. »Ich…, ich kann nicht hierbleiben.«

      Dr. Scheibler nickte und machte eine Notiz. »Wir schicken das Untersuchungsergebnis an Dr. Daniel. Melden Sie sich also bitte Ende der Woche bei ihm.«

      Silvia nickte. Endlich hatte sie die Bluse offen. Dr. Scheibler stand neben ihr und wartete, dann bemerkte er ihre bebenden Hände.

      »Sie müssen vor mir keine Angst haben«, meinte er mit einem freundlichen Lächeln. »Ich beiße nicht.«

      Auch Silvia zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch eher zu einer Grimasse geriet.

      »Vor Ihnen habe ich auch keine Angst«, gestand sie, »sondern eher vor dem, was hier herauskommt.«

      »Sie sollten sich da jetzt in keine Panik hineinsteigern«, entgegnete Dr. Scheibler. »Nicht jeder Knoten in der Brust bedeutet Krebs.«

      »Das hat Dr. Daniel auch schon gesagt«, flüsterte Silvia. »Aber ich habe trotzdem Angst.«

      Jetzt hatte sie ihren Oberkörper endlich freigemacht, und sehr gewissenhaft tastete Dr. Scheibler ihre Brust ab. Der Knoten war deutlich fühlbar.

      »Ich glaube, in diesem Fall können wir uns die Mammographie sparen«, erklärte Dr. Scheibler. »Legen Sie sich bitte hier auf die Untersuchungsliege. Ich muß eine Biopsie vornehmen.« Er lächelte die erschrockene Silvia beruhigend an. »Keine Angst, das tut nicht weh.«

      Dr. Scheibler nahm eine örtliche Betäubung vor, dann trat er mit einer speziellen Spritze zu ihr. Silvia fühlte Übelkeit aufsteigen.

      »Schauen Sie besser weg«, riet Dr. Scheibler ihr. »Ich entnehme lediglich eine kleine Gewebeprobe. Die Einstichstelle ist betäubt, Sie werden also gar nichts spüren.«

      Silvia fühlte, wie die Probe entnommen wurde, und obwohl sie wirklich keine Schmerzen hatte, wurden ihre Handflächen vor Angst und Nervosität feucht.

      »So, Frau Burgner, das war’s schon«, meinte Dr. Scheibler. »Sie können sich wieder ankleiden. Und wie gesagt – Sie melden sich Ende der Woche bitte bei Dr. Daniel.«

      Silvia nickte. »Ja, Herr Doktor.«

      Dr. Scheibler reichte ihr zum Abschied die Hand. »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Burgner. In achtzig Prozent der Fälle ist eine solche Geschwulst harmlos.«

      *

      Irene hatte gerade das Mittagessen aufgetragen, als es klingelte. Rasch stand Dr. Daniel auf und öffnete die Tür.

      »Herr Schütz, ich habe Sie schon erwartet«, erklärte er, dann bat er seinen Besucher herein. »Sie können gleich mit mir zu Mittag essen. Ich nehme an, Sie hatten noch keine Gelegenheit dazu.«

      »Ich habe auch keinen großen Appetit«, gestand Christian leise.

      »Ein paar Bissen werden Sie schon hinunterbringen«, meinte Dr. Daniel. »Meine Schwester ist übrigens eine ausgezeichnete Köchin.«

      Christian nickte. »Das glaube ich gern.« Und dann konnte er seine Neugier nicht mehr länger zügeln. »Warum wollten Sie mich noch mal sprechen, Herr Doktor?«

      Dr. Daniel atmete tief durch. »Es geht um Ihre Frau, wie Sie sich denken können.«

      »Ja, natürlich, aber ich kann mir nicht vorstellen, was es da noch zu bereden gibt. Meine Frau ist jetzt in der Klinik und bekommt Infusionen. Wie lange die sie am Leben halten, ist wahrscheinlich sehr ungewiß.«

      Dr. Daniel musterte den jungen Mann. Die schwere Krankheit seiner Frau belastete ihn ganz offensichtlich in extremer Weise. Er litt mit ihr.

      »Was wissen Sie über Ihre Frau?«

      Verständnislos sah Christian den Arzt an. »Was soll das heißen?«

      »Ihre Frau wurde als Baby adoptiert.«

      »Ach so, das meinen Sie.« Christian nickte. »Das weiß ich natürlich. Leandra und ich haben keine Geheimnisse voreinander. Ich wußte so ziemlich von Anfang an, daß sie nicht die leibliche Tochter der Krenns ist. Aber was hat das mit Leandras Krankheit zu tun?«

      »Sehr viel«, meinte Dr. Daniel. »Es geht um die Knochenmarktransplantation. Damit könnte Ihrer Frau das Leben gerettet werden, aber das ist nur möglich, wenn ein naher Verwandter existiert – die leibliche Mutter oder noch besser Geschwister.«

      Deprimiert winkte Christian ab. »Es ist müßig, darüber zu sprechen. Leandra weiß nichts über ihre Mutter.«

      »Aber ich.«

      Völlig fassungslos starrte Christian den Arzt an. Es dauerte etliche Minuten, bis er diese beiden Worte voll aufnehmen konnte.

      »Heißt das…, Sie kennen Leandras Mutter?« brachte er dann endlich mühsam hervor.

      Dr. Daniel nickte. »Ich war bei Leandras Geburt dabei.«

      Erregt sprang Christian auf. »Und warum sagen Sie das erst jetzt? Das müssen Sie doch schon länger wissen! Verdammt noch mal, Sie sind schuld, wenn Leandra stirbt!«

      »Langsam, langsam, junger Freund«, entgegnete Dr. Daniel beruhigend. »Setzen Sie sich erst mal wieder. So einfach, wie Sie es sich vielleicht denken, ist es nämlich nicht.«

      »Wollen Sie Geld?« herrschte Christian ihn an. »Wenn es so ist, dann nennen Sie Ihren Preis, und ich werde ihn bezahlen. Ich zeige Sie nicht mal an, weil mir Leandras Leben mehr bedeutet als…«

      »Jetzt halten Sie aber die Luft an!« fuhr Dr. Daniel wütend auf. »Was glauben Sie eigentlich, was ich für ein Mensch bin? Halten Sie mich für so gewissenlos, daß ich mich für ein Menschenleben bezahlen lasse?«

      Christian errötete, dann ließ er sich langsam auf seinen Stuhl zurücksinken.

      »Entschuldigen Sie bitte«, stammelte er.

      »Schon gut«, meinte Dr. Daniel. »Sie stehen unter einem enormen psychischen Druck, deshalb nehme ich Ihre Worte nicht so ernst, wie sie im Augenblick vielleicht gemeint waren.« Er schwieg kurz, um seine Gedanken wieder auf das zu konzentrieren, was er zu erzählen hatte. »Also, Leandras Mutter war eine junge Prinzessin. Während eines Urlaubs hat sie sich in einen Griechen verliebt, und als ihr Vater herausbekam, daß sie von diesem Griechen ein Kind erwartete, wurde sie sozusagen unter Verschluß gehalten. Im geheimen wurden Adoptiveltern gesucht, und als die Geburt unmittelbar bevorstand, rief mich das Fürstenpaar nach Schloß Hoheneck. Ich sollte überhaupt nichts von den Begleitumständen von dieser Schwangerschaft erfahren, doch die junge Prinzessin hat sich mir anvertraut, in der Hoffnung, daß ich sie über die Entwicklung ihres Kindes auf dem Laufenden halten würde.«

      »Meine Güte, das klingt ja wie ein Kriminalroman«, warf Christian erschüttert dazwischen.

      Dr. Daniel nickte. »Es kommt aber noch schlimmer. Die Prinzessin bekam nämlich Zwillinge. Damit war der Fürst erst mal aus dem Konzept gebracht, denn er hatte ja nur ein Elternpaar – nämlich Helga und Manfred Krenn. Diese beiden bekamen nun das Erstgeborene: Leandra. Der Junge wurde erst

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